Kein Biss unter dieser Nummer
»Komm schon, hör auf damit! Mein Name lautet Dick, okay? Nur Dick. Ich bin Dick. Wenn du mich siehst, ruf dir ins Gedächtnis, dass ich Dick bin. Nein.« Er deutete mit einem Finger in meine Richtung, bevor ich losprusten konnte. »Du böse Vampirkönigin! Schlag dir sämtliche schmutzigen Gedanken aus deinem klitzekleinen Hirn.«
Ich stritt es nicht ab: Ich hatte ein klitzekleines Hirn und großen Spaß daran, Ich-bin-nicht-Nick mit seinem neuen anderen Namen aufzuziehen. Teilweise, weil ich ein schrecklicher Kindskopf bin, aber auch, weil ich ihn ein wenig auf die Probe stellen wollte. Denn kindische Neckereien bewiesen am besten, wie gut man befreundet war.
Wie ich schon sagte, in dieser Realität waren wir Kumpel. Ich war neugierig zu erfahren, wie belastbar unsere Freundschaft war. Vermutlich wäre mir das vor meinem Tod nie in den Sinn gekommen, eine Tatsache, die mich traurig machen würde, wenn ich länger als zwei Sekunden darüber nachzudenken wagte. Also tat ich das natürlich nicht. Es gab genug andere traurige Dinge, über die ich mir den Kopf zerbrechen konnte.
Die abgekürzte Version: Der Detective Berry aus der alten Realität hörte auf den Namen Nick; dieser hier auf Dick. Ich mochte keine Veränderungen, auch nicht, wenn sie zu meinem Vorteil waren. Daher das Namensspiel. Mein inneres Arschloch muss gefüttert werden. Ständig.
»Ist ja gut, Dick-nicht-Nick. Also, warum bist du nun in mein Zimmer gekommen, abgesehen davon, um mich aufzufordern, Schuhdesignerin zu werden?«
»Eigentlich wollte ich dich fragen, wie ich Jess dazu bringen kann, mich zu heiraten.«
Aha. Noch so eine Sache, über die man sich gern unterhalten konnte, die jedoch im wirklichen Leben nie wahr werden würde. Jess liebte Nicht-länger-Nick/Dick mehr als jeden Menschen in ihrem Leben, da bin ich mir ziemlich sicher. Und genau aus diesem Grund würde sie ihn niemals heiraten. Daran konnte nicht einmal die Königin der Vampire etwas ändern. Das war mir ebenso unmöglich, wie Louboutin in diese Welt zurückzubringen.
Der arme Junge!
6
Ich sollte mich keineswegs geschmeichelt fühlen, dass er mit dieser Angelegenheit zu mir gekommen war. Und das wusste ich auch. Dennoch sonnte ich mich einige Sekunden lang in falschem Stolz. Und jetzt zur Sache.
»Vermutlich solltest du besser mit Jessica darüber reden«, sagte ich, obwohl ich wusste, dass es eine lahme Ausrede war. Plötzlich war ich sehr an den moosgrünen Nubuk-Clogs interessiert, die ich im Geiste schon irgendeiner karitativen Einrichtung gespendet hatte.
»Vermutlich hat das nichts gebracht, und das weißt du auch verdammt genau.«
»Vermutlich ist das richtig.« Meine Güte! Was waren diese hässlichen grünen Schuhe doch faszinierend! »Äh, du weißt, dass es nichts Persönliches ist, stimmt’s?«
Nicht-länger-Nick warf die Hände in die Luft und schmiss dabei versehentlich zwei Schuhschachteln von meiner Ohnmachtscouch. »Ja. Natürlich. Wenn sie sich weigert, mich zu heiraten, ist das selbstverständlich nichts Persönliches.«
»Tja.« Ich krabbelte zu den umgeworfenen Schachteln, richtete sie auf, und krabbelte zurück in meine Ecke. »Das ist es tatsächlich nicht.«
Wie viele von uns hatte Jessica in ihrer Jugend den Verlauf einiger Ehen aus nächster Nähe beobachten können: die ihrer Eltern und die der Eltern ihrer besten Freundin. Zu behaupten, dass sie davon nicht geprägt worden war, wäre ungefähr so, als behauptete man, ich kaufe gerne Pumps bei Payless. Denn diesen Laden kann ich wirklich überhaupt nicht leiden. Und die Ehen, die Jess mit angesehen hatte, waren ehrlich schrecklich gewesen.
Ich versuchte es erneut: »Es liegt nicht an dir, sondern an ihr.«
Er rieb sich über den Nasenrücken, so wie es meine Mutter und mein Ehemann taten, wenn ich ihnen unabsichtlich Migräne verursachte. »Ich weiß, du versuchst zu helfen …«
»Ja, genau!« In gewisser Weise. Ich konnte ihm ein mitfühlendes Ohr leihen, wie man so schön sagte. Ich konnte ihn bemitleiden. Ich konnte mir Jessica allein vorknöpfen (ihr auf dem Weg in die Küche auflauern, vielleicht?) und für Nick-jetzt-Dick ein gutes Wort einlegen. (»Er ist ein toller Mann, und er wird ein guter Vater sein. Du weißt, dass er dich nicht deines Geldes wegen liebt. Ich habe ihn in dieser Realität nicht vergewaltigt. Also ist er ganz Herr über seine Sinne und Impulse – oh, lieber Himmel, willst du wirklich noch einen Spaghettikürbis essen? Es ist vier Uhr nachmittags.«) Das
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