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Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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selbst meine geheimsten Gedanken zu offenbaren und ihre liebevolle Umarmung sogar dann noch zu spüren, wenn diese so schauderhaft waren, dass alle anderen zurückgeschreckt wären. Der Verlust unseres unbezahlbaren Bandes war verheerend. »Unbezahlbar« in dem Sinn, den das Wörterbuch definiert: »sehr kostbar und wertvoll, nicht mit Geld aufzuwiegen«. In mir herrschte völlige Leere, und der Versuch, wenigstens einen Funken von ihr in meinem Inneren aufzuspüren, kam mir so vor, als tastete ich mit der Zunge das blutige Loch ab, das ein gezogener Zahn hinterlassen hat.
    »Wir müssen zu Lauras neuer Wohnung.«
    Tina nickte, und ihre gerunzelte Stirn glättete sich.
    »Neue Wohnung?«, fragte Dr. Spangler. Er hatte sich bisher im Hintergrund gehalten. Als ich mich in mich selbst zurückgezogen hatte, war er nicht zu mir geeilt, um mir Trost zu spenden, sondern hatte abgewartet, bis mein törichter Anfall lähmender Verzweiflung von selbst vorübergegangen war. Ein kluger Mann, im Tode wie im Leben. »Sie ist umgezogen?«
    »Ja, weil sie
erwachsen
geworden ist.« Ich konnte den Zorn in meiner Stimme nicht unterdrücken. Ich versuchte es nicht einmal. »Sie ist ein hinterlistiges, wütendes Kind mit der Macht eines Gottes, das sich einbildet, erwachsen zu sein.« Meine Finger zuckten, so stark war das Bedürfnis, sie um Lauras Hals zu schließen.
Ah, süße Schwägerin, der wohlverdiente Tod deiner Mutter ist nicht das Schlimmste, was dir zustoßen kann. Nein, in der Tat nicht. Das werde ich dir beweisen. Oh ja, das werde ich.
    Falls ich sie in die Finger bekam.
    »Ich glaube nicht, dass sie lange in der Hölle bleiben wird«, mutmaßte Tina.
    »Der Ansicht bin ich auch, also müssen wir uns bereithalten.«
    Meine älteste Freundin nickte. »Das werden wir, mein König.« Sie verschwendete keine Zeit mit Worten des Trostes oder Vermutungen über Geschehnisse, die sie nicht voraussehen konnte. Das hatte sie noch nie getan, und es war auch nicht der rechte Zeitpunkt für müßige Spekulationen. Tina wusste, was den anderen nicht bekannt war: Falls die Königin nicht mehr am Leben war, wartete auf den Antichristen der sichere Tod. Um dieses Ziel zu erreichen, würde ich notfalls ohne Zögern jeden einzelnen Vampir auf Erden verbrennen – einschließlich meiner selbst.
    Und auch das wusste Tina.

19
    Gestrandet gleich schlecht. Hölle gleich schlecht. Gestrandet in der Hölle gleich wirklich ganz und gar absolut total obersupermegaschlecht. Wow! So viele Adverbien. Oder sind es Adjektive? Ich hätte in Miss Wilsons Unterricht wirklich besser aufpassen sollen. Aber jetzt war wohl kaum der richtige Zeitpunkt, um über alte Sünden zu grübeln.
    »Keine Panik«, keuchte ich laut. Egal, ob verdammte Seelen im Nebel lauerten oder nicht, ich musste laut nachdenken, sonst würde ich noch verrückt werden. Es braucht nämlich gar nicht viel, damit ich einen hysterischen Anfall bekomme. Also stellte ich mich dem zwingenden Bedürfnis, mir die Seele aus dem Leib zu quasseln. »Es ist nicht so schlimm, wie es scheint. Das ist es nicht. Alles wird gut. Jawohl, das wird es! Bei jedem Schuhausverkauf zeigst du dein Talent, ein rücksichtsloses, unnachgiebiges Miststück zu sein. Und obendrein bist du ein Vampir. Die Königin der Vampire sogar. Also bleib ganz ruhig! Und vielleicht solltest du jetzt aufhören, laut mit dir selbst zu reden.«
    Okay. Sehr aufmunternde Worte, ein guter Ratschlag. Das klang sehr viel besser als »Du bist verloren und kannst dich daher auch gleich umbringen«. Da ich nun einmal für wer weiß wie lange im Höllennebel festsaß, fragte ich mich, ob ich an Ort und Stelle bleiben oder auf Erkundungstour gehen sollte?
    Ich weiß, die Kerle aus den Survival-Sendungen (aus irgendeinem rätselhaften Grund sind es immer Kerle) raten stets dazu, an Ort und Stelle zu bleiben, weil sich dadurch die Chancen vergrößern, von einem Rettungsteam gefunden zu werden. Allerdings gab es in diesem Fall kein Rettungsteam. Ich war ganz auf mich allein gestellt. Laura war die Einzige, die vom Höllennebel zur Erde und wieder zurück reisen konnte – mal abgesehen von ihrer Mutter, aber die habe ich ja getötet (ups!).
    Außerdem würde ich noch verrückt und hysterisch werden (siehe oben), wenn ich an derselben Stelle herumlungern musste, bis Laura (vielleicht) zurückkam, um mich (möglicherweise) zurückzuteleportieren. Daher entschied ich mich – den Ratschlägen aus den Survival-Sendungen zum Trotz – loszuziehen

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