Kein bisschen Liebe
Hals. Der Vollidiot. Was ihm an Hirn fehlt, das hat er an Schwanz. Und er ist auch noch stolz drauf. Er glaubt, er hätte einen Schwanz aus Gold.«
»Dir gefällt es doch, dass er dich vergewaltigt, Miriam. Spiel hier nicht das Unschuldslamm.«
»Nein, wirklich, mich ekelt’s vor ihm.«
»Kommst du?«
»Manchmal schon … ja, wenn ich ehrlich sein soll. Ich komme immer, aber …«
»Siehst du, es gefällt dir.«
»Aber er ist so wüst. Er hält mir den Mund zu und vergewaltigt mich wie ein Tier. Er hat so viel Kraft, er hält mich einfach fest. Ich bin doch kein Tier. Ich kann nicht mehr. Mir ist das zu brutal.«
Sie wendet sich ab und trocknet verstohlen ein paar Tränen auf ihrem Gesicht. Wir kennen uns seit sechsundzwanzig Jahren. Als sie ihre Stelle als Sozialarbeiterin antrat, war ich Journalist. Einmal gingen wir zusammen ein altes Ehepaar besuchen. Ich schrieb gerade an einer vor Lob triefenden Reportage über die soziale Absicherung, wie gut man sich um die einsamen Alten kümmern würde und all diesen Mist. Sie half mir dabei. Wir gefielen uns auf Anhieb, und seitdem sind wir befreundet. Und wir mischen der Freundschaft etwas Sex bei. Das bringt frischen Wind. Sex, Verlangen, Komplizenschaft. Alles ganz diskret. Jetzt versucht Miriam, von Luis wegzukommen, und ich von Julia. Aber wir sehen das ganz klar. Kein bisschen Liebe. Keine Versprechungen und Verpflichtungen. Wir wollen weitere Verwirrung vermeiden. Miriam sagt zu mir:
»Mit Luis war alles so verwirrend, und das hat mich in diese katastrophale Lage gebracht. Dieser Schwarze hat mich mit seiner Rute verrückt gemacht, und ich hab Sex und Leidenschaft mit Liebe verwechselt.«
Ich antworte nicht. Ich schätze, da war noch etwas mehr als Sex. Niemand hält es sonst fünfzehn Jahre lang aus.
»Ich bringe es nicht über mich, ihn zu verlassen.«
»Ja, das versteh ich.«
»Er ist ein Säufer. Das wäre so, als würde man ein kleines Kind verlassen.«
»Aber er kann sein Leben wieder in den Griff kriegen. Mit dem Trinken aufhören und sich eine andere suchen.«
»Das glaube ich nicht. Der Alkohol ist stärker als er. Und keine wird sich um einen nichtsnutzigen Säufer kümmern wollen, um einen Hungerleider, der keinen Centavo in der Tasche hat.«
»Ja, das stimmt.«
»Ich bin vom Leben enttäuscht. Und ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich kann nicht mehr.«
»Findest du ihn ekelhaft?«
»Er tut mir leid. Er kapiert nicht, dass ich ihn verlassen werde. Ich bin kurz davor, meine Sachen zu packen und endlich zu gehen. Und dann ist er allein. Er ist so unglücklich, so ungehobelt, so dumm, dass er nichts voraussehen kann. Er sieht den Wirbelsturm erst, wenn er schon über ihm ist … Seit einigen Tagen bin ich ganz deprimiert. Mir geht’s richtig schlecht.«
Während sie diese Litanei ausspuckt, weint sie und wischt sich mit dem Handrücken die Tränen ab. Schließlich kommen wir bei mir an, in der Calle San Lázaro, verschwitzt und außer Atem vom Treppensteigen. Sie will duschen. Aber ich lasse sie nicht. Ihr Geruch nach wildem Tier erregt mich über die Maßen. Schwarze Frauen riechen anders. Viel köstlicher. Ich mache uns ein paar Drinks mit Rum und Cola. Ich lege Musik auf, Paquita la del Barrio. Vielleicht entspannt sie sich dann ein wenig. Sie zieht sich splitternackt aus, stellt sich vor den Ventilator und redet weiter über Luis’ Sauforgien:
»Gestern Abend ist er gegen zwölf heimgekommen. Er hat sich in Kleidern und Schuhen aufs Bett geworfen und ist eingeschlafen, der Speichel lief ihm aus dem Mund … igitt, wie eklig. Es ist richtig widerlich … uff …«
Sie geht vor dem Ventilator auf und ab, um sich abzukühlen. Wenn sie noch eine Sekunde weiter über Luis redet, haue ich ihr eine runter. Ich werde langsam sauer. Ich bin ein Freund, ein Liebhaber, ihr Freund, was auch immer, aber allmählich geht mir das zu weit. Ich bin doch kein Scheiß-Psychologe. Während ich ruhig dasitze und zuhöre, sagt sie:
»Willst du dich nicht ausziehen?«
»Ich warte noch, dass du Guanabacoa Guanabacoa sein lässt und deinen Mann deinen Mann.«
»Ach, Süßer, entschuldige bitte! … Ich bin halt …«
»Ja, ich weiß. Du hast niemanden, mit dem du reden kannst.«
»Genau. Diese Sachen kann ich sonst mit keinem besprechen. Du bist mein ältester Freund.«
Sie umarmt mich, küsst mich, schiebt mir ihre Zunge bis in den Hals. Sie versucht zu lächeln und mal eine andere Platte aufzulegen.
»Schon gut, ich bin dein bester Freund, aber
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