Kein Bisschen ohne dich
in den Hals zu beißen. Und mich will nicht einfach irgendein Vampir beißen. Sondern Magnus. Mein Magnus.
Das kann ich nicht tun.
»Geht's dir gut?«, fragt Magnus und mustert mich besorgt. »Du siehst so aus, als würdest du gleich in Ohnmacht fallen.«
»Es geht mir gut«, platze ich schnell heraus. »Es ist nur... ich schätze, mir war nicht klar, dass wir die ganze Beißerei heute Abend machen würden.
Und, hm, ich fühle mich ein bisschen angeschlagen.« Ich tue so, als ob ich niesen würde, dann huste ich effektvoll laut in meine Hand. »Du wirst mich heute Abend vielleicht nicht beißen wollen. Ich meine, du willst dir sicher keine Erkältung einfangen. Vielleicht ist es ja auch eine Grippe... ja, es könnte tatsächlich eine Grippe sein. Oder vielleicht dieser grässliche, wahnsinnig gefährliche Bazillus, der gerade umgeht?«, lüge ich voller Zuversicht. »Echt, erst neulich habe ich etwas über eine globale Pandemie gehört, die die Regierung zu vertuschen versucht. Ich will nicht, dass du dich ansteckst und am Ende zu einem Zombie wirst oder so, und das alles wegen mir...« Meine Stimme erstirbt und ich sehe ihn hilflos an. Er kauft mir die Geschichte nicht ab, so viel ist klar.
Und ich kann ihm das nicht einmal übel nehmen.
Tatsächlich zieht Magnus misstrauisch eine Augenbraue hoch. »Ich bin ein unsterbliches, allmächtiges Geschöpf der Nacht«, ruft er mir auf fast schon komische Weise ins Gedächtnis.
»Ich kriege keine Erkältung.«
Ach ja. Richtig. Ähm. Ich bin ein Idiot. Natürlich wird er nicht krank. Ich hätte daran denken sollen, weil ich einmal wirklich die Grippe hatte und er an meinem Bett saß und mich bis zum Morgengrauen mit Hühnersuppe gefüttert hat.
Was total süß von ihm war.
Ich schüttle den Kopf. Nein. Ich muss mir etwas anderes einfallen lassen. Etwas, was mich vor der ganzen Beißerei rettet. Dabei will ein Teil von mir sogar, dass er es tut. Ich meine, ehrlich gesagt kann ich mir nichts Besseres vorstellen, als die Lippen meiner großen Liebe an meinem Hals zu spüren. Also, außer sie auf meinen Lippen zu spüren. Aber ich weiß ganz genau, dass ich dem Tod geweiht bin, wenn ich das zulasse. Und es wird mir unmöglich sein, für immer aus seinem Leben zu spazieren.
Was ich aber unbedingt tun muss. Nicht meinetwegen. Sondern seinetwegen. Und Jareths wegen. Und des Rests des Blutzirkels wegen. Ihre ganze Zukunft hängt davon ab, dass ich die Sache nicht vermassele.
Magnus legt mir eine Hand auf die Schulter. »Hör mal, es kommt einem wahrscheinlich beängstigender vor, als es ist«, sagt er. »Aber vertrau mir, es ist keine große Sache. Ich werde gar kein Blut trinken. Und ich streiche vorher eine Betäubungscreme auf meine Reißzähne. Du wirst nichts merken.«
»Ich weiß, ich weiß«, erwidere ich. Oh Gott, er muss mich für ein totales Baby halten. »Es ist nur... es ist nur . . . « Was soll ich sagen? Es ist nur, dass ich aus der Zukunft zurückgekommen bin und mich nicht wieder in dich verlieben will?
Magnus' Züge werden weich. Er bedeutet mir, mich wieder hinzusetzen, dann nimmt er neben mir Platz. »Schau mal«, fängt er an und schaut mich mit seinen dunkelblauen Augen an. »Wenn du dich nicht wohlfühlst, müssen wir es nicht heute Abend tun. Du kannst nach Hause gehen und dir Zeit nehmen, um alles ein bisschen zu überdenken.«
Ich lege fragend den Kopf zur Seite. »Alles überdenken?« Wovon redet er?
Er wirft mir einen kläglichen Blick zu. »Hör mal, Rayne. Wenn du dich nicht einmal dazu durchringen kannst, einen Übungsbiss durchzu-ziehen, meinst du dann wirklich, dass du für die eigentliche Sache bereit bist?«, fragt er langsam.
»Denn wenn du nicht bereit bist, dann schlage ich vor, dass du jetzt gehst, solange du noch eine Chance hast, deine Sterblichkeit zu behalten.
Denk daran, ewiges Leben ist für immer. Und für immer ist eine zu lange Zeit, um sie mit Reue zuzubringen.«
Ich senke den Blick und widerstreitende Gedanken toben in meinem Kopf. Armer Magnus. Ich weiß, wie sehr er sich eine Blutsgefährtin wünscht. Er war so einsam. Ein Jahrtausend lang ganz allein. Das ist seine einzige Chance, eine Partnerin für die Ewigkeit zu finden, und ich weiß, wie sehr er sich darauf gefreut hat. Und trotzdem ist er bereit, mich gehen zu lassen. Allein zu bleiben, damit ich nicht etwas zu tun brauche, was ich vielleicht bereuen würde. Das ist so süß und so selbstlos von ihm, dass ich es kaum aushalten kann.
Und ich stelle fest,
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