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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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Amerikaner, glaube ich.« Sie hielt inne und sah erst Frank, dann Mamah an. »Er fragte auch nach Mr. Wright.«
    Mamah und Frank traten auf den Flur und lehnten sich an die Wand.
    »Edwin«, sagte Frank.
    »Er muss es sein.« Mamah starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Er muss in Berlin sein.«
    »Mein Gott«, murmelte Frank und rieb sich mit dem Handrücken die Stirn. »Pass auf, geh keinesfalls ohne mich ins Hotel zurück. Du bist unterwegs, ja? Verbringe deinen Tag einfach wie geplant, dann komm zurück und hol mich hier ab.« Er nickte in Richtung des Empfangs. »Ich versuche in der Zwischenzeit herauszufinden, ob sie ihm gesagt hat, wo wir wohnen.« Er nahm ihre Hände. »Wenn er in der Stadt ist, werden wir ihm gemeinsam entgegentreten. Ich möchte nicht, dass du ihm alleine gegenübertrittst.«
    »Er würde mir kein Härchen krümmen, das weißt du. Du kennst Edwin. Er ist im Herzen ein sanftmütiger Mann – er würde dich niemals anrühren. Das glaube ich nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Er ist verzweifelt. Trotzdem, ich kann immer noch nicht glauben, dass er herübergekommen ist.« »Mach ihn auf«, sagte Frank und deutete auf den Brief in ihrer Hand.
    Im selben Moment kam Wasmuth aus dem Wartezimmer.»Frank, ich habe die anderen jetzt alle am Tisch. Sind Sie bereit?«
    »Geh«, sagte Mamah. »Ich sehe dich heute Abend im Hotel, nicht hier.« Sie drückte seinen Arm. »Es wird alles gut.«
    Sie ging zu Fuß zur S-Bahn-Station, die Briefe hatte sie in die Handtasche gesteckt. Auf der Charlottenburg-Route drängten sich die Menschen, sie musste stehen und sich an einer Stange festhalten. Vor ihr stand ein alter Mann, der während der Fahrt immer wieder einnickte und aufschrak, einnickte und aufschrak. Mamah sah sich in dem Wagen um, musterte die Passanten auf der Straße und hielt Ausschau nach Edwins Gesicht.
    Sie hatte das Café des Westens am Tag zuvor in ihrem Baedeker gefunden, als sie ihren Tag geplant hatte. Es war ein Café, von dem es hieß, dass dort die Intellektuellen verkehrten. Sie hatte sich ein entspanntes Stündchen vorgestellt, mit einer Suppe, einer dicken Scheibe Brot, während sie um sich herum den Gesprächen lauschte.
    Um zehn Uhr morgens war das Café voller intensiv dreinblickender Männer, die hinter ihren Kaffeetassen saßen. Mamah hielt Ausschau nach einem privaten Fleckchen, wo sie ihre Briefe öffnen könnte. Ihr gegenüber befand sich eine rote Telefonkabine, auf der eine schiefe, lachhafte Kaiser-Wilhelm-Büste thronte. Sie trat an einen Tisch in der Nähe. Bis auf eine exzentrisch wirkende Frau, die einen Lammfell-Fez trug und ein Buch las, war dieser Bereich leer.
    Mamah bestellte sich eine Tasse Tee, dann nahm sie die beiden Briefe aus ihrer Tasche und schlitzte das Kuvert von Edwins Brief auf.
    Mamah,
    ich bedauere, dass ich nicht persönlich mit Dir sprechen kann. Bitte tue mir nicht den Tort an, ihm diesen Brief zu zeigen.
    Wie sehr wünsche ich mir, ich könnte Dein Gesicht sehen! Vielleicht würde es mir sagen, welche Mächte Dich dazu bewegen konnten, Martha und John unter solchen Umständen in Boulder zurückzulassen. Das ist der Teil, den ich mir nicht erklären kann, Mamah. Es sieht Dir so wenig ähnlich, dass ich nur vermuten kann, dass Du unter großem emotionalem Druck stehst. Ich empfinde weniger Zorn als tiefste Sorge um Dich. Frank Wright ist im Herzen ein Lügner, und ich fürchte, dass Du nicht erkennst, dass er Dein Denken unter seine Kontrolle gebracht hat. Ich kann nicht glauben, dass Du diese Entscheidungen aus freiem Willen getroffen hast. Wie sonst soll ich mir Dein Verhalten erklären?
    Martha, John und Jessie glauben, Du seist in den Ferien. Louise, Lizzie und Mutter tun, was sie können, doch keine von ihnen kann Dich ersetzen. Die Kinder vermissen Dich. Ich bitte Dich, kehr zu uns zurück. Ich werde alles tun, was erforderlich ist, um uns wieder zu einer Familie zu machen.
    Ich habe nicht aufgehört, Dich zu lieben.
    Edwin
    Mamah stieß einen tiefen Seufzer aus. Er hatte den Brief am 23. Oktober in Oak Park abgeschickt. Heute war November… der wievielte? Der 10. Genügend Zeit für ihn, einen Zug nach New York zu nehmen und sich dann nach Europa einzuschiffen. Was hatte er vor? Auf der Suche nach ihr ein Hotel nach dem anderen abzuklappern? Weder Frank noch sie hatte jemandem erzählt, wo sie abgestiegen waren. Lediglich Wasmuth.
    Mamah faltete Marthas Zeichnung auseinander, die Edwin beigelegt hatte. Es war die Bleistiftzeichnung

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