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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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ich.
    Mamah sah zu Frank hinüber. Sein gut aussehendes Gesicht war angestrahlt wie das der Menschen hinter ihnen; seine Stirn schimmerte.
    »Arrestati, sei bello.« Verweile doch. Du bist so schön.
    Mamah begann zu weinen. Sie tupfte sich die Tränen von den Wangen und putzte sich die Nase. Sie wusste, was kommen würde. Wusste, dass Faust, durch seinen Pakt mit dem Teufel verjüngt, ein einfaches Mädchen, Margherita, lieben und verführen und schließlich verlassen würde, um sich mit Mefistofele einem neuen Abenteuer zuzuwenden. Sie wusste, dass Faust zurückkehren und das Mädchen im Kerker vorfinden würde, weil sie mit Hilfe von Tropfen, die er ihr gegeben hat, ihre Mutter umgebracht hat. Schon drei Tropfen,hatte er Margherita versichert, werden deine Mutter tief schlafen lassen, sodass wir allein sein können. Doch ihre Mutter stirbt an diesen Tropfen. In Abwesenheit ihres Liebhabers verliert Margherita den Verstand und ertränkt ihr Kind – Fausts Kind.
    Wie, um alles in der Welt, konnte ich annehmen, ich könnte das aushalten? , dachte Mamah. Sie ärgerte sich über sich selbst, dass sie sich hatte überzeugen lassen, mitzukommen. Margheritas Wahn erschreckte sie, und die vertraute alte Geschichte war wie ein Schlag vor die Brust. Als sie, sich selbst überlassen, in den vergangenen Tagen in Grübeleien versunken war, hatte sie die Furcht gepackt, dass nur ein Schritt jenseits des goldenen Bannkreises, den sie und Frank um sich gezogen hatten, der Wahnsinn lauerte.
    Und doch… und doch. Wie könnte sie, wie könnte irgendjemand Faust verdammen, dessen verzweifelte Sehnsucht nach ein wenig Glück so groß war, dass er dafür sogar bereit war, seine Seele zu verkaufen, nur um sagen zu können, Ja, für einen kurzen Augenblick war ich lebendig.
    Mamah rutschte tiefer in ihren Sitz und versuchte, die Tränen zurückzuhalten.
    Kurz vor dem Epilog, als Mefistofele ihn ins alte Griechenland versetzte, verliebte Faust sich erneut, diesmal in die schöne Helena von Troja. Mamah tupfte sich die Augen, als der Tenor sang. »Ogni mia fibra, E’posseduta dall’amor.« Mit jeder Faser bin ich von Liebe besessen.
    Sie legte ihre Hand auf die Franks. Seine Augen waren geschlossen, und er wiegte den Kopf zur Musik. Es war nicht sein Fehler. Sie war schließlich diejenige, die von Goethe fasziniert gewesen war.
    Frank legte seinen Kopf einen Moment auf ihre Schulter. Er summte vor sich hin, sich ihres emotionalen Aufruhrs nicht bewusst.
    Im Kempinski drängten sich die Opernbesucher, tranken Champagner und schlürften Austern. Der Saal summte vor Begeisterung, während die Menschen um sie herum sich über Boito und Schaljapin unterhielten. Wunderbar. Ausgezeichnet. Ein Abend, an den man sich lange erinnern würde. Mamahs Kopfschmerzen ließen langsam nach.
    Wasmuths Frau wirkte vom Erfolg des Abends ermutigt. »Ihre Augen sind geschwollen«, sagte sie und griff nach Mamahs Hand. »Ich war auch sehr bewegt, meine Liebe.« Ihre Stimme klang unangenehm vertraulich. »Mrs. Wright, würden Sie Ihrem Mann bitte sagen, dass mein Mann es als ein Privileg betrachtet, mit einem solchen Genie zusammenzuarbeiten?«
    Der Zorn, den Mamah während der Vorstellung empfunden hatte, wallte unerklärlicherweise wieder in ihr auf. Ihre Schläfen pochten, als sie übersetzte.
    Frank verbeugte sich anmutig vor der Frau und lehnte sich zurück, um kurz zu überlegen, ehe er antwortete. »Sag ihr, das Genie ist nur ein Mann, der die Natur erkennt und den Mut hat, ihr zu folgen.«
    Mamah wandte sich wieder an Frau Wasmuth und sagte leise etwas zu ihr. Der Frau stieg vom Kragen an über den Hals die Röte ins Gesicht, bis dieses beinahe denselben Farbton hatte wie der Portwein in ihrem Glas. Sie stand auf und redete leise auf ihren Mann ein. Wasmuth entschuldigte sich rasch für seine Frau.
    »Ist sie krank?«, fragte Frank.
    »Ja«, sagte Wasmuth und rief nach der Rechnung. »Ja. Wir müssen aufbrechen. Ich sehe Sie morgen.«
    »Merkwürdig«, sagte Frank, als sie gegangen waren. »Habe ich etwas Falsches gesagt? Ich schätze, ich hätte das Kompliment erwidern sollen… irgendeinen Quatsch.«
    »Nein, mein Geliebter«, sagte Mamah, beugte sich zu ihmund küsste ihn auf die Braue. »Es war mein Fehler. Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht Mrs. Wright bin.«
Kapitel 18
    Die Natur: Fragment
    Natur! Wir sind von ihr umgeben und umschlungen – unvermögend aus ihr herauszutreten, und unvermögend tiefer in sie hinein zu kommen.
    Sie saßen auf dem

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