Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
Vom Netzwerk:
konnte?
    Ausgeschlossen.
    Sie ging im Geiste eine langsamere Version durch. Dazu musste sie die Hände seitlich allmählich tiefer nehmen, versuchen, das Hosenbein Stück für Stück hochzuziehen, so tun, als würde es sie am Bein jucken.
    Grace verlagerte ihr Gewicht auf dem Autositz und sah auf ihr Bein hinunter. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals …
    Ihr Hosenbein hatte sich hochgeschoben.
    Das Knöchelhalfter. Es lugte hervor.
    Panik erfasste sie. Sie warf einen hastigen Blick auf ihren Peiniger, hoffte, dass ihm das entgangen war. Vergeblich. Er hatte es gesehen. Seine Augen weiteten sich. Er starrte auf ihr rechtes Bein.
    Jetzt oder nie.
    Doch noch als ihre Hand zum Fußgelenk schnellte, erkannte Grace, dass sie keine Chance hatte. Sie war nicht schnell genug. Ihr Peiniger legte seine Hand wieder auf ihr Knie und drückte zu. Der Schmerz pulsierte mit gnadenloser Schärfe durch ihren Körper, raubte ihr beinahe das Bewusstsein. Sie schrie. Ihr Oberkörper erstarrte. Ihre Hände fielen kraftlos herab.
    Er hatte sie im Griff.
    Sie wandte sich ihm zu, blickte ihm in die Augen und sah nur
Leere. Dann, ohne Vorwarnung, nahm sie hinter ihm im Augenwinkel eine Bewegung wahr. Grace hielt den Atem an.
    Es war Jack.
    Irgendwie war es ihm gelungen, sich einer Fata Morgana gleich über den Rücksitz aufzurichten. Der Mann drehte sich um, mehr aus Neugier als aus Sorge. Schließlich war Jack an Händen und Füßen gefesselt. Jack war ausgepumpt, am Ende. Was hätte er schon ausrichten können?
    Mit wildem Blick und geradezu animalischem Willen warf Jack seinen Kopf zurück und stieß vor. Dieser Überraschungsangriff traf ihren Peiniger völlig unvorbereitet. Jacks Stirn schlug gegen den rechten Backenknochen des Mannes. Es gab ein dunkles, hohles Knacken. Der Wagen kam mit quietschenden Bremsen zum Stehen. Der Mann ließ Graces Knie los.
    »Lauf, Grace!«
    Das war Jacks Stimme. Grace tastete nach der Pistole. Sie öffnete den Sicherheitsriemen. Doch ihr Peiniger hatte sich schon wieder erholt. Mit einer Hand packte er Jack im Nacken. Mit der anderen griff er erneut nach ihrem Knie. Sie rutschte zur Seite. Er versuchte es wieder.
    Grace wusste, dass ihr keine Zeit mehr blieb, an die Waffe zu kommen. Jack konnte ihr nicht helfen. Er hatte all seine Energie aufgebraucht und sich für diesen einen Angriff geopfert.
    Und es war alles vergebens gewesen.
    Der Mann rammte seine Finger erneut in Graces Rippen. Glühende Pfeile schossen durch ihren Körper. Übelkeit stieg aus ihrem Magen auf. Schwindel erfasste sie. Sie fühlte, wie ihr die Sinne zu schwinden drohten.
    Sie konnte sich nicht mehr halten …
    Jack versuchte weiter, um sich zu schlagen, doch für ihren Peiniger war er nicht mehr als ein lästiges Insekt. Der Mann drückte die Finger in Jacks Nacken zu. Jack gab keinen Laut mehr von sich und hörte auf, sich zu bewegen.

    Der Mann streckte seine Hand nach Grace aus. Sie packte die Türklinke.
    Seine Hand umfasste ihren Arm.
    Sie konnte sich nicht rühren.
    Jacks lebloser Kopf rutschte über die Schulter des Mannes und blieb auf seinem Unterarm liegen. Mit geschlossenen Augen öffnete Jack plötzlich den Mund und biss kräftig zu.
    Der Mann jaulte auf und ließ Grace los. Er schüttelte heftig seinen Arm und versuchte Jack abzuschütteln. Jack biss die Zähne zusammen und ließ nicht los, wie eine Bulldogge. Mit seiner freien Hand schlug der Mann Jack auf den Kopf. Jack sackte kraftlos zur Seite.
    Grace drückte den Griff hinunter und warf sich gegen die Tür.
    Sie fiel aus dem Wagen und landete auf dem Asphalt. Dort rollte sie sich weiter, um Abstand zwischen sich und ihren Peiniger zu bringen. Sie schaffte es tatsächlich bis zur gegenüberliegenden Bankette des Highways. Ein Wagen wich ihr schleudernd aus.
    Hol dir die Waffe!
    Ihre Hand fuhr an ihren Knöchel. Der Sicherheitsriemen war gelöst. Sie wandte sich dem Landrover zu. Der Mann stieg aus. Er hob sein Hemd hoch. Grace sah seine Pistole. Sie sah, wie er danach griff. Graces Pistole glitt aus dem Halfter.
    Sie hatte keine Zweifel mehr, keine moralischen Vorbehalte mehr. Sie verschwendete keinen Gedanken daran, ihn zu ermahnen, die Hände über den Kopf zu nehmen. Ihr fehlte jede moralische Entrüstung. Kultur, Menschlichkeit, Erziehung, das alles hatte sie längst hinter sich gelassen.
    Grace drückte ab. Ein Schuss löste sich. Sie drückte noch einmal ab. Und wieder. Der Mann taumelte. Ihr Finger zog erneut den Abzug. Sirenengeheul kam näher. Grace feuerte

Weitere Kostenlose Bücher