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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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zu können. Deshalb hat er sich dieses Anwesen ausgesucht. Er braucht immer einen neuen Unterschlupf.«
    »Er ist also ein Auftragskiller?«
    »So was in der Richtung.«
    »Irgendeine Idee, für wen er arbeitet?«
    Perlmutter hatte die Hände am Steuer. Er nahm die Ausfahrt Armonk. Sie hatten nur noch eine Meile bis zum Ziel. »Ich hatte gehofft, Sie oder Ihr Mandant hätten da eine Idee.«
    Das Funkgerät begann zu knacken. »Captain? Sind Sie noch da?«
    »Bin ich.«

    »Auf Mrs. Beatrice Smith ist ein Wagen zugelassen. Handelt sich um einen braunen Landrover. Kennzeichen 472-JXY.«
    »Geben Sie die entsprechende Fahndung raus. Weit können Sie noch nicht gekommen sein.«

48
    Der braune Landrover blieb auf Nebenstraßen. Grace hatte keinen Schimmer, wohin die Reise gehen sollte. Jack lag vor der Rückbank auf dem Fahrzeugboden. Er war bewusstlos. Seine Knöchel waren mit Isolierband zusammengebunden. Seine Hände waren mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt. Graces Hände waren noch immer vor ihrem Körper und gefesselt. Ihr Entführer, so vermutete sie, hatte keine Veranlassung gesehen, das zu ändern.
    Jack stöhnte im Fond wie ein verwundetes Tier. Grace sah ihren Peiniger an, seine selbstgefällige Miene, eine Hand am Steuerrad wie ein Familienvater, der seine Lieben zu einem Sonntagsausflug kutschiert. Alles tat ihr weh. Jeder Atemzug war eine Erinnerung daran, was er mit ihren Rippen angestellt hatte. Ihr Knie fühlte sich an, als steckte ein spitzer Gegenstand in der Kniescheibe.
    »Was haben Sie mit ihm gemacht?«, fragte sie.
    Sie spannte sämtliche Muskeln an, wappnete sich gegen den Schlag, der kommen musste. Schmerzen interessierten sie nicht mehr wirklich. Der Mann schlug nicht zu. Er blieb stumm. Er deutete mit dem Daumen auf Jack.
    »Nichts so Schlimmes wie das,« begann er, »was er Ihnen angetan hat.«
    Sie erstarrte. »Was zum Teufel wollen Sie damit sagen?«
    In diesem Moment und zum allerersten Mal verzog er das Gesicht zu einem aufrichtigen Lächeln. »Schätze, das wissen Sie genau.«

    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, widersprach sie.
    Angesichts dieses Lächelns begannen irgendwo tief in ihrem Inneren die nagenden Zweifel zu wachsen. Sie versuchte, sie zu verdrängen, versuchte, sich auf eine Chance zu konzentrieren, all dem Unglück zu entkommen und Jack zu retten. »Wohin bringen Sie uns?«, fragte sie.
    Keine Antwort.
    »Ich habe gefragt …«
    »Sie haben verdammt viel Mut«, unterbrach er sie.
    Sie sagte nichts.
    »Ihr Mann liebt Sie. Sie lieben ihn. Das macht es leichter.«
    »Macht was leichter?«
    Er warf ihr einen Blick zu. »Sie mögen beide bereit sein, Schmerzen zu riskieren. Aber werden Sie es zulassen, dass ich Ihrem Mann etwas antue?«
    Sie antwortete nicht.
    »Ihm habe ich dasselbe gesagt: Wenn Sie noch mal den Mund aufmachen, werde ich Ihrer Frau sehr wehtun.«
    Der Mann hatte Recht. Es funktionierte. Sie schwieg. Sie blickte aus dem Fenster. Die Baumkulisse verschwamm vor ihren Augen. Sie bogen auf einen zweispurigen Highway ein. Grace hatte keine Vorstellung, wo sie sich befanden. Die Gegend war ländlich. So viel war zu erkennen. Nach zwei weiteren Landstraßen erkannte Grace plötzlich, dass sie auf dem Palisades Parkway waren und in Richtung Süden, zurück nach New Jersey fuhren.
    Die Glock steckte noch immer in ihrem Knöchelhalfter.
    Sie spürte den leichten Druck der Waffe an ihrer Haut. Sie schien sich in Erinnerung bringen zu wollen, sich über sie lustig zu machen, weil sie gleichzeitig so nah und doch so unerreichbar war.
    Grace musste eine Möglichkeit finden, an die Waffe zu kommen. Sie hatte keine andere Wahl. Dieser Mann würde sie beide umbringen. Das war sicher. Er wollte Informationen – über die Herkunft dieses Fotos zum Beispiel –, aber sobald er diese bekommen
hatte, sobald ihm klar wurde, dass sie von Anfang an die Wahrheit gesagt hatte, würde er sie beide töten.
    Sie musste irgendwie die Glock erreichen.
    Der Mann beobachtete sie unaufhörlich aus dem Augenwinkel. Es bot sich einfach keine Gelegenheit. Sie überlegte. Sollte sie warten, bis der Wagen anhielt? Das hatte sie schon einmal versucht, und es hatte nicht funktioniert. Einfach handeln? Die Waffe ziehen und es darauf ankommen lassen? Eine Möglichkeit sicher, aber sie glaubte kaum, schnell genug sein zu können. Das Hosenbein hochziehen, den Sicherheitsriemen öffnen, den Griff der Pistole fassen, sie aus dem Halfter ziehen … und das alles, bevor er reagieren

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