Kein Durcheinander
Kohlenförderung, von der hundertsechzig Millionen Tonnen (
à
20 Centn.) auf England entfallen, in der ganzen Welt jährlich nicht weniger als vierhundert Millionen Tonnen! Der Verbrauch scheint auch mit der nie zum Stillstand kommenden weiteren Entwicklung der Industrie immer nur noch zuzunehmen. Selbst wenn die Elektricität als bewegende Kraft die des Dampfes ersetzte, so würde wieder zur Erzeugung dieser Kraft dieselbe Kohlenmenge aufgewendet werden müssen. Der Magen der Industrie lebt eben von der Kohle; er verdaut nichts anderes. Die Industrie ist eine »Carbonivore« und muß ihrer Natur entsprechend ernährt werden.
Die Kohle dient ferner nicht allein als Brennstoff, sondern auch als derjenige tellurische Körper, aus dem die neuzeitliche Wissenschaft eine große Menge Erzeugnisse und von diesen wieder Derivate gewinnt. Infolge der Umwandlungen, denen dieselbe in den Schmelztiegeln der Laboratorien unterliegt, kann man mit Kohle färben, versüßen, aromatisiren, verdampfen, klären, heizen, beleuchten, ja durch Erzeugung künstlich-echter Diamanten auch schmücken. Sie ist ebenso nützlich wie das Eisen – eigentlich noch mehr!
Zum Glück braucht man nie eine Erschöpfung des Vorrathes an letzterem Metall zu befürchten, welches sozusagen das Gerippe des Erdballs bildet.
Major Donellan und sein Secretär Dean Toodrink. (S. 59).
In der That kann man die Erde als eine Masse einst in feurigflüssigem Zustande mehr oder weniger carbonisirten (mit Kohlenstoff vermengten) Eisens betrachten, welche von flüssigen Silicaten wie von einer Art metallischer Schlacke bedeckt wird, über die sich die festen Felsmassen erheben und das Wasser sich ausbreitet. Die anderen Metalle treten, ebenso wie Wasser und unverändertes Gestein, nur in sehr verschwindender Menge in die Mischungsbestandtheile unseres Sphäroïds ein.
Wenn der Verbrauch an Eisen nun bis aus einstige Ende der Jahrhunderte gesichert erscheint, so ist das bezüglich der Kohle leider nicht der Fall. Im Gegentheil. Vorsichtige Leute, welche die späte Zukunft im Auge behalten, selbst wenn diese so und so viele Jahrhunderte fern liegt, müssen nach Kohlenflötzen suchen, wo die vorsorgliche Natur solche in den geologischen Epochen abgelagert hat.
»Sehr schön!« erwiderten die Opponenten.
In den Vereinigten Staaten wie anderswo trifft man nun Leute mit Vorliebe für Schwarzseherei, ohne diejenigen zu rechnen, welche nur aus Vergnügen am Widerspruch stets zu widersprechen pflegen.
»Sehr schön! riefen die Opponenten. Doch warum sollte es am Nordpole Steinkohle geben?
– Warum? antworteten die Anhänger des Präsidenten Barbicane. Weil zur Zeit jener geologischen Bildungen die Größe der Sonne eine solche war, daß die Temperatur des Aequators wie der Pole sich, nach der Theorie Blandet’s, jeder Schätzung entzieht. Damals bedeckten grenzenlose Wälder die nördlichen Gegenden der Erde, und zwar lange vor dem Erscheinen des Menschen, als unser Planet noch der immerwährenden Einwirkung von Wärme und Feuchtigkeit unterworfen war.«
Derartige Fragen behandelten die der Gesellschaft beifällig gegenüberstehenden Zeitungen, Revuen und Magazine in zahlreichen Aufsätzen theils in halb scherzhafter, theils in wissenschaftlich-ernster Weise. Jene Wälder aber, zur Zeit der ungeheuerlichsten Convulsionen, deren Schauplatz die Erdkugel vor Annahme ihrer bleibenden Gestalt war, in der Tiefe begraben, hatten sich unter dem Einflusse der Zeit, der Feuchtigkeit und der Wärme des Erdinnern nothwendig in Steinkohlenflötze verwandeln müssen. Das machte denn die Annahme, nach der das Polargebiet reiche Kohlenschätze, die nur der Schaufel des Bergmannes harrten, bergen sollten, recht wahrscheinlich.
Dafür sprachen auch Thatsachen – nicht wegzuleugnende Thatsachen. Die positivsten Geister, welche nicht auf einfache Wahrscheinlichkeiten bauen, konnten dieselben nicht in Zweifel ziehen, und sie waren derart, daß sie zur Nachsuchung nach verschiedenen Kohlensorten an der Oberfläche des Polarbeckens geradezu aufforderten.
Hierüber unterhielten sich eben Major Donellan und sein Secretär einige Tage später im dunkelsten Winkel der Gastwirthschaft der »Two Friends«
»Oho, hörte man Dean Toodrink ausrufen, sollte dieser Barbicane – der bald am Galgen baumeln möge! – doch Recht haben?
– Das ist sehr wahrscheinlich, erwiderte Major Donellan; ja, ich möchte fast sagen, daß es gewiß ist,
– Dann wäre aber mit der Ausbeutung der
Weitere Kostenlose Bücher