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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Bereitschaftsraums zuging. »Könnte vielleicht nicht schaden, es zu wissen.«
    »Mache ich. Ach, und noch was, Harry.«
    In Erwartung einer weiteren Spitze von Mankiewicz drehte sich Bosch um.
    »Was?«
    »Geben Sie mal ein bisschen Gas und schließen Sie Ihren Fall ab. Langsam bin ich es leid, dass meine Leute diese ganzen Anrufe entgegennehmen müssen.«
    Er sagte das in einem mokanten Ton, in dem trotz allem sarkastischen Humor auch die berechtigte Klage mitschwang, dass seine Männer kaum mehr zu etwas anderem kamen, weil sie ständig Anrufe mit Hinweisen aus der Bevölkerung entgegennehmen mussten.
    »Ja, ich weiß. Irgendwas Brauchbares reingekommen heute?«
    »Soweit ich das beurteilen kann, nicht. Aber sehen Sie sich die Meldungen mal selber an. Vielleicht ist ja eine drunter, bei der Ihre Spürnase Alarm schlägt. Ach, und bei CNN muss heute Morgen wohl nicht viel los gewesen sein. Jedenfalls haben sie ziemlich ausführlich darüber berichtet – gute Aufnahmen von Ihrem wagemutigen Häuflein da oben auf dem Hügel, mit diesen provisorischen Treppen und diesen ganzen Kisten voller Knochen. Deshalb kriegen wir inzwischen auch die ersten Ferngespräche. Hatten heute Morgen schon welche aus Topeka und Providence. Und damit ist erst wieder Schluss, wenn Sie den Fall lösen, Harry. Wir zählen hier hinten alle auf Sie.«
    Wieder schwang in dem, was er sagte, Humor – und eine Botschaft – mit.
    »Na schön, dann werde ich meine Spürnase mal ordentlich strapazieren, Mank. Versprochen.«
    »Nichts anderes haben wir erwartet.«
    Zurück am Tisch, trank Bosch seinen Kaffee und ließ sich die Einzelheiten des Falls durch den Kopf gehen. Es gab Anomalien, Widersprüche. Da war zum Beispiel der Widerspruch zwischen der Wahl des Ortes und der Begräbnismethode, der Kathy Kohl aufgefallen war. Aber die Schlüsse, die Golliher gezogen hatte, warfen sogar noch mehr Fragen auf. Nach Gollihers Meinung war es ein Fall von Kindesmisshandlung. Aber der Rucksack voller Kleider deutete darauf hin, dass das Opfer, der Junge, möglicherweise zu Hause ausgerissen war.
    Darüber hatte Bosch schon am Tag zuvor mit Edgar gesprochen, als sie vom SID-Labor zur Polizeistation zurückgefahren waren. Sein Partner hatte darin keinen so großen Widerspruch gesehen und ihn auf die Möglichkeit hingewiesen, der Junge könnte unter Umständen zunächst von seinen Eltern misshandelt und dann von einem Dritten, der nichts mit der ganzen Sache zu tun hatte, ermordet worden sein. Er führte völlig zu Recht an, dass viele Missbrauchsopfer von zu Hause wegliefen, nur um einer anderen Form von Missbrauch zum Opfer zu fallen. Obwohl Bosch einsah, dass diese Theorie keineswegs von der Hand zu weisen war, wollte er ihr nicht nachgehen, weil dieses Szenario noch deprimierender war als das von Golliher entworfene.
    Als sein Telefon läutete, nahm er in der Erwartung ab, es wäre Edgar oder Lt. Billets. Aber es war ein Reporter der L. A. Times. Bosch kannte den Journalisten nur flüchtig und war sicher, dass er ihm nie seine Durchwahlnummer gegeben hatte. Trotzdem ließ er sich nicht anmerken, dass er verärgert war. Obwohl er versucht war, den Journalisten darauf hinzuweisen, die Polizei gehe Hinweisen aus so weit entfernten Orten wie Topeka und Providence nach, sagte er nur, seit der Presseerklärung des Polizeipräsidiums gebe es nichts Neues über den Stand der Ermittlungen.
    Nachdem er aufgelegt hatte, trank er seine erste Tasse Kaffee aus und machte sich an die Arbeit. Derjenige Teil eines Ermittlungsverfahrens, den Bosch am wenigsten mochte, war die Computerarbeit. Wenn es sich irgendwie machen ließ, überließ er das seinen Partnern. Deshalb setzte er die Computernachforschungen ans Ende der Liste und begann, die Zettel mit den eingegangenen Hinweisen durchzusehen.
    Seit Freitag waren etwa drei Dutzend weitere Meldungen eingegangen. Keine enthielt genügend brauchbare Informationen, die es gerechtfertigt hätten, ihr weiter nachzugehen. Alle stammten von einem Eltern- oder Geschwisterteil oder Freund einer vermissten Person. Alle zutiefst verstört und verzweifelt bemüht, Klärung in das größte Rätsel ihres Lebens zu bringen.
    Ihm kam eine Idee, und er rollte auf seinem Stuhl zu einer der alten IBM Selectrics hinüber. Er spannte ein Blatt Papier in die Schreibmaschine ein und tippte vier Fragen.
    Wissen Sie, ob Ihr vermisster Angehöriger in den Monaten vor seinem Verschwinden einem chirurgischen Eingriff unterzogen wurde?
    Wenn ja, in

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