Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
welchem Krankenhaus wurde er operiert?
    Welcher Art war die Verletzung?
    Wie hieß der behandelnde Arzt?
     
    Er nahm das Blatt aus der Maschine und ging damit ins Büro des Diensthabenden, wo er es Mankiewicz gab, damit er eine Vorlage für die Fragen hatte, die er allen, die wegen der Knochen anriefen, stellen sollte.
    »Und?«, fragte ihn Bosch. »Zufrieden?«
    »Nein, aber besser als gar nichts.«
    Nachdem Bosch schon mal da war, nahm er einen Plastikbecher, füllte ihn mit Kaffee und ging damit in den Bereitschaftsraum zurück, wo er ihn in seine Tasse schüttete. Er machte sich eine Notiz, Lt. Billets am Montag zu bitten, alle, die in den letzten paar Tagen angerufen hatten, zurückrufen und ihnen diese Fragen stellen zu lassen. Dann fiel ihm Julia Brasher ein. Er wusste, sie hatte montags frei und würde ihm nötigenfalls helfen. Aber er verwarf den Gedanken rasch wieder, da sonst bis Montag die ganze Wache über sie beide Bescheid gewusst hätte. Sie in den Fall hineinzuziehen, hätte alles nur noch schlimmer gemacht.
    Als Nächstes wandte er sich den Durchsuchungsbefehlen zu. Bei Ermittlungen in einem Mordfall kam es häufig vor, dass man ärztliche Unterlagen benötigte. Meistens kamen diese Unterlagen von praktischen Ärzten oder Zahnärzten, manchmal aber auch von Krankenhäusern. Bosch hatte einen eigenen Ordner, der neben Textvorlagen für Krankenhausdurchsuchungsbefehle Listen mit allen neunundzwanzig Krankenhäusern im Großraum Los Angeles sowie mit sämtlichen Richtern enthielt, die in den einzelnen Bezirken für die Bearbeitung der Anträge zuständig waren. Da ihm das alles bereits zur Verfügung stand, konnte er in wenig mehr als einer Stunde neunundzwanzig Durchsuchungsbefehle für die ärztlichen Unterlagen aller männlichen Patienten unter 16 Jahren aufsetzen, die zwischen 1975 und 1985 einer Trepanation unterzogen worden waren.
    Nachdem er die Anträge ausgedruckt hatte, steckte er sie in seine Aktentasche. Auch wenn es durchaus üblich war, einem Richter einen Durchsuchungsbefehl zur Bestätigung und Unterzeichnung in seine Privatwohnung zu faxen, hätte er kaum einen gefunden, der ihm an einem Sonntagnachmittag gleich neunundzwanzig ausstellte. Außerdem wären sonntags die Krankenhausanwälte nicht erreichbar. Deshalb wollte Bosch die Durchsuchungsbefehle am Montagmorgen einem Richter vorlegen und sie dann zwischen sich und Edgar aufteilen, um sie eigenhändig in den Krankenhäusern abzuliefern und bei dieser Gelegenheit die Anwälte gleich persönlich auf die Dringlichkeit der Angelegenheit hinzuweisen. Selbst wenn alles nach Plan lief, rechnete Bosch frühestens Mitte der Woche mit den ersten Rückmeldungen der Krankenhäuser.
    Als Nächstes schrieb Bosch ein Tagesresümee des Falls sowie eine Zusammenfassung von Gollihers anthropologischen Daten. Nachdem er alles in die Mordakte eingeheftet hatte, tippte er einen Beweismittelbericht, in dem er die vorläufigen SID-Erkenntnisse über den Rucksack festhielt.
    Als er damit fertig war, lehnte er sich zurück und dachte über den unleserlichen Brief nach, der im Rucksack des Jungen gefunden worden war. Er rechnete nicht damit, dass die Dokumentenabteilung Erfolg damit hätte. Er würde für immer das Geheimnis bleiben, das sich hinter dem Geheimnis des Falls verbarg. Er trank seine zweite Tasse Kaffee aus und schlug die Mordakte dort auf, wo sich die Tatortskizze und das Fundverzeichnis befanden. Bei der Durchsicht des Fundverzeichnisses fiel ihm auf, dass der Rucksack direkt neben der Stelle gefunden worden war, an der nach Auffassung Kohls die Leiche ursprünglich gelegen hatte.
    Bosch war nicht sicher, was das alles bedeutete, aber er wusste instinktiv, dass er die Fragen, die der Fall mittlerweile aufgeworfen hatte, immer im Auge behalten sollte, wenn er weitere Indizien und Details sammelte. Sie waren das Raster, durch das alles gesiebt würde.
    Nachdem er den Bericht in die Mordakte eingeheftet hatte, musste er nur noch das Ermittlerlog – einen Zeitplan mit kleinen stundenweisen Eintragungsblöcken – auf den neuesten Stand bringen, um die Aktualisierung des ganzen schriftlichen Krams abzuschließen. Dann steckte er die Mordakte in seine Aktentasche.
    Er ging mit seiner Kaffeetasse in die Toilette und wusch sie im Waschbecken aus. Dann stellte er sie in die Schublade zurück, nahm seine Aktentasche und ging durch den Hinterausgang zu seinem Auto.

13
    Das Untergeschoss des Parker Center, des Hauptquartiers des Los Angeles Police

Weitere Kostenlose Bücher