Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
Departments, dient als Archiv für die schriftlichen Aufzeichnungen zu sämtlichen Fällen, die von der Polizei bearbeitet worden sind. Bis Mitte der 90er Jahre wurden alle Unterlagen acht Jahre lang auf Papier aufbewahrt und danach für die weitere Archivierung auf Mikrofiche übertragen. Dann ging die Polizei dazu über, sämtliche Daten auf Computer zu speichern und Schritt für Schritt auch ältere Akten in digitale Datenbanken zu übertragen. Aber dieser Vorgang war zeitaufwändig und nicht weiter vorangeschritten als bis in die späten 80er Jahre.
    Es war ein Uhr, als Bosch am Schalter des Archivs eintraf. Außer zwei Containern mit Kaffee hatte er eine Papiertüte mit zwei Roastbeef-Sandwiches von Philippe’s dabei. Er sah den Mann hinter dem Schalter an und lächelte.
    »Ob Sie’s glauben oder nicht, ich brauche den Fiche für Vermisstenmeldungen von neunzehnhundertfünfundsiebzig bis fünfundachtzig.«
    Der Mann hinter dem Schalter, ein alter Knabe mit Kellerblässe, stieß einen Pfiff aus und sagte: »Aufgepasst, Christine, da kommen sie.«
    Bosch lächelte und nickte, obwohl er nicht wusste, wovon der Mann redete. Hinter dem Schalter schien sonst niemand zu sein.
    »Das Gute ist, sie sind unterteilt«, sagte der Mann. »Jedenfalls glaube ich, dass das gut ist. Wollen Sie die Unterlagen für Erwachsene oder Jugendliche?«
    »Jugendliche.«
    »Da sieht die Sache gleich besser aus.«
    »Danke.«
    »Keine Ursache.«
    Der Mann verschwand, und Bosch wartete. Vier Minuten später kam der Mann mit zehn kleinen Umschlägen zurück, die Mikroficheplatten für die Jahre enthielten, die Bosch verlangt hatte. Insgesamt war der Stapel mindestens zehn Zentimeter hoch.
    Bosch ging zu einem Mikrofichelesegerät und -kopierer, stellte ein Sandwich und die zwei Kaffeecontainer daneben ab und ging mit dem zweiten Sandwich an den Schalter zurück. Zunächst lehnte der Schalterbeamte Boschs Angebot dankend ab, akzeptierte es jedoch, als er ihm sagte, das Sandwich sei von Philippe’s.
    Bosch kehrte an das Lesegerät zurück und begann mit dem Jahr 1985. Er suchte nach Vermissten- oder Ausreißermeldungen für männliche Jugendliche in der Altersgruppe des Opfers. Sobald er den Umgang mit dem Gerät beherrschte, ging die Durchsicht der Meldungen rasch vonstatten. Als Erstes hielt er n ach dem »Erledigt«-Stempel Ausschau, der anzeigte, dass der Vermis ste nach Hause zurückgebracht oder gefunden worden war. Fehlte ein solcher Stempel, wanderte sein Blick sofort zu den Kästchen mit den Angaben von Alter und Geschlecht. Passten sie zum Persönlichkeitsprofil des Opfers, las er die Zusammenfassung und drückte anschließend auf die Kopiertaste des Geräts, um eine Kopie anzufertigen.
    Das Mikrofiche enthielt auch Vermisstenmeldungen, die auswärtige Polizeidienststellen in der Annahme, die Gesuchten hätten sich nach Los Angeles abgesetzt, an das LAPD weitergeleitet hatten.
    Trotz des Tempos, das er vorlegte, brauchte Bosch über drei Stunden, um sämtliche Vermisstenmeldungen für die fraglichen zehn Jahre durchzusehen. Als er schließlich alle durch hatte, lagen über dreihundert kopierte Berichte in dem Fach an der Seite des Geräts. Und er wusste nicht, ob das Ganze die Mühe wert gewesen war oder nicht.
    Er rieb sich die Augen und kniff sich in den Nasensattel. Er hatte so lange vor dem Bildschirm gesessen und Geschichten von elterlicher Sorge und jugendlicher Angst gelesen, dass er davon Kopfschmerzen bekommen hatte. Erst jetzt merkte er, dass er sein Sandwich nicht gegessen hatte.
    Er brachte die Mikrofiche-Umschläge an den Schalter zurück und beschloss, die Computernachforschungen im Parker Center zu erledigen, statt nach Hollywood zurückzufahren. Vom Parker Center konnte er dann später auf dem Freeway 10 gleich nach Venice fahren, wo er bei Julia Brasher zum Abendessen eingeladen war. Das wäre einfacher.
    Das Büro der Robbery-Homicide Division war bis auf die zwei Detectives, die Bereitschaftsdienst hatten, leer. Sie saßen vor einem Fernseher und sahen sich ein Footballspiel an. Einer von ihnen war Boschs ehemalige Partnerin, Kizmin Rider. Den anderen Detective kannte Bosch nicht. Rider stand lächelnd auf, als sie sah, dass es Bosch war.
    »Harry, was machst du denn hier?«, fragte sie.
    »Ein Fall. Kann ich einen eurer Computer benutzen?«
    »Diese Knochengeschichte?«
    Er nickte.
    »Ich habe in den Nachrichten davon gehört. Harry, das ist Rick Thornton, mein Partner.«
    Bosch schüttelte Thornton die Hand

Weitere Kostenlose Bücher