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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Notizbuch. In diesem Moment fiel ihm ein, dass es das Haus war, in dem am ersten Abend, an dem er hier gewesen war, hinter einem Fenster ein Vorhang zugezogen worden war.
    »Los«, sagte er. »Du hast das erste Mal schon mit ihm gesprochen, deshalb übernimmst du auch diesmal das Reden. Ich schalte mich erst ein, wenn ich es für nötig halte.«
    Sie stiegen aus und gingen auf das Haus zu. Der Mann, den sie suchten, hieß Nicholas Trent und bewohnte das Haus allein. Es lag zwei Häuser von der Knochenfundstelle auf dem Hügelkamm entfernt auf der anderen Seite der Wonderland Avenue. Trent war siebenundfünfzig Jahre alt. Bei der Routinebefragung der Anwohner hatte er Edgar erzählt, er sei Requisiteur bei einem Filmstudio in Burbank. Er war ledig und hatte keine Kinder. Er wusste nichts über die Knochen auf dem Hügel und konnte keine hilfreichen Aufschlüsse oder Hinweise geben.
    Edgar klopfte energisch an die Eingangstür, und sie warteten.
    »Mr. Trent, Polizei«, rief er. »Detective Edgar. Bitte öffnen Sie.«
    Er hatte bereits die Faust gehoben, um noch einmal zu klopfen, als die Verandabeleuchtung anging. Dann wurde die Tür geöffnet, und im Dunkel dahinter stand ein Mann mit glattrasiertem Schädel. Das Licht von der Veranda fiel auf sein Gesicht.
    »Mr. Trent? Ich bin Detective Edgar. Das ist mein Partner, Detective Bosch. Wir hätten noch ein paar nachträgliche Fragen an Sie. Wenn Sie nichts dagegen haben.«
    Bosch nickte, streckte aber nicht seine Hand aus. Trent sagte nichts, und Edgar forcierte die Angelegenheit, indem er die Hand gegen die Tür legte und sie aufdrückte.
    »Dürfen wir reinkommen?«, fragte er, schon halb über der Schwelle.
    »Nein, dürfen Sie nicht«, sagte Trent rasch.
    Edgar blieb stehen und machte ein erstauntes Gesicht.
    »Sir, wir möchten Ihnen nur noch ein paar Fragen stellen.«
    »Von wegen. Dieses Theater können Sie sich sparen!«
    »Wie bitte?«
    »Machen wir uns doch nichts vor. Jeder von uns weiß, was hier gespielt wird. Ich habe bereits mit meinem Anwalt gesprochen. Ihr Auftritt ist doch nichts als Theater. Und schlechtes noch dazu.«
    Bosch merkte, mit dieser Tour würden sie nicht weiterkommen. Er machte einen Schritt nach vorn und zog Edgar am Arm zurück. Sobald sein Partner die Tür freigegeben hatte, sah er Trent an.
    »Mr. Trent, wenn Sie wussten, dass wir zurückkommen würden, wussten Sie auch, dass wir das mit Ihrer Vergangenheit herausfinden würden. Warum haben Sie Detective Edgar nicht gleich davon erzählt? Das hätte uns eine Menge Zeit erspart. So dagegen erregt es nur unseren Verdacht. Das können Sie doch sicher verstehen.«
    »Die Vergangenheit ist Vergangenheit. Ich habe sie nicht wieder wachgerufen. Ich habe die Vergangenheit begraben. Lassen Sie es so.«
    »Nicht, wenn Knochen in ihr vergraben sind«, sagte Edgar in vorwurfsvollem Ton.
    Bosch drehte sich nach Edgar um und bat ihn mit einem Blick um etwas mehr Feingefühl.
    »Sehen Sie?«, sagte Trent. »Genau deshalb sage ich: ›Gehen Sie.‹ Ich haben Ihnen nichts zu sagen. Absolut nichts. Ich weiß nichts darüber.«
    »Mr. Trent, Sie haben einen neunjährigen Jungen sexuell belästigt«, sagte Bosch.
    »Das war neunzehnhundertsechsundsechzig, und ich wurde dafür bestraft. Schwer. Das gehört der Vergangenheit an. Seitdem habe ich mir nicht mehr das Geringste zuschulden kommen lassen. Mit diesen Knochen da oben habe ich nichts zu tun.«
    Bosch wartete einen Moment, dann sagte er in bedächtigem und ruhigerem Ton: »Wenn das so ist, dann gestatten Sie uns, reinzukommen und Ihnen unsere Fragen zu stellen. Je früher Ihre Unschuld erwiesen ist, umso früher können wir anderen Spuren n achgehen. Aber über eines müssen Sie sich im Klaren sein. Hundert Meter vom Haus eines Mannes ent fernt, der neunzehnhundertsechsundsechzig einen kleinen Jungen sexuell belästigt hat, wurden die Knochen eines Kindes entdeckt. Da interessiert es mich nicht, ob sich dieser Mann seitdem etwas hat zuschulden kommen lassen oder nicht – wir müssen ihm verschiedene Fragen stellen. Und wir werden ihm diese Fragen stellen. Wir haben gar keine andere Wahl. Ob wir es jetzt, hier in Ihrem Haus, machen oder mit Ihrem Anwalt auf der Polizeistation, wo vor dem Eingang bereits die Fernsehteams warten werden, das bleibt Ihnen überlassen.«
    Er hielt inne. Trent sah ihn mit angsterfüllten Augen an.
    »Sie verstehen also unsere Lage, Mr. Trent, und gewiss können wir auch Ihre verstehen. Wir sind gern bereit, das Ganze

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