Kein Engel so rein
rasch und diskret abzuwickeln, aber ohne Ihre Mitwirkung geht das nicht.«
Trent schüttelte den Kopf, als wüsste er, dass, egal, was er jetzt tat, das Leben, das er bisher geführt hatte, gefährdet war und möglicherweise für immer verändert würde. Schließlich trat er zurück und winkte Bosch und Edgar ins Haus.
Trent war barfüßig und trug weite schwarze Shorts, unter denen dünne elfenbeinfarbene Beine ohne Haare hervorstanden. Über dem schmächtigen Oberkörper trug er ein weites Seidenhemd. Er war gebaut wie eine Leiter, nichts als Ecken und Kanten. Er führte die Detectives in das mit vielen Antiquitäten eingerichtete Wohnzimmer und setzte sich auf die Couch. Bosch und Edgar nahmen auf den zwei Ledersesseln gegenüber Platz. Bosch beschloss, weiter das Reden zu übernehmen. Ihm gefiel nicht, wie Edgar an der Tür aufgetreten war.
»Sicherheitshalber verlese ich Ihnen zunächst Ihre Rechte«, sagte er. »Dann werde ich Sie bitten, eine schriftliche Erklärung zu unterschreiben. Das dient sowohl Ihrer wie unserer Absicherung. Außerdem werde ich unser Gespräch aufzeichnen, damit hinterher niemand jemandem irgendwelche Worte in den Mund legen kann. Falls Sie eine Kopie des Bandes haben möchten, kann ich das gern veranlassen.«
Trent zuckte mit den Schultern, was Bosch als widerstrebende Einwilligung auffasste. Nachdem Bosch ihn die vorgedruckte Erklärung hatte unterschreiben lassen, steckte er sie in seine Aktentasche und holte ein kleines Tonbandgerät heraus. Sobald er es angemacht und die Namen der Anwesenden sowie Uhrzeit und Datum genannt hatte, gab er Edgar mit einem Nicken zu verstehen, er solle mit den Fragen beginnen. Bosch war der Ansicht, jetzt wäre es wichtiger, auf Trents Reaktionen und seine Umgebung zu achten als auf seine Antworten.
»Mr. Trent, wie lang wohnen Sie schon in diesem Haus?«
»Seit neunzehnhundertvierundachtzig.«
Dann lachte er.
»Was ist daran so komisch?«, fragte Edgar.
»Neunzehnhundertvierundachtzig. Verstehen Sie nicht? George Orwell? Big Brother?«
Er deutete auf Bosch und Edgar als Repräsentanten von Big Brother. Edgar verstand die Anspielung offensichtlich nicht und fuhr mit der Vernehmung fort.
»Zur Miete oder Eigentum?«
»Eigentum. Äh, zuerst habe ich zur Miete hier gewohnt, aber dann habe ich das Haus siebenundachtzig von seinem damaligen Besitzer gekauft.«
»Okay, und Sie sind in der Unterhaltungsindustrie als Filmarchitekt tätig?«
»Als Filmrequisiteur. Das ist nicht das Gleiche.«
»Was ist da der Unterschied?«
»Der Filmarchitekt entwirft die Kulissen und überwacht ihren Aufbau. Erst dann kommt der Requisiteur ins Spiel. Er kümmert sich um die Details. Die atmosphärischen Feinheiten. Die Sachen, die einer Figur gehören, oder Werkzeug. Dinge in der Art eben.«
»Wie lang machen Sie das schon?«
»Sechsundzwanzig Jahre.«
»Haben Sie den Jungen dort oben auf dem Hügel verscharrt?«
Trent stand aufgebracht auf.
»Natürlich nicht. Ich habe nicht mal einen Fuß auf diesen Hügel gesetzt. Und überhaupt machen Sie einen großen Fehler, wenn Sie hier mit mir Ihre Zeit vergeuden, während der wahre Mörder dieses armen Jungen immer noch auf freiem Fuß ist.«
Bosch beugte sich in seinem Sessel vor. »Setzen Sie sich, Mr. Trent.«
Angesichts der Leidenschaftlichkeit, mit der Trent die letzte Frage verneint hatte, dachte Bosch automatisch, dass er entweder unschuldig war oder einer der besten Schauspieler, denen er dienstlich je begegnet war. Langsam setzte sich Trent wieder auf die Couch.
»Sie sind doch ein intelligenter Mensch.« Bosch hatte beschlossen, sich wieder einzuschalten. »Sie wissen ganz genau, worum es hier geht. Wir müssen Sie entweder mitnehmen oder uns von Ihrer Unschuld überzeugen. So einfach ist das. Warum helfen Sie uns also nicht dabei? Warum erzählen Sie uns, statt uns an der Nase herumzuführen, nicht einfach, wie wir uns von Ihrer Unschuld überzeugen können?«
Trent breitete die Arme aus.
»Weil ich nicht weiß, wie! Ich weiß nichts über die Sache! Wie soll ich Ihnen helfen, wenn ich absolut nichts darüber weiß?«
»Indem Sie uns zum Beispiel gleich mal erlauben, uns hier umzusehen. Wenn ich, was Sie angeht, ein gutes Gefühl bekomme, Mr. Trent, könnte ich durchaus anfangen, das Ganze auch von Ihrem Standpunkt aus zu sehen. Aber fürs Erste … wie gesagt, ich habe Sie und Ihre Vorstrafe, und ich habe diese Knochen auf der anderen Straßenseite.«
Bosch hob die Hände, als hielte er diese
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