Kein Engel so rein
Stadt zu fahren, um sie den Rechtsabteilungen der einzelnen Krankenhäuser zu überbringen. Zehn der Durchsuchungsbefehle hatte er Edgar gegeben, der auf eigene Faust damit losgefahren war. Da Bosch weniger zu überbringen gehabt hatte, war er anschließend in die Innenstadt gefahren, um im Archiv Einsicht in Nicholas Trents Vorstrafenregister zu nehmen und sich die umgekehrten Adressbücher und die Grundbucheintragungen für die Wonderland Avenue anzusehen.
Bosch stellte fest, dass ein ganzer Stapel telefonischer Nachrichten und die jüngste Ladung telefonischer Hinweise zum Knochenfall auf ihn warteten. Zuerst nahm er sich die telefonischen Nachrichten vor. Insgesamt waren es zwölf. Neun davon stammten von Journalisten, die zweifellos alle an die Meldung, die Channel 4 am Vorabend über Trent gebracht hatte, anknüpfen wollten, um sie in den Morgennachrichten noch einmal zu bringen. Die anderen drei waren von Trents Anwalt Edward Morton. Er hatte zwischen 8 und 9 Uhr 30 dreimal angerufen.
Bosch kannte Morton nicht, nahm aber an, er wollte sich darüber beschweren, dass Trents Vorstrafe an die Medien weitergegeben worden war. Normalerweise hatte er es nicht eilig, Anwälte zurückzurufen, aber in diesem Fall hielt er es für das Beste, die Sache möglichst rasch hinter sich zu bringen und Morton zu versichern, dass die Medien diese Information nicht von den Ermittlern erhalten haben konnten. Obwohl er bezweifelte, dass Morton ihm auch nur ein Wort glauben würde, nahm er das Telefon und rief ihn an. Eine Sekretärin sagte ihm, Morton sei bei einem Gerichtstermin, müsse aber jeden Moment zurückkommen. Bosch sagte, er würde auf seinen Anruf warten.
Nachdem er aufgelegt hatte, warf Bosch die rosaroten Zettel mit den Nummern der Journalisten in den Abfalleimer und begann, die Zettel mit den telefonischen Hinweisen aus der Bevölkerung durchzugehen. Dabei merkte er rasch, dass die Kollegen, die die telefonischen Hinweise entgegennahmen, den Anrufern inzwischen die Fragen stellten, die er am Morgen zuvor auf ein Blatt Papier getippt und Mankiewicz gegeben hatte.
Der elfte Zettel in dem Packen war ein Treffer. Um 8 Uhr 41 morgens hatte eine gewisse Sheila Delacroix angerufen und gesagt, sie hätte in den Morgennachrichten auf Channel 4 gerade die Meldung über den Knochenfund gesehen. Sie sagte, ihr jüngerer Bruder Arthur Delacroix sei 1980 in Los Angeles spurlos verschwunden. Er sei damals zwölf Jahre alt gewesen, und seitdem habe niemand mehr etwas von ihm gehört.
Auf die medizinischen Fragen hin hatte sie erklärt, ihr Bruder hätte sich wenige Monate vor seinem Verschwinden bei einem Sturz mit dem Skateboard verletzt. Er sei mit einer Kopfverletzung ins Krankenhaus eingeliefert und einer Schädeloperation unterzogen worden. An die näheren Einzelheiten konnte sie sich nicht mehr erinnern, aber sie war sicher, dass das Krankenhaus das Queen of Angels gewesen war. An den Namen eines der Ärzte, die ihren Bruder behandelt hatten, konnte sie sich nicht erinnern. Außer Sheila Delacroix’ Adresse und Telefonnummer waren das alle Informationen auf dem Zettel.
Bosch kreiste das Wort »Skateboard« ein. Er öffnete seine Aktentasche und nahm die Visitenkarte heraus, die Bill Golliher ihm gegeben hatte. Er wählte die erste Nummer und bekam den Anrufbeantworter im UCLA-Büro des Anthropologen dran. Unter der zweiten erreichte er Golliher beim Mittagessen in Westwood Village.
»Nur eine kurze Frage. Die Verletzung, die eine Schädeloperation nötig machte?«
»Das Hämatom.«
»Genau. Könnte er sich das bei einem Sturz mit dem Skateboard zugezogen haben?«
Darauf trat Schweigen ein, und Bosch ließ Golliher nachdenken. Der Mitarbeiter, der die Anrufe an die Hauptanschlüsse im Bereitschaftsraum entgegennahm, kam auf Bosch zu und machte das Peace-Zeichen. Bosch hielt die Sprechmuschel zu.
»Wer ist es?«
»Kiz Rider.«
»Sagen Sie ihr, sie soll warten.«
Er nahm die Hand vom Hörer.
»Sind Sie noch dran, Doc?«
»Ja, ich überlege gerade. Möglich wäre es schon, je nach dem, wo er mit dem Kopf aufgeschlagen ist. Aber bei einem normalen Sturz, bei dem er einfach auf dem Boden gelandet ist, würde ich sagen, sehr unwahrscheinlich. Es war ein sehr dichtes Bruchmuster, was darauf hindeutet, dass die Fläche, auf der die beiden Oberflächen aufeinander trafen, sehr klein war. Außerdem ist die Stelle sehr weit oben am Kranium, nicht am Hinterkopf, wie das bei einer Sturzverletzung normalerweise zu erwarten
Weitere Kostenlose Bücher