Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
irgendwann.
    »Was?«
    »Ich weiß auch nicht. Du wirkst nur so verdrießlich. Ich weiß, das bist du wahrscheinlich von Natur aus, aber normalerweise zeigst du es nicht so.«
    Edgar lächelte, bekam aber von Bosch kein Lächeln zurück.
    »Ich denke nur nach. Dieser Typ könnte noch am Leben sein, wenn wir die Sache anders angepackt hätten.«
    »Jetzt hör aber mal, Harry. Hätten wir ihm vielleicht nicht auf den Zahn fühlen sollen? Das ließ sich doch gar nicht vermeiden. Wir haben getan, was wir tun mussten, und dann hat das Ganze eben eine etwas unglückliche Wendung genommen. Was hätten wir da schon groß machen können? Wenn jemand Schuld an dem Ganzen trägt, dann Thornton, und der kriegt sein Fett ab. Außerdem, wenn du mich fragst, kann die Welt auf jemand wie Trent gern verzichten. Mein Gewissen ist rein, Mann. Total rein.«
    »Schön für dich.«
    Bosch überlegte, ob es richtig gewesen war, Edgar am Sonntag frei zu geben. Hätte er das nicht getan, hätte wahrscheinlich Edgar die Namen im Computer überprüft. Kiz Rider wäre nicht in die Sache hineingezogen worden, und die Information wäre nie zu Thornton gelangt.
    Er seufzte. Alles schien immer nach dem Dominoprinzip abzulaufen. Wenn, dann, wenn, dann, wenn, dann.
    »Was sagt dir dein Riecher bei diesem Typen?«, fragte er Edgar.
    »Meinst du, ob er den Jungen da oben auf dem Hügel umgebracht hat?«
    Bosch nickte.
    »Ich weiß nicht«, sagte Edgar. »Erst mal sehen, was sie im Labor über die Schmutzreste sagen und was die Schwester über das Skateboard sagt. Falls es seine Schwester ist und wir eine definitive Identifizierung kriegen.«
    Bosch sagte nichts. Aber ihm war nie wohl dabei, wenn er sich auf Laborbefunde verlassen musste, um zu bestimmen, in welcher Richtung er seine Ermittlungen weiter anstellen sollte.
    »Und wie siehst du die Sache, Har?«
    Bosch dachte an die Fotos der Kinder, für die Trent zu sorgen geglaubt hatte. Sein Akt der Reue. Seine Aussicht auf Vergebung.
    »Im Moment denke ich, wir treten auf der Stelle«, sagte er. »Er war’s nicht.«

20
    Deputy Chief Irvin Irving saß in seinem geräumigen Büro in der fünften Etage des Parker Center an seinem Schreibtisch. Außerdem anwesend waren Lt. Grace Billets, Bosch, Edgar und ein Vertreter der Pressestelle namens Sergio Medina. Irvings Adjutantin, Lieutenant Simonton, stand für den Fall, dass sie gebraucht würde, in der offenen Tür des Büros.
    Auf der Glasplatte von Irvings Schreibtisch befand sich nichts als zwei Blatt Papier. Was darauf stand, konnte Bosch von seinem Platz schräg links vor Irvings Schreibtisch nicht lesen.
    »Nun also«, begann Irving. »Was liegt uns an gesicherten Tatsachen über Mr. Trent vor? Wir wissen, er war pädophil und wegen Kindesmissbrauchs vorbestraft. Wir wissen, er wohnte einen Steinwurf von der Stelle entfernt, an der ein ermordetes Kind verscharrt worden war. Und wir wissen, er hat an dem Abend, an dem er von unseren Ermittlern zu den eben genannten ersten beiden Punkten vernommen wurde, Selbstmord begangen.«
    Irving nahm eines der zwei Blätter auf seinem Schreibtisch und überflog es, ohne den restlichen Anwesenden mitzuteilen, was darauf stand. Schließlich fuhr er fort: »Ich habe hier eine Presseerklärung, in der auf diese drei Punkte hingewiesen wird und in der es weiter heißt: ›Mr. Trent ist Gegenstand eines laufenden Ermittlungsverfahrens. Die Frage, ob er den Tod des Opfers, das in unmittelbarer Nähe seines Wohnsitzes gefunden wurde, verschuldet hat, kann erst geklärt werden, wenn die Laboruntersuchungen abgeschlossen und weitere Ermittlungen angestellt worden sind.‹«
    Er blickte wieder schweigend auf das Blatt Papier und legte es schließlich weg.
    »Schön kurz und bündig. Nur wird es leider nicht ausreichen, die Gier der Medien nach dieser Story zu stillen. Oder uns helfen, der Polizei von Los Angeles eine weitere Blamage zu ersparen.«
    Bosch räusperte sich. Zuerst schien es, als ignorierte es Irving, doch dann sagte er, ohne Bosch anzusehen: »Ja, Detective Bosch?«
    »Es sieht ein bisschen so aus, als wären Sie damit nicht ganz zufrieden. Das Problem ist, was in der Presseerklärung steht, entspricht exakt unserem gegenwärtigen Kenntnisstand. Ich wäre zu gern in der Lage, Ihnen sagen zu können, ich denke, dieser Trent hat den Jungen auf dem Hügel umgebracht. Ich würde Ihnen nur zu gern sagen, ich weiß, er war es. Aber davon sind wir im Moment noch weit entfernt, und, wenn überhaupt etwas, glaube ich,

Weitere Kostenlose Bücher