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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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an den Sonnenblenden aller Streifenwagen befestigt werden konnten, gehörte zu der Sorte von zusätzlichen Maßnahmen, die Edgar sonst nicht ergriff.
    »Diesen Kerl kriegen wir, Harry. Ich bin zwar nicht sicher, ob es uns groß weiterhilft, aber kriegen werden wir ihn.«
    »Er könnte ein wichtiger Zeuge werden. Wenn ihm Arthur – ich meine, das Opfer – mal erzählt hat, dass ihn sein Vater schlug, dann haben wir schon mal was in der Hand.«
    Bosch sah auf die Uhr. Es war fast zwei. Er wollte, dass die Ermittlungen nicht an Schwung verloren, dass sie zielgerichtet und am Ball blieben. Am meisten Schwierigkeiten bereitete ihm das Warten. Ob er nun auf Laborbefunde wartete oder darauf, dass andere Cops Schritte unternahmen – das waren immer die Phasen, in denen er am unruhigsten war.
    »Was steht heute Abend an?«, fragte er Edgar.
    »Heute Abend? Nicht viel.«
    »Hast du heute Abend deinen Jungen?«
    »Nein, immer donnerstags. Warum?«
    »Weil ich überlege, ob ich nach Palm Springs fahren soll.«
    »Jetzt?«
    »Ja, mit der Ex-Frau reden.«
    Er sah, wie Edgar einen Blick auf seine Uhr warf. Ihm war klar, dass sie selbst dann erst spät zurückkämen, wenn sie sofort losfuhren.
    »Schon gut. Ich kann auch allein fahren. Gib mir nur die Adresse.«
    »Nein, ich komme mit.«
    »Wirklich? Du musst aber nicht. Ich habe bloß keine Lust rumzusitzen und zu warten, bis was passiert, weißt du?«
    »Ja, Harry, ich weiß.«
    Edgar stand auf und nahm seinen Sakko von der Stuhllehne.
    »Dann sage ich schon mal Bullets Bescheid«, sagte Bosch.

27
    Sie hatten schon mehr als die Hälfte der Strecke durch die Wüste nach Palm Springs zurückgelegt, bevor einer von beiden etwas sagte.
    »Harry«, begann Edgar, »du bist so still.«
    »Ich weiß.«
    Eine Sache, die bei ihnen als Partnern immer gut funktioniert hatte, war die Fähigkeit, gemeinsam lange zu schweigen. Immer wenn Edgar das Bedürfnis verspürte, das Schweigen zu brechen, wusste Bosch, dass ihm etwas durch den Kopf ging, worüber er sprechen wollte.
    »Was ist, J. Edgar?«
    »Nichts.«
    »Der Fall?«
    »Nein, Mann, nichts. Alles klar.«
    »Na, dann schön.«
    Sie kamen an einer Windmühlenfarm vorbei. Es ging kein Lüftchen. Keins der Räder drehte sich.
    »Sind deine Eltern zusammengeblieben?«, fragte Bosch.
    »Ja, bis zum Ende.« Edgar lachte. »Manchmal haben sie sich, glaube ich, gewünscht, sie hätten es nicht getan, aber, ja, sie haben es durchgestanden. So läuft das, schätze ich mal. Die Starken überleben.«
    Bosch nickte. Sie waren beide geschieden, sprachen aber selten über ihre gescheiterten Ehen.
    »Harry, ich habe von dir und der Neuen gehört. Es spricht sich rum.«
    Bosch nickte. Das war es also, worüber Edgar sprechen wollte.
    »Ich will dazu nur sagen, Mann, sei bloß vorsichtig. Du hast einen höheren Dienstgrad als sie, okay?«
    »Ich weiß. Ich werde mir was einfallen lassen müssen.«
    »Soviel ich gehört und gesehen habe, ist sie das Risiko wert. Aber trotzdem solltest du vorsichtig sein.«
    Bosch sagte nichts. Nach ein paar Minuten kamen sie an einem Wegweiser vorbei, auf dem stand, dass es noch neun Meilen bis Palm Springs waren. Es begann zu dämmern. Bosch hoffte, noch vor Einbruch der Dunkelheit an Christine Waters’ Tür klopfen zu können.
    »Harry, übernimmst du, wenn wir da sind?«
    »Ja, mache ich. Du darfst den Entrüsteten spielen.«
    »Das wird nicht schwer werden.«
    Sobald sie die Stadtgrenze von Palm Springs überquert hatten, besorgten sie sich an einer Tankstelle einen Stadtplan und fuhren durch die Stadt, bis sie den Frank Sinatra Boulevard fanden, auf dem sie in Richtung der Berge weiterfuhren. Schließlich hielt Bosch am Pförtnerhäuschen einer Siedlung, die sich Mountaingate Estates nannte. Aus dem Stadtplan ging hervor, dass Christine Waters in einer Straße wohnte, die sich in Mountaingate befand.
    Aus dem Pförtnerhäuschen kam ein uniformierter Sicherheitsbeamter. Er warf einen Blick auf den Slickback, in dem Bosch und Edgar saßen, und lächelte.
    »Da sind Sie aber ein ziemliches Stück abgekommen von Ihrem Revier.«
    Bosch nickte und versuchte ein freundliches Lächeln. Aber es ließ ihn aussehen, als hätte er etwas Saures im Mund.
    »So könnte man es auch nennen«, sagte er.
    »Was gibt’s?«
    »Wir müssen mit Christine Waters, Deep Waters Drive dreihundertzwölf, sprechen.«
    »Weiß Mrs. Waters, dass Sie kommen?«
    »Nur, wenn sie Hellseherin ist oder Sie es ihr sagen.«
    »Dafür bin ich da. Einen

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