Kein Engel so rein
Augenblick.«
Er kehrte in das Pförtnerhäuschen zurück, und Bosch sah ihn nach dem Telefon greifen.
»Sieht ganz so aus, als wäre Christine Delacroix die Treppe raufgefallen«, sagte Edgar.
Er spähte durch die Windschutzscheibe auf einige der Häuser, die von ihrem Standort zu sehen waren. Sie waren alle riesig, und ihre sorgfältig gepflegten Gärten waren groß genug, um darauf Football spielen zu können.
Der Wachmann kam wieder nach draußen, legte beide Hände auf den Fensterholm und beugte sich herab, um zu Bosch ins Auto zu sehen,
»Sie will wissen, worum es geht.«
»Sagen Sie ihr, darüber reden wir im Haus mit ihr. Unter vier Augen. Sagen Sie ihr, wir haben einen Gerichtsbeschluss.«
Der Wachmann zuckte mit den Schultern, als wollte er sagen, wie Sie meinen, und ging wieder nach drinnen. Bosch sah, wie er wieder ins Telefon sprach. Nachdem er aufgelegt hatte, begann das Tor langsam aufzugehen. Der Wachmann stand in der offenen Tür und winkte sie durch. Aber er musste das letzte Wort behalten.
»Nur damit Sie’s wissen. In L. A. mag diese Harte-Burschen-Masche ja vielleicht ganz gut ankommen. Aber hier draußen in der Wüste ist das nur –«
Den Rest hörte Bosch nicht mehr. Er kurbelte das Fenster hoch, als er durch das Tor fuhr.
Sie fanden den Deep Waters Drive am hintersten Ende der Siedlung. Die Häuser hier sahen ein paar Millionen Dollar luxuriöser aus als im vorderen Teil von Mountaingate.
»Wer kommt bloß in der Wüste auf die Idee, eine Straße Deep Waters Drive zu nennen?«, dachte Edgar laut nach.
»Vielleicht jemand, der Waters heißt.«
Erst jetzt dämmerte es Edgar.
»Wow. Glaubst du echt? Dann hätte sie sich ja gewaltig verbessert.«
Die Adresse, die Edgar für Christine Waters herausgefunden hatte, gehörte zu einer Villa in zeitgenössischem spanischem Stil, die im hintersten Teil von Mountaingate Estates am Ende einer Sackgasse lag. Es war eindeutig das beste Grundstück der Siedlung. Das Haus befand sich auf einem Felsvorsprung, von dem man nicht nur alle anderen Häuser der Anlage überblicken konnte, sondern auch den Golfplatz, der sie umgab.
Das Grundstück hatte eine eigene mit einem Tor versehene Einfahrt, aber das Tor war offen. Bosch fragte sich, ob es immer offen stand oder für sie geöffnet worden war.
»Das wird sicher interessant«, sagte Edgar, als sie auf einen Parkkreis mit ineinander greifenden Pflastersteinen bogen.
»Aber vergiss nicht«, sagte Bosch, »seine Adresse kann man ändern, aber nicht, wer man ist.«
»Ach ja, richtig. Regel Nummer eins im Morddezernat.«
Sie stiegen aus und gingen auf den Portikus mit der breiten zweiflügeligen Eingangstür zu, die noch, bevor sie sie erreicht hatten, von einer Frau in schwarz-weißer Hausmädchenmontur geöffnet wurde. Die Frau teilte ihnen mit einem starken spanischen Akzent mit, Mrs. Waters erwarte sie im Wohnzimmer.
Mit seinen acht Metern Höhe und den frei liegenden Deckenbalken hatte das Wohnzimmer die Größe und die Atmosphäre einer kleinen Kathedrale. Hoch oben in der nach Osten gerichteten Wand befanden sich drei große Glasmalereien, ein Triptychon, das einen Sonnenaufgang, einen Garten und einen Mondaufgang darstellte. In der Wand gegenüber waren sechs nebeneinander liegende Glasschiebetüren, durch die man auf das Grün eines Golfplatzes hinausblickte. Der Raum hatte zwei getrennte Sitzgruppen, als sollte er zwei separate Besuchergruppen gleichzeitig aufnehmen.
Mitten auf einer cremefarbenen Couch der ersten Sitzgruppe saß eine blonde Frau mit angespanntem Gesicht. Ihre hellblauen Augen folgten den Männern, als sie eintraten und die Größe des Raumes erfassten.
»Mrs. Waters?«, fragte Bosch. »Ich bin Detective Bosch, und das ist Detective Edgar. Wir sind vom Los Angeles Police Department.«
Er reichte ihr die Hand, und sie ergriff sie, schüttelte sie aber nicht. Sie hielt sie nur einen Moment und wandte sich dann Edgars ausgestreckter Hand zu. Aus der Geburtsurkunde wusste Bosch, dass sie sechsundfünfzig Jahre alt war. Aber sie sah nahezu ein Jahrzehnt jünger aus, ihr glattes gebräuntes Gesicht ein Zeugnis moderner Medizin.
»Bitte nehmen Sie Platz«, sagte sie. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie peinlich es mir ist, Ihr Auto vor meinem Haus stehen zu haben. Diskretion gehört anscheinend nicht zu den Stärken des LAPD.«
Bosch lächelte.
»Tja, Mrs. Waters, uns ist unser Gefährt auch ein bisschen peinlich, aber unsere Bosse wollen nun mal, dass wir in so was
Weitere Kostenlose Bücher