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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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dann machen wir etwas Schönes.«
    Doch Ethan antwortete nicht. Er war schon wieder eingeschlafen.

TEIL 1
ZWÖLF TAGE ZUVOR

1
    »Ja?«
    »Mr Reeves?«, sagte ich.
    »Ja?«
    »Hier spricht David Harwood vom Standard «, sagte ich.
    »Hallo, David.« So war das mit Politikern. Man nannte sie Mister, und sie redeten einen mit Vornamen an. Wobei keine Rolle spielte, ob man es mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten oder irgendeiner Knallcharge vom Bauamt zu tun hatte. Für diese Typen ist man immer Bob oder Tom oder David. Von wegen Mr Harwood.
    »Wie geht’s Ihnen heute?«, fragte ich.
    »Was kann ich für Sie tun?«, wollte er wissen.
    Ich beschloss, meinen Charme spielen zu lassen. »Ich hoffe, mein Anruf kommt nicht ungelegen. Soweit ich weiß, sind Sie soeben erst von einer Reise zurückgekommen. Gestern, stimmt’s?«
    »Ja«, erwiderte Stan Reeves.
    »Einer Informationsreise, richtig?«
    »Richtig«, erwiderte er.
    »Drüben in England.«
    »Ja«, sagte er. Es war wie Zähneziehen. Reeves schien mit nichts herausrücken zu wollen, was womöglich damit zu tun hatte, dass er mich nicht sonderlich leiden konnte. Ihm missfielen die Artikel, die ich über das geschrieben hatte, was Promise Falls’ neuester Industriezweig werden könnte.
    »Und zu welchen Erkenntnissen sind Sie gekommen?«, fragte ich.
    Er seufzte, als hätte er resigniert und beschlossen, zumindest einige meiner Fragen zu beantworten. »Dass profitorientierte Gefängnisse sich drüben in England tatsächlich amortisieren. Das Wolds Prison wird auf diese Weise schon seit den frühen Neunzigern betrieben.«
    »Und Mr Sebastian hat Sie auf dieser Besichtigungstour begleitet?«, fragte ich. Elmont Sebastian war Präsident der Star Spangled Corrections, der Multimillionen-Dollar-Firma, die ein privat betriebenes Gefängnis vor den Toren von Promise Falls bauen wollte.
    »Er hat uns zeitweilig begleitet«, bestätigte Stan Reeves. »Und unsere Delegation nach Kräften unterstützt.«
    »Gehörten noch andere Mitglieder des Stadtrats zur Delegation?«, fragte ich.
    »Sie wissen doch, dass ich als Vertreter des Stadtrats drüben war, David. Außer mir gehörten noch ein paar Kollegen aus Albany sowie ein Vertreter unseres staatlichen Justizvollzugs zur Delegation.«
    »Okay«, sagte ich. »Und hat Sie die Reise weitergebracht?«
    »Tja, sie hat vieles bestätigt, was uns bereits bekannt war. Nämlich, dass privat betriebene Gefängnisse weitaus effizienter als staatliche Justizvollzugsanstalten sind.«
    »Aber doch größtenteils, weil die Betreiber ihren Angestellten erheblich weniger zahlen und keine Gewerkschaftsangehörigen einstellen.«
    Ein genervter Seufzer drang durch die Leitung. »Immer dieselbe Leier, die man von Ihnen hört.«
    »So würde ich es nicht nennen, Mr Reeves«, gab ich zurück. »Das sind hinreichend belegte Fakten.«
    »Soll ich Ihnen mal ein Faktum nennen? Wo auch immer die Gewerkschaften ihre Finger drin haben, wird der Staat über den Löffel balbiert.«
    »Ebenso steht fest«, erwiderte ich, »dass es in privat betriebenen Gefängnissen häufiger zu Übergriffen auf Wärter kommt, ebenso wie zu Gewalttätigkeiten unter den Insassen, was wiederum auf reduziertes Personal zurückzuführen ist. Und davon haben Sie in England nichts erfahren?«
    »Sie sind genauso wie diese Gutmenschen am Thackeray, die gleich schlaflose Nächte haben, nur weil sich ein Häftling einen anderen vorgeknöpft hat.« Am Thackeray College hatten sich diverse Professoren zusammengeschlossen, um ein Privat-Gefängnis in Promise Falls zu verhindern. »Erklären Sie mir doch mal, inwiefern es der Gesellschaft schaden sollte, wenn irgendein Häftling einem anderen ein Messer zwischen die Rippen jagt?«
    Das notierte ich mir. Falls Reeves das Zitat später abstreiten wollte, hatte er sich geschnitten, weil ich das Gespräch nämlich mitschnitt. Andererseits brachte es nicht viel; wenn ich seinen Kommentar veröffentlichte, würde ich damit seine Popularität nur steigern.
    »Tja, aber die Betreiber des Knasts erleiden Schaden«, konterte ich. »Schließlich werden sie vom Staat pro Häftling bezahlt. Und wenn diese sich gegenseitig niedermetzeln, gehen Finanzierungsgelder flöten. Wie stehen Sie eigentlich zu den Lobbyisten von Star Spangled Corrections, die sich im Abgeordnetenhaus für härtere Urteile starkmachen, sprich, längere Haftstrafen für alle möglichen Delikte? Wirkt irgendwie ein bisschen eigennützig, finden Sie nicht?«
    »Ich muss

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