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Kein Entrinnen

Titel: Kein Entrinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou
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Ferne wurde ein Lichtpunkt sichtbar. Es war die Gittertür des Labyrinths von Theseus. Kein Boz weit und breit …
    Kein Ben O. Boz. Nirgendwo. Franklins Augen wurden feucht vor Angst, Wut und Hass zugleich.
    Er schlug den Rückweg ein, um Mary einzuholen und ihr zurück zum Ausgang zu helfen. Er fand sie oben auf der Treppe, wo sie wie gebannt den leblosen Körper Oscar Stapletons anstarrte, der wie ein Märtyrer an die Holztür genagelt war.
     
    Als Melanchthon Franklin wiederauftauchen sah, war er schweißgebadet, seine Hände waren mit Erde verschmiert, seine Hosenbeine mit Schlamm und Blut beschmutzt.
    »Sie sind tot«, sagte er mit tonloser Stimme.
    Franklin betrachtete den riesigen grünen Park, der sich unterhalb des Schlosses erstreckte. Sheridan und seine Verstärkung kamen herbeigerannt. Jetzt erst! Abgesehen von ihnen war alles leer. Die Universität hatte sich im Theatersaal versammelt.
    Der Professor schauderte.
    »Mein Gott, wir müssen sie warnen. Schnell. Niemand darf das Gebäude verlassen! Boz treibt sich noch immer hier herum!«
    Sie rannten zum Theater. Als Frank die Eingangstür aufstieß, traf ihn ein fürchterlicher Schock. Er hörte Boz’ Stimme.
    »Das ist nicht wahr …!«
    Der Schriftsteller war wirklich da. Auf der Bühne. Vor allen schweigenden Studenten. Er hatte einen Koffer auf den Tisch gestellt, aus dem er die Requisiten für seine Demonstration über Gerichtsmedizin holte. Er trug einen zweiteiligen beigen Anzug. Sehr sommerlich.
    Franklin wiederum glich einem Mann, der einem Erdrutsch entkommen war. Melanchthon neben ihm war ebenso sprachlos.
    »Er hat das Labyrinth benutzt, um uns in die unterirdischen Gemäuer zu locken«, sagte Frank zu ihr. »Ein alter Treibertrick. Und wir sind voll darauf hereingefallen. Ich wette mit Ihnen, dass dieser Mistkerl höchstens ein paar Minuten verspätet zu seinem Vortrag eintraf …«
    In diesem Augenblick erblickte ihn Boz von der Bühne aus.
    »Ach! Da ist ja unser Professor Franklin«, rief er. »Sie kommen zu spät, mein Freund! Ich hoffe für Sie, dass Sie ein gutes Alibi haben!«
    Der ganze Saal gluckste.

25
    Drei Tage waren vergangen und die Folgen des Massakers von Durrisdeer sowie die anonymen Enthüllungen von Boz über die Praktiken des FBI erschütterten das Land und führten zum rasanten Sturz verschiedener Protagonisten der Affäre.
    Erstes Opfer war das FBI. Das Sonderkommando »The Last Word« wurde unbemerkt von der Öffentlichkeit aufgelöst. Über seine Existenz gab es kein offizielles Dokument in Quantico oder im Hauptquartier in Washington, sodass die vom Senat aufgrund der Klagen von Familienangehörigen angeordneten Durchsuchungen ergebnislos verliefen. Die Empörung der Angehörigen der Opfer über die Manipulationen des FBI legte die Lunte an das Pulverfass. Das FBI versuchte, seine Aktionen durch die nebulöse Theorie einer Sekte, dann einer terroristischen Verbindung zu rechtfertigen. Vorgeschützte Ermittlungsgründe, die niemanden überzeugten. Internes Kommunikationschaos besiegelte das Schicksal der FBI-Führung vollends. Ein beispielloser Prozess bahnte sich an. Ike Granwood wurde von seinen Aufgaben entbunden und in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Vierzig leitende FBI-Angestellte fanden sich auf der Straße wieder.
    Nirgendwo fiel der Name von Ben O. Boz. Nirgendwo konnte eine Verbindung zu den sieben getöteten Agenten hergestellt werden. Das FBI fürchtete die Reaktionen der Presse, wenn diese davon erfuhr, dass ein einziger Mann, ein Schriftsteller, verdächtigt wurde, der die Ermittler seit zehn Jahren an den Nasen herumführte.
    Am Tag nach dem Massaker wurde die Universität von Durrisdeer geschlossen. Die Studenten wurden auf andere Universitäten verteilt, um dort ihre Abschlussprüfungen abzulegen.
    Stu Sheridan, Frank Franklin und Patricia Melanchthon waren an diesem Tag im Büro des Colonels im Hayes Building zusammengekommen, um das gescheiterte Unternehmen im Einzelnen zu analysieren.
    Die Staatspolizei von New Hampshire kam einigermaßen ungeschoren davon. Sehr schnell wurde festgestellt, dass die FBI-Führung die Ermittlungen über die vierundzwanzig Toten vom 3. Februar an sich gerissen hatte. Womit Sheridan und seine Leute aus dem Schneider waren. Nur die Bewohner von Concord waren darüber empört, dass man ein Massaker von solcher Tragweite, das nur wenige Kilometer entfernt geschehen war, vor ihnen verborgen hatte. Die Eltern der Opfer schickten Schmähbriefe an die Polizisten, weil

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