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Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
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da in Dänemark lassen wir mal schön unter den Tisch fallen. Nicht mal ich würde das so formuliert kriegen, dass es irgendjemand glaubt. Und das war’s, aus, fertig. Ich wollte nur wissen, ob du irgendwie in der Schusslinie bist oder nicht. Und das weiß ich ja jetzt.«
    »Du glaubst mir nicht richtig, oder?«, knurrte Tabori mehr feststellend als fragend. »Hör mal, Lepcke, warum sollte ich dir irgendeinen Blödsinn erzählen, das macht keinen Sinn! Es war genauso, wie ich es gesagt habe. Und falls ich jetzt ein Alibi brauche, zur Tatzeit war ich im Hotel, und zwar in beiden Fällen, du kannst gerne anrufen, wenn du das bestätigt haben willst.«
    Er wusste selber, dass er unnötig aggressiv klang, aber die Sache ging ihm tatsächlich an die Nieren, und dass ausgerechnet Lepcke Zweifel an seiner Aussage hatte, verletzte ihn mehr, als er sich eingestehen wollte.
    Aber bevor Lepcke noch mal antworten konnte, knallte die Tür gegen die Wand und Bohnenkamp kam auf sie zugestürmt. »Wenn ihr euren Plausch vielleicht irgendwo anders fortsetzen könntet, Leute, ich hab zu tun!« Er hob den Kopf und zog die Luft durch die Nase. »Das ist frech, sogar für eure Verhältnisse! Ihr habt in meinem Obduktionssaal geraucht! Das ist …«
    »Halt’s Maul«, sagte Lepcke nur, während er auf den Ausgang zusteuerte, ohne auf Tabori zu warten.
    »Wie war das? Ich glaube, ich höre irgendwie schlecht!«
    Tabori nahm das eingeschweißte Skalpell, das immer noch auf dem Tisch lag, und schob es in die Innentasche seiner Lederjacke.
    »He, das ist Aneignung von Landeseigentum!«, kam es augenblicklich von Bohnenkamp
    »Schreib einen Bericht«, flüsterte Tabori nahezu tonlos. »Oder noch besser, beschwer dich gleich bei deinen Freunden ganz oben, wenn du das nächste Mal mit ihnen Golf spielst. Oder trefft ihr euch inzwischen im Saunaclub?«
    Billig, dachte er, während er den Raum verließ. Das hätte noch nicht mal für einen schlechten Dialog im Fernsehen gereicht, du lässt nach, Tabori!
    Als er sich vor der Tür eine neue Zigarette anzündete, zitterten seine Hände. Nicht stark, aber es irritierte ihn trotzdem. Er beschloss, zu Fuß nach Hause zu laufen. Ein Spaziergang würde ihm gut tun. Er musste nachdenken, irgendetwas gab es, was er übersehen hatte.
    Eine tote Taube lag mit verdrehtem Kopf im Rinnstein. Tabori überquerte die Straße, um sich in der Bäckerei gegenüber erst noch einen Kaffee zu holen. Das Plakat im Schaufenster warb mit dem Satz: COFFEE TO GO – JETZT AUCH ZUM MITNEHMEN!

4
    »Mein T-Shirt steht dir«, lachte Lisa, als Tabori die Spaghetti verteilte und das Olivenpesto auf den Tisch stellte. »Warst du damit auch im Präsidium?«
    »In der Gerichtsmedizin«, präzisierte Tabori und nickte.
    »Gab es da nicht diesen aufgeblasenen Fatzke, der als Hobby alles aus seinen Leichen schneidet, was man vielleicht noch mal unter der Hand verkaufen kann? Wir waren doch mal auf einer Party bei ihm, wo er mir stolz seinen Keller gezeigt hat, mit den Regalen mit Herzschrittmachern und künstlichen Hüftgelenken und …«
    »Bohnenkamp«, bestätigte Tabori. »Es gibt ihn immer noch.« Er schob sich eine Gabel Spaghetti in den Mund. »Heute hat er Lepcke nahe gelegt, mir die Kehle durchzuschneiden.« Tabori grinste und zog das Skalpell aus der Jacke, die über der Stuhllehne hing.
    »Aber Lepcke hat sich nicht getraut?«
    »Hör auf, Lepcke ist okay.«
    »Sagst du!« Lisa zog das Skalpell aus der Plastikfolie und drückte die Klinge in ihre Spaghetti. »Funktioniert.«
    »Ich schenke es dir. Aber ich hab dir noch was mitgebracht. Hier, vom Strand …«
    Er legte ein Spielzeugauto auf den Tisch. Ein Matchbox-Modell, ein Jeep ohne Vorderräder, auf dessen blank geschliffenem Metall sich Miesmuscheln und Seepocken festgesetzt hatten.
    »Sieht gut aus«, sagte Lisa und platzierte das Modellauto als Briefbeschwerer auf der Post vom Morgen. »Keine alten Gummihandschuhe diesmal?«, fragte sie dann mit leicht spöttischem Grinsen.
    »Keine Gummihandschuhe«, lachte Tabori, »obwohl ich ein paar feine Exemplare gefunden habe. Ich habe sie als Witz mal mit Sand gefüllt und am Flutsaum aufgestellt. Einer, der alle fünf Finger hochhält, einer, der ein Peacezeichen macht, einer mit ausgestrecktem Mittelfinger. Ich habe ein paar Fotos davon, zeige ich dir später.«
    »Mit anderen Worten: Du hast dich bestens amüsiert und die Möwen erschreckt.«
    »Nicht nur die Möwen! Auch ein paar dänische Rentner!«
    Sie setzten ihr

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