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Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
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Lenkrad.
    Der Ducato – ein ausrangierter Paketlieferwagen, der Lisabei ihren Hundeeinsätzen auch als Wohnmobil diente – ließ eine schwarzblaue Dieselwolke in der Einfahrt zurück, bevor er lärmend beschleunigte. Vor wenigen Wochen erst hatte ihre Autowerkstatt ihnen angekündigt, dass die Tage des gelben Kastenwagens wohl gezählt sein würden: »Die Maschine wird auch noch mal hunderttausend laufen, aber drumrum fällt euch demnächst alles ab. Es ist ein Fiat, Leute, da ist nichts zu machen.«
    Durch das geöffnete Seitenfenster hörte Tabori das enttäuschte Heulen der drei anderen Hunde, die in ihrem Zwinger zurückbleiben mussten. Rinty blaffte von hinten eine kurze Antwort.
    Tabori fischte seine Zigaretten aus der Lederjacke, musste sich im nächsten Moment aber schon am Armaturenbrett festklammern, als Lisa irgendeinem SUV rücksichtslos die Vorfahrt nahm.
    »Ich bin da über was gestolpert«, leitete Lisa ihren angekündigten Bericht ein. »Lepcke hat dir nur von der Sache mit der Tierquälerei erzählt, richtig?«
    Tabori nickte, während er misstrauisch beobachtete, wie Lisa den Fiat auf die Straßenbahnschienen lenkte, um ein Taxi zu überholen, das zumindest nach Taboris Einschätzung schon deutlich die vorgeschriebene Geschwindigkeit überschritt. Als der Ducato zurück auf die Fahrspur wechselte, stieß Tabori erleichtert die Luft aus.
    Lisa warf ihm einen spöttischen Seitenblick zu. »Du bist eindeutig zu lange in Dänemark gewesen. Das tut dir nicht gut.«
    »Aber es schont die Nerven, glaub mir …«
    »Also, pass auf, es ging nicht nur um Tierquälerei, da warnoch mehr. Ich hab einen Zeitungsartikel dazu gefunden. Greif mal ins Handschuhfach, da muss die Kopie liegen.«
    Tabori brauchte einen Moment, bis er den entsprechenden Zettel zwischen Lisas Zigaretten, mehreren aufgerissenen Packungen Fisherman’s Friend, verschiedenen Sorten Hundeleckerlis und Stapeln von Tankquittungen und Ordungsamts-Mitteilungen wegen Falschparkens gefunden hatte.
    Er faltete das Din-A4-Blatt auseinander. Als er anfing zu lesen, stieß er unwillkürlich einen Pfiff aus.
    »
Der anonyme Hinweis auf angebliche Skandale an der Polizeihundeschule in der Ortschaft Bennemühlen hat sich als haltlos erwiesen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hannover ergab sich nach der Befragung von Zeugen kein Hinweis auf sexuelle Erniedrigungen oder Nötigungen von Hundeführerinnen. Bei einigen der in dem anonymen Brief genannten Vorfälle handelt es sich nach diesen Justizangaben um ›Erstlingshundeführertaufen‹ am Ende von Lehrgängen, die jedoch von allen Beteiligten als ›Mordsspaß‹ empfunden worden seien. Von den zwölf Polizistinnen, die in den letzten drei Jahren in Bennemühlen ausgebildet wurden, waren neun von erfahrenen Staatsanwältinnen zu den Vorwürfen befragt worden. Diese Befragungen hätten keine Hinweise auf strafrechtliches Fehlverhalten ergeben. Die nicht befragten Beamtinnen waren für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
    Der anonyme Briefschreiber hatte behauptet, junge Polizisten hätten in Bennemühlen Urin trinken und aus Essensresten und Abfällen gemischte Speisen essen müssen. Außerdem wären sie von Vorgesetzten regelmäßig zu ›perversen Sexspielen‹ gezwungen worden. Die befragten Frauen berichteten jedoch ausnahmslos, ihnen sei davon nichts bekannt.
    Bestehen bleibt allerdings der Vorwurf der Tierquälerei. Ein Polizeibeamter soll während der Diensthundeausbildung ein Stromimpulsgerät wiederholt auf zu hoher Stufe (13 von 15) angewandt haben. Stromimpulsgeräte gehören zu einer gängigen Methode der Ausbildung von Diensthunden, gelten aber normalerweise als ›wenig belastend‹ für die Hunde. Dennoch hat die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung eingeleitet.
«

5
    »Aus welcher Zeitung hast du das?«, fragte Tabori, nachdem er auf dem Blatt vergeblich nach dem Zeitungsnamen oder einer Datumsangabe gesucht hatte. »Lepcke hat kein Wort davon erwähnt. Und der Artikel, der an mich adressiert war, muss später erschienen sein. Da war der Hundeausbilder bereits vom Vorwurf der Tierquälerei freigesprochen. Freispruch, aber 200 Euro Geldbuße wegen einer Ordnungswidrigkeit, eben diese Geschichte mit den Stromschlägen. Von den anderen Sachen war nie die Rede. Gibt es einen Namen von dem Hundeausbilder?«, stellte Tabori die nächste Frage, noch bevor Lisa antworten konnte. Sie warf ihm einen Blick zu, der unmissverständlich sagen sollte: Vielleicht benutzt du einfach mal deinen

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