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Kein Fall für Mr. Holmes

Kein Fall für Mr. Holmes

Titel: Kein Fall für Mr. Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney Hosier
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einer Menge gutmütiger Neckereien aus. Doch da sie andererseits ehemalige Seefahrer waren (eine überaus abergläubische Spezie), unterließen sie es nie, sich zu erkundigen, was uns die alte Dame offenbart hatte. Das waren, so fürchte ich, nichts weiter als allgemeine Phrasen darüber, was sich innerhalb eines beliebigen Zeitraumes zutragen könnte oder auch nicht.
    »Ja, genau, Bessie Muldoon«, bestätigte Vi mein Erinnerungen nickend. »Sie war eine gute alte Seele, unsere Bessie«, fügte sie mit einem Lächeln hinzu und war zufrieden, daß sie mein Interesse geweckt hatte. »Nachdem du weggezogen warst, habe ich diese merkwürdigen Besuche allein gemacht. Nicht oft, aber gelegentlich schaute ich bei ihr vorbei, eigentlich eher, um zu sehen, wie’s dem alten Mädchen so ging.«
    Sie schwieg einen Moment lang und hielt ihren Zeigefinger in die Luft. Der Grund dafür lag, so nehme ich an, darin, daß sie ihre Segel in eine andere gedankliche Richtung setzen wollte, bevor sie einen neuen Kurs einschlug. Ich wartete und versuchte, meine Wut über ihre Abschweifungen unter Kontrolle zu bringen. Was, zum Teufel noch mal, all dies mit dem Tod von Lady St. Clair zu tun hatte, wollte mir beim besten Willen nicht einleuchten, und ob es meiner alten Freundin klar war, blieb abzuwarten. Ich versuchte dennoch, meine Verärgerung so gut wie möglich zu verbergen, während ich darauf wartete, daß sie fortfuhr.
    »Nein, das ist nicht wahr«, sagte sie schließlich. »Die Sache war die, daß ich da immer weiter hineingezogen wurde, könnte man sagen, in all diesen psychischen Firlefanz. Bessie hat mir sogar – mehr als einmal – gesagt, ich selbst hätte auch die Gabe.«
    »Und worin genau besteht deine Gabe?«
    »Man nennt das so, Liebes, wenn du psychische Kräfte hast. Also, das war so: Eines Abends – das war kaum einen Monat, bevor sie starb, die Arme – tranken Bessie und ich eine schöne Tasse Tee oben in ihrem Wohnzimmer, und ich erzählte ihr etwas, das ich keiner Menschenseele je zuvor erzählt hatte.«
    »Aha, und was war das?«
    »Nun, ich lag einmal nachts in meinem Bett, hab’ nicht geschlafen, war aber auch nicht so richtig wach, wenn du weißt, was ich mein’, als ich dieses merkwürdige Gefühl hatte, nach oben zu schweben. Wie ich sagte, ich lag noch immer im Bett. Da war ich absolut sicher, denn als ich nach unten schaute – da lag ich!«
    »Da lagst du?«
    »Ja! Ich lag noch immer in meinem Bett! Aber mein Geist, oder was auch immer, schwebte oben an der Decke und schaute auf mich runter! Du kannst dir vorstellen, was ich für’n Bammel hatte.«
    »Ich hatte auch schon so manchen Alptraum«, sagte ich.
    »Alptraum!« rief sie aus. »Das war kein verflixter Alptraum. Das ist wirklich passiert!«
    Ich wollte etwas erwidern, verpaßte aber die Gelegenheit. Wenn Vi erst einmal mit vollen Segeln fuhr, gab es kein Aufhalten mehr.
    »Und das ist lange noch nicht alles«, fuhr sie in eben solch beseelter Art und Weise fort. »Wie kann ich zu ein und derselben Zeit an zwei Orten gleichzeitig sein, frag’ ich mich. Das ist doch nicht natürlich. Und dann denk’ ich, genau, das ist es, altes Mädchen, du bist tot. Aber ich konnte nicht im Himmel oder dem anderen Ort sein, denn ich war ja immer noch in meinem Schlafzimmer! Das war alles sehr verwirrend. Aber ich wußte einfach, frag mich nicht woher, wenn ich nur zurück in meinen Körper kommen könnte, wäre alles wieder in Ordnung. Und mit dem Gedanken im Kopf, war ich – schneller als du denken kannst – wieder im Bett. Nun, was hältst du davon?«
    »Außergewöhnlich!« rief ich, was das erste zutreffende und gleichzeitig unverbindlichste Wort war, welches mir in den Sinn kam.
    »Tja, das kann man wohl sagen. Also, so was konnte ich natürlich nicht lange für mich behalten, oder? Da mein Bert nicht mehr lebte, war Bessie die einzige, an die ich mich wenden konnte. Sie schien nicht im geringsten überrascht. Sagte, ich hätte eine A.K.E. gehabt. Komm, fragte ich, was soll das denn heißen – Absolut Komische Erhebung? Ich dachte, das alte Mädchen war’ jetzt vollkommen übergeschnappt. ›Nein, meine Liebe‹, sagt sie mit ihrem breiten zahnlosen Lächeln, ›eine außerkörperliche Erfahrung, das hattest du.‹«
    »Natürlich!« antwortete ich aufgeregt. »Astrale Projektion!«
    »Ja, genau, astrale Projektion. Weiß ich jetzt alles drüber, dank Bessie. Die hat mir das alles erklärt. Aber du«, erkundigte sie sich, »woher kennst du

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