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Kein Fall für Mr. Holmes

Kein Fall für Mr. Holmes

Titel: Kein Fall für Mr. Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney Hosier
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sorgenvoll bemerkte, da ich später noch ihre Dienste benötigte, »möchte ich herausfinden, wie unser geheimnisvoller Mörder es geschafft hat, das Zimmer so schnell zu verlassen, und ohne daß ihn jemand gesehen hat.«
    »Und wie gedenkst du das anzustellen?«
    »Das«, sagte ich und erhob mich, »weiß ich nicht. Aber ich bin fest entschlossen, es zu versuchen.«
    »Ich verstehe«, antwortete sie mit einem weiteren Gähnen. »Nun, dann brauchst du mich ja wohl nicht, oder?« fragte sie und machte es sich wieder unter der Bettdecke bequem.
    »Eigentlich doch«, erwiderte ich mit einem Lächeln. »Du müßtest dich für mich auf eine Reise begeben.«
    Das rüttelte sie wach. »Eine Reise! Was soll das denn jetzt?« Sie beäugte mich argwöhnisch. »Worum geht’s hier überhaupt, hä?«
    »Du hast mir doch«, sagte ich einleitend, »von deinen außerkörperlichen Erfahrungen erzählt. Also, Mrs. Warner«, fuhr ich mit beschleunigtem Tempo fort, bevor Einspruch ihrerseits erhoben werden konnte, »jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um deine astrale Fähigkeit wieder einmal anzuwenden.«
    »Was meinst du damit?«
    »Alles, was ich von dir will, ist, daß du ›losschwebst‹, wie du es nennst, und zwar in das Schlafzimmer von Sir Charles und Lady Margaret.«
    Auf meine Bitte folgte zunächst ein verwirrtes Schweigen, bevor schließlich ein Sturm des Protestes über mich hereinbrach. »Was? Ihr Schlafzimmer? Oh, Em, das könnte ich nicht! Und überhaupt«, fuhr sie mit einem Blick auf die Kaminuhr fort, »wahrscheinlich sind sie um diese Zeit wahrscheinlich selbst schon dort.«
    »In der Tat, das sind sie«, antwortete ich mit ruhiger Stimme. »Ich hörte, wie sie vor kaum fünf Minuten hineingingen.«
    »Aha«, verkündete sie mit einem zufriedenen Lächeln, während sie sich erneut sorgfältig zudeckte, »na also, siehst du. Es wäre nicht richtig, oder? Und das, wo ich nicht mal anständig angezogen bin.«
    Was sollte ich nur mit ihr anstellen?
    »Aber, meine liebe Violet«, lautete meine verzweifelte Antwort, »sie werden dich doch weder sehen noch hören können, nicht wahr?«
    Meine einzige bedeutende Kritik an meiner alten Freundin betraf ihre Unfähigkeit, sich das Gesamtbild einer Situation vor Augen zu halten. Ich erinnerte sie an die junge Frau, die an diesem Morgen ermordet aufgefunden worden war, und an die erst wenige Stunden zurückliegende Beerdigung Ihrer Ladyschaft. Ich erklärte ihr, daß diese grausigen Ereignisse noch frisch im Bewußtsein aller Beteiligten waren und daß es keines Sherlock Holmes bedurfte, um sich darüber im klaren zu sein, welches das Gesprächsthema sein würde, sobald sich Sir Charles und Lady Margaret die Gelegenheit bot, in der Ungestörtheit ihres Schlafzimmers zu reden.
    Und nachdem ich sie an die Gesprächsfetzen erinnerte, die wir während des Dinners vernommen hatten und welche die Neigung sowohl des Colonels als auch des Squires zu einem Kartenspiel vor dem Schlafengehen betrafen, war ich schließlich in der Lage, Vi dazu zu bewegen, dem Spielzimmer ebenso wie dem Schlafzimmer des Baronets und seiner Gattin einen Besuch abzustatten.
    Unsere Politik des »offenen Ohres«, die wir bereits bei der privaten Unterhaltung der St. Clairs im Arbeitszimmer verfolgt hatten, war durchaus appetitanregend gewesen. Da ich mir über die Unwahrscheinlichkeit im klaren war, erneut soviel Glück zu haben, faßte ich den Entschluß, daß eine etwas verborgenere Vorgehensweise unter Nutzung der astralen Fähigkeit meiner Kameradin die bessere Lösung war.
    Ich konnte nicht umhin zu denken, wie sehr meine berühmten Mieter solch geistreiche Hilfe bei vielen Fällen, mit deren Aufklärung sie beauftragt gewesen waren, wohl begrüßt hätten – ungeachtet der Abneigung von Mr. H. gegenüber Angelegenheiten, die mit der Welt des Übernatürlichen in Verbindung standen.
    Was mich betrifft, die ich lediglich eine gewöhnlich Sterbliche und nicht in der Lage war, meine spiritistische Mitarbeiterin auf ihren erdentrückten Streifzügen zu begleiten, so befragte ich sie nach ihrer späteren Rückkehr überaus eingehend. Und mit Hilfe der Fülle von Notizen, die ich damals machte, bin ich nun in der Lage, die folgenden Ereignisse, so wie meine alte und getreue Freundin sie erlebt hat, schriftlich festzuhalten.
    Sie lag ziemlich regungslos auf dem Bett, die Handflächen nach unten gerichtet und die Arme zu beiden Seiten ausgestreckt. Bei geschlossenen Augen atmete sie zunächst regelmäßig ein und

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