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Kein Fall für Mr. Holmes

Kein Fall für Mr. Holmes

Titel: Kein Fall für Mr. Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney Hosier
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bleibt die Frage nach dem Wann. Und obwohl ich zugeben muß«, fuhr er in einer zwanglos lässigen Art fort, »an einem einzigen Abend an den Tischen in London mehr verloren zu haben als die hundert Pfund, die Sie mir schulden, so ist doch solch ein Betrag für einen Mann in Ihrer Position… nun, Sie verstehen, was ich meine.«
    Die Antwort des sichtbar erschütterten Colonels wurde dennoch in gemäßigtem Tonfall erteilt. »Ich habe Ihnen gesagt, Squire, daß Sie Ihr Geld bekommen werden. Noch vor Ende dieses Monats, wenn Sie unbedingt einen Zeitpunkt festlegen möchten.«
    »Vor Ende dieses Monats… ah, ich verstehe.« Ein wohlwissendes Lächeln lag auf den Lippen seines Gegners. »Ich nehme an, Sie denken an die Verlesung des Testaments Ihrer Ladyschaft. Falls ja, dann würde ich nicht allzusehr darauf bauen, alter Junge.«
    Rote Flecken erschienen auf zwei fleischigen Wangen. »Das genügt, Sir! Dieser Abend ist zu Ende!«
    Der alte Soldat, der die Worte hervorstieß, als hielte er einem Offiziersburschen eine Standpauke, rückte vom Tisch ab. Aber als er versuchte, sich zu erheben, merkte er zu seinem Verdruß, daß sein stattlicher Körper nicht in der Lage war, sich so ohne weiteres aus dem Sessel zu befreien.
    Der Squire versuchte, den peinlichen Moment zu überspielen, indem er ihn bat, zu bleiben und noch einen Drink zu sich zu nehmen.
    Der Colonel beäugte die gereichte Karaffe wie ein Kind, das ein Glas mit Süßigkeiten anschaut, zögerte aber nur einen kurzen Moment, bevor er die riesige Masse wieder fest in den Sessel setzte.
    »So ist’s richtig«, atmete Vi erleichtert auf. »Wir wollen doch nicht, daß du schon gehst. Ich hab’ von euch beiden bei weitem noch nicht genug gehört.«
    »Ich möchte Ihnen nur sagen, daß Sie möglicherweise am Ende des Testaments keinen Geldtopf vorfinden werden, und zwar aufgrund – wie es innerhalb der Familie bezeichnet wird – des ›Vorfalls‹«.
    »Vorfall? Welcher Vorfall? Keine Ahnung, wovon Sie reden, alter Junge.«
    »Ah, die Unschuld in Person!« lautete die spöttische Antwort des Squires. Mit wütender Verurteilung fügte er dann hinzu: »Guter Gott, Mann! Sie haben eine Kugel durch den Kopf meines Vaters gejagt und haben den Nerv, hier zu sitzen und mich zu fragen, von welchem Vorfall ich rede?« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Sie versetzen mich in Erstaunen, mein lieber Colonel. Wirklich.«
    »Was erzählst du nun schon wieder?« rief Violet aus. »Dieser alte Colonel Windbeutel hier hat tatsächlich Seine Lordschaft erschossen?« Beide Arme flogen mit einem Ausdruck der Sinnlosigkeit in die Höhe. »Ich versteh’ überhaupt nichts mehr.« Sie seufzte. »Scheint, als habe in diesem verflixten Haushalt jeder mehr Leichen im Keller versteckt, als auf einem verfluchten Friedhof zu finden sind!«
    »Wenn Sie sich auf diesen unglückseligen Jagdunfall vor einigen Jahren beziehen«, erwiderte der alte Mann kühl, »so war es genau das, ein Jagdunfall.«
    »War es das wirklich? Ach ja, Sie haben meinen Vater für einen Hirsch gehalten, sagten Sie damals, wenn ich mich recht erinnere«, lautete die sarkastische Antwort.
    »Dann erinnern Sie sich vielleicht auch daran«, fuhr ihn der Colonel hinter einer Wolke blauer Rauchschwaden scharf an, »daß ich es war, der das Leben Seiner Lordschaft während des Punjab-Feldzuges rettete! Und dafür…«
    »Und dafür«, betete der jüngere Mann nach, »gab mein Vater Ihnen freie Kost und Logis auf Haddley, und zwar bis an das Ende Ihrer Tage. Ja, ja, ich habe all das schon oft gehört. Aber das war nicht genug, nicht wahr? Im Laufe der Jahre muß es Ihnen in den Sinn gekommen sein, daß – wenn Seine Lordschaft aus dem Weg geräumt wäre – eine Heirat zwischen Ihnen und Ihrer Ladyschaft nicht mehr unmöglich sei. Ergo: der ›Jagdunfall‹. Hab’ ich recht oder nicht, Colonel?«
    »Bei Gott, Sir, Sie haben ja eine ganz schöne Phantasie! Sie haben Ihren Beruf verfehlt, wirklich, Sir. Sie sollten für diese Revolverblätter schreiben, das wär’ was für Sie!«
    »Aber Ihre Ladyschaft hat Sie abgewiesen, nicht wahr, alter Junge?« drängte der Squire und ignorierte die spitzen Bemerkungen des Colonels.
    Der ältere Offizier betrachtete ihn kühl. »Sie hat mit Ihnen darüber gesprochen?«
    »Nicht ausführlich. Aber ich wußte es. Wir alle wußten es. Sehen Sie, während Sie die Rolle des liebeskranken Schwans gespielt haben, haben Sie nicht gemerkt, daß meine Mutter im Grunde ihres Herzens nie

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