Kein Fleisch macht gluecklich
nicht so hoch werden, kann es schon sein, dass dieses ganz natürliche System ohne Jagd funktioniert. Aber überall dort, wo man forstliche Zielsetzungen hat, wo man Wald und Wildbestände beeinflusst, dort muss man auch jagen, um das Verhältnis von Lebensraum und Wilddichte zur Zufriedenheit aller Interessen zu regeln, davon sind wir überzeugt.«
Auch Derk Ehlert sieht das Gebot zur Jagd menschlichen Interessen geschuldet: »Natürlich muss der Bestand reduziert werden, wenn man die Schäden am Wald sieht. Wenn man nicht bejagt, nehmen die Schäden zu. Das ist aber alles dem Wirtschaftswald gedient. In Flächen, die nicht bejagt und nicht bewirtschaftet werden, pendelt sich das ein. Wäre ja auch merkwürdig, wenn die Natur das nicht schaffen würde. Wir leben aber unter wirtschaftlichen Zwängen. Die bringen uns dazu, tätig zu werden, weil sonst Klagen und Entschädigungsansprüche anstehen.«
Eigentümer land- oder forstwirtschaftlich nutzbarer Grundstücke sind in Deutschland zwangsweise Mitglied in einer Jagdgenossenschaft und müssen dort die Bejagung durch Jäger d ulden, sofern sie auf ihrem Grundstück nicht selbst alleine jagdberechtigt sind. Und praktisch überall, wo tatsächlich Land- und Forstwirtschaft betrieben werden, wird auch gejagt. Wirtschaftlich ungenutzt bleiben in Deutschland nur 2 Prozent des Waldes.
Gehegt und gepflegt
Ursache für die hohen Bestände an Rehen und Hirschen und die daraus provozierte »ökologische Notwendigkeit« der Jagd oder der »Tierbestandsregelung« ist vor allem die Hege durch die Jägerschaft, etwa durch sogenanntes Kirren im Winter. Diese Lockfütterungen sind laut Jagdrecht in der praktizierten Menge und Intensität eigentlich gar nicht erlaubt, aber eher die Regel als die Ausnahme. »Wenn im Winter eine Notzeit erklärt wird, darf mehr als sonst erlaubt gekirrt, das heißt gefüttert werden«, sagt Derk Ehlert. Diese Fütterungen sollen verhindern, dass hungernde Tiere an die Bäume gehen und so den Wald schädigen. »Winterfütterungen helfen aber nicht gegen Verbissschäden«, sagt Elisabeth Emmert. »Die herkömmlichen Jäger behaupten das. Dass das Wild dann nicht mehr an der Vegetation knabbert, stimmt nicht, im Gegenteil. Wenn man zusätzlich füttert, dann fördert man die Reproduktionsrate.« Futtermais provoziere geradezu den Verbiss, weil Hirsche als Ausgleich zu dem trockenen Futter Bäume schälten. Derk Ehlert kennt das Problem ebenfalls, doch die Behörden stehen unter Druck. »Durch die Fütterungen kommen die hohen Bestände durch den Winter. Wenn man als Behörde die Notzeit allerdings nicht erklärt, drohen die, die den Wald forstwirtschaftlich nutzen, mit Klagen, und auch aus den Kreisen der Jägerschaft wurde schon geklagt.« Zwar wird die Wildfütterung gesetzlich immer weiter eingeschränkt, weil man die negativen Konsequenzen kennt, aber es wird nicht kontrolliert, und es kommt häufig zu illegalen Kirrungen.
Die Sorge der Jäger um die Wildbestände in strengen Wintern ist einleuchtend. »Der normale Durchschnittsjäger möchte hohe Wildbestände, da lässt es sich einfach jagen«, sagt Elisabeth Emmert. »Auch wenn der Jäger wenig Zeit hat oder die Wetterbedingungen nicht so günstig sind, sieht er trotzdem immer Wild und kann etwas erlegen. Zudem ist die Auswahl so größer, denn er möchte ja auch Trophäen bekommen. Das ist schon eine wichtige Motivation für den herkömmlichen Jäger.« Doch diese Haltung kritisiert der ÖJV: »Wir Jäger müssen da Abstriche machen und nicht nur hohe Wilddichten verlangen und dass wir leicht jagen können. Das kann nicht über den anderen Interessen zum Schutz und zur Nutzung der Wälder stehen.«
Wildschweinparadies
Bei den Wildschweinen (offiziell zur Strecke gebracht laut DJV-Jagdstatistik des Jahres 2010/2011: 585244) sind in den vergangenen Jahrzehnten die Bestände regelrecht explodiert. Während vor50 Jahren in Deutschland »nur« 50000 Wildschweine erlegt oder überfahren worden seien, seien es im Jagdjahr 2008/2009 fast 650000 gewesen, berichtet Derk Ehlert. Er sieht die Landwirtschaft als Hauptverursacher dafür, dass es so viele Schwarzkittel gibt. »Das Angebot an Mais und Raps ist ein Eldorado für Wildschweine. Und durch die Biogasanlagen wird noch mehr Mais angebaut. Teilweise wird der auch erst im Winter geerntet und steht so als Nahrung noch länger zur Verfügung. Die Sauen haben im Mais zudem die Möglichkeit, sich zu verstecken, und entziehen sich so der Jagd. In ein
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