Kein Fleisch macht gluecklich
Regenbogenforelle zugelassen.
Die Vorbereitung auf die Schlachtung ist bei Zuchtfischen häufig ebenso wenig tiergerecht: Das Zusammendrängen der Fische, der Transport über Pumpen oder in Tanks, die vorübergehende Entnahme aus dem Wasser und besonders das Herausnehmen großer Mengen aus den Netzgehegen kann zu großem Stress und Verletzungen führen. Damit die Fische beim Transport durch einen verlangsamten Stoffwechsel weniger aktiv sind und die Wasserqualität der Transportbehälter durch ihren Kot nicht so beeinträchtigt wird, müssen die Tiere zudem einige Tage zuvor fasten.
Dreidimensionale Massentierhaltung
1970 stammten laut der Welternährungsorganisation FAO gerade einmal 4 Prozent der Fische und »Meeresfrüchte« aus der Zucht. Inzwischen ist es mit etwa 55 Millionen Tonnen im Jahr etwa die Hälfte aller vom Menschen verspeisten Meerestiere. Den größten Anteil an der Fischzucht nehmen mit etwas über 50 Prozent die Süßwasserfische wie der zu den Buntbarschen zählende Tilapia sowie Karpfenartige und Welse wie der Pangasius ein. Vietnam produziert 90 Prozent des Pangasius. Gut ein Viertel der in Aquakulturen gezüchteten Tiere sind Weichtiere wie Seeohren (eine Meeresschnecke), Miesmuscheln und Austern. Der Anteil von Krebstieren wie Garnelen, Wanderfischen wie Lachse und Meerforellen sowie von anderen Meeresfischen liegt zum Teil deutlich unter 10 Prozent.
Aquakultur reicht von Netzgehegen im offenen Meer bis zu geschlossenen Tanks an Land. Manche Arten lassen sich nicht künstlich züchten. Aale oder Thunfische werden daher als Jungfische in der Natur gefangen. Wie man es aus anderen industrialisierten Tierhaltungssystemen kennt, kontrollieren auch hier häufig Hightech-Systeme Futter, Licht und Wachstum. Um das Wachstum zu beschleunigen und das Fortpflanzungsverhalten zu ändern, nutzt man zudem Medikamente, Hormone und Gentechnik. Die Nutztierhalter in der Aquakultur ziehen keine verhaltensbiologischen Kriterien heran, um das Wohlbefinden der Tiere zu beurteilen. Ihnen reicht es, wenn es zu keinen offensichtlichen Erkrankungen kommt. Das gelingt allerdings zu Wasser oftmals ebenso schlecht wie an Land, denn in der intensiven Aquakultur ist die Besatzdichte ebenfalls sehr hoch, was zu den auch bei Landwirbeltieren bekannten Phänomenen führt.
Wenn sich Fische in der Natur in dichten Schwärmen aufhalten, sind alle Tiere in Bewegung. Das ist bei einem Schwarm intensiv gehaltener Zuchtfische kaum möglich. Eine reizarme, unstrukturierte Umgebung, fehlende Rückzugsmöglichkeiten, ein eingeschränktes Sozialverhalten, Verletzungen durch andere Tiere und das Becken sowie eine schlechte Wasserqualität verursachen Dauerstress und erhöhen damit die Infektionsgefahr. Der Befall mit Parasiten ist daher ein großes Problem, zumal diese sich in der Enge leicht ausbreiten können. Die Besatzdichte in vietnamesischen Pangasius-Zuchtteichen reicht von 20 bis zu 80 Fischen je Kubikmeter Wasser. Gegen das Infektionsrisiko aufgrund der hohen Tierdichte setzen die Halter Unmengen an Antibiotika ein, die häufig ungefiltert in die Umwelt gelangen und zur Resistenzentwicklung von Krankheitserregern führen können. Nur 0,2 Prozent des Pangasius stammen aus ökologischen Aquafarmen. In allen Fischfarmen verbreitet sind Meerläuse, die Haut und Schuppen verletzen, sodass die Fische von weiteren Infektionen befallen werden können. Züchter bekämpfen Meerläuse mit Chemikalien, allerdings haben sich auch hier schon Resistenzen ausgebildet.
Eine biologische Alternative zu diesen Chemikalien wären sogenannte Putzerfische, die Parasiten von der Hautoberfläche anderer Fische fressen, allerdings wären die Putzerfische unter den unnatürlichen Bedingungen ebenfalls großem Stress ausgesetzt. Bei Lachsen und Regenbogenforellen kommt es aufgrund aggressiver Auseinandersetzungen oft zur Flossenfäule. Und natürlich sind auch hier, wie bei den Nutztieren zu Lande, reichlich Medikamente im Einsatz. Fadenscheinige Argumente, die etwa bei Raubfischen vor einer zu geringen Besatzdichte warnen, weil die Tiere sich dann aufgrund des einsetzenden Territorialverhaltens gegenseitig noch mehr verletzen würden, klingen vertraut. Warum kupiert man eigentlich bei Fischen »aus Tierschutzgründen« noch nicht die Flossen und Schwänze? Es liegt auf der Hand, dass wandernde Arten wie Lachse, Forellen, Aale und Thunfische selbst in extensiven Biozuchten nie artgemäß gehalten werden können. Und über die Bedürfnisse anderer
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