Kein Fleisch macht gluecklich
Tiere irgendwo verletzt im sogenannten Wundbett liegen. »Da können Sie davon ausgehen, dass sich das Tier unglaublich quält«, sagt Derk Ehlert. Gerade bei Gesellschaftsjagden oder der Jagd in der Dämmerung werden häufiger die Tiere nur angeschossen. »Im Gesetz steht, dass nach jedem nicht sicheren Schuss eine Nachsuche erfolgen muss«, sagt Derk Ehlert. Doch er bezweifelt, dass diese auch immer erfolgt. Der Prozentsatz an angeschossenen Tieren bleibt nebulös. Offiziell ist er meist gering. Doch bei vielen Jagden, bei denen er dabei war, waren sich selbst gestandene Jäger oft sicher, dass sie danebengeschossen hatten, bevor ein Nachsuche-Hund das Gegenteil bewies. Derk Ehlert plädiert daher für das Prinzip, dass jeder Schuss, der nicht zum unmittelbaren Erlegen eines Tieres geführt hat, grundsätzlich nachgesucht wird. »Diese Haltung gibt es bei vielen. Bei vielen allerdings auch nicht, denn es ist sehr aufwendig. Bei Bewegungsjagden sind da 20 Hunde und 100 Jäger. Da könnte man gleich die Jagd abbrechen. Außerdem sind verletzte Sauen das Gefährlichste, was man sich vorstellen kann.«
Wildschwein vs. Mastschwein
Und wie ergeht es dem Tier, wenn der erste Schuss »sitzt«? Eigentlich verlangt sowohl das Tierschutzgesetz als auch das EU-Hygienerecht, dass nur Schüsse abgegeben werden, die wirklich tödlich sind, wie sogenannte Blattschüsse, bei denen der Tod nach vier bis sechs Sekunden eintritt, weil lebenswichtige Organe oder Gefäße zerstört werden. Doch letztlich sei die Diskussion, wie man tierschutzgerecht töte, ohnehin absurd, findet Derk Ehlert, »denn Töten ist Töten«. Da stellt sich für ihn eher die Grundsatzfrage, ob man es überhaupt verantworten kann, Fleisch zu essen. »Ich bin kein Vegetarier, ich bin überzeugter Fleischesser, aber ich hab das ganz erheblich reduziert, seitdem ich mich mit der Jagd befasse. Und wenn ich was esse, dann gezielt Wildfleisch. Sitzt der Blattschuss, dann hat das Tier gerade noch Eicheln gefressen, noch fünf Sekunden gelitten und ist dann tot umgefallen. Für mich besteht der Unterschied zu Schlachttieren nicht in der Art des Tötens, sondern in der Art des Lebens davor. Nur wenn ich diese Vergleiche heranziehe, ist es für mich selbst in Ordnung. Beim ersten Mal habe ich das schwer verkraftet, das Töten mitanzusehen. Das Tier muss dann aufgebrochen, also ausgeweidet werden, dann wird das Fell über die Ohren gezogen. Ist schon für einen Stadtmenschen etwas Ungewohntes, wenn man überall Jäger sieht, die Messer in der Hand halten und die Innereien rausziehen. Ich fand das zu Anfang extrem eklig. Jäger essen zwar auch Schweinefleisch, das nicht gejagt wird. Ich behaupte dennoch, dass der Jäger, der ein Tier selber erlegt, einen stärkeren Bezug zur Natur hat als viele, die im Supermarkt Fleisch einkaufen gehen.«
Schwer im Magen
Wildfleisch ist sicher das ökologisch gesehen unbedenklichste Fleisch, der Anteil am gesamten Fleischverzehr beträgt jedoch noch nicht einmal 2 Prozent. Wild enthält weniger ungesunde Fette als Fleisch von Masttieren, keine Antibiotika, und die Tiere leben meist viel gesünder als Tiere in der industriellen Produktion. Dennoch gibt es gesundheitlich Bedenkliches über Wild zu lesen. Wildschweine sind in manchen Regionen noch mit radioaktivem Cäsium aus Tschernobyl belastet, das Fleisch darf dann zum Teil nicht verkauft werden. Zudem gehört Wild zu den am meisten mit Blei belasteten Lebensmitteln. Wildschweine nehmen als Pilzfresser ohnehin größere Mengen des natürlich vorkommenden Schwermetalls auf. Aber eine wesentliche Ursache für den hohen Gehalt sieht das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in der bei der Jagd verwendeten Bleimunition, die im Wildbret winzige Bleipartikel hinterlassen kann. Durch das großzügige Entfernen des Fleisches um den Schusskanal herum lässt sich wohl einiges entfernen, jedoch nicht alles. Und unnötigerweise Fleisch wegzuschneiden, sei ja auch nicht sinnvoll, findet Elisabeth Emmert. »Wenn wir ringsum 30 bis 40 Zentimeter wegschneiden, ist ja das halbe Reh weg.«
Blei gilt, anders als andere »Umweltkontaminanten«, bereits in geringster Dosierung als schädlich. Bei Kindern kann es die Nerven und bei Erwachsenen die Nieren schädigen. Laut einer Veröffentlichung des BfR wurde in Wildschweinfleisch bis zu 4,7 und in Wildentenfleisch bis zu 3,2 Milligramm je Kilogramm gefunden. Bei den meisten anderen Lebensmitteln liegt der Bleigehalt weit unter 1 Milligramm. Da aber
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