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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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und der Aschanti hatten den besoffenen Zaches auf den Billardtisch gebettet; die Kellnerin Lucy hatte eine Flasche Pommery fallen lassen. Lucy und Tshato waren gegen zwölf gegangen; gegen halb zwei hatte Matzbach die letzten Gäste an Land eskortiert – Erler plus zwei Leute und ein älteres Paar. Auf der Uferstraße hatten zwei bestellte Taxis gewartet, deren Dieselgrollen von der Backsteinmauer unterhalb der Uni-Bibliothek prallte und hallte. Matzbach erinnerte sich an zwei streunende Hunde, die rheinaufwärts – Richtung Bundestag – Uferbäume benetzten; aus einem nahen Geäst war ein zeternder Vogel zu einer Laterne geflattert: kein Käuzchen. Nach Abschließen des Geländertors war Matzbach zurück an Bord gegangen, hatte mit Yü aufgeräumt, Kasse gemacht, längliche Gin-Tonics getrunken und zwei Partien Schach gegen den Chinesen verloren.
    Die Nacht war still und warm; in der Ferne knurrten einzelne Autos. Matzbach blieb auf den Knien, hielt die Augen geschlossen und versuchte, sich weiter zurück zu erinnern. Er wußte wenig über den Toten, zu wenig, um Spekulationen über Feindschaften anstellen zu können; daß man die Leiche ausgerechnet vor der
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deponiert hatte, wirkte jedoch wie eine dunkle Drohung – wer hatte etwas gegen Albo, wer gegen die
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, wer womöglich gegen beide? Oder gegen Einzelpersonen an Bord des Schiffs?
    Nomey Tshato, Aschanti, angeblich Fürstensohn, Schiffskoch mit britischem Paß und Abneigung gegen Seßhaftigkeit, seit fünf Jahren in Deutschland; er hatte in etlichen Toprestaurants gearbeitet, erstklassige Referenzen, konnte woanders erheblich mehr verdienen, kochte aber seit einem halben Jahr für 3000,- pro Monat in der
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seine wahnsinnigen Menüs – angeblich, weil er lieber auf einem Schiff seiner kulinarischen Phantasie gehorchen als an Land Cuisine nach Vorschrift betreiben mochte. Ach ja, und er lag in Lucys Schwimmdock zur Überholung seines Bugspriets, wie er sagte; die Kellnerin, 35, geboren und verwurzelt in Bonn, hatte ihn eines Tages angeschleppt und war sicher der Hauptgrund für Tshatos Verweilen. Gab es da düstere Vorgeschichten?
    Don Red Horse, Cheyenne, Kellner und Barmann, vorher Kunstreiter und Dompteur in einem Zirkus, der pleite gegangen war; davor GI in Deutschland, bei einer Pionierabteilung; er fuhr einen rostigen Pick-up, hauste in einer Bruchbude in Dransdorf, nahm gelegentlich eine Nase voll Koks und gab einen perfekten Chefbutler oder Majordomus ab. Über sein Seelenleben, seine erotischen Vorlieben, überhaupt seine Geschichte wußte niemand etwas.
    Oder Zaches? Der Zwerg – die Beine waren zu klein, alles andere normal und folglich im Verhältnis zu groß – behauptete, moldawischer Halbzigeuner zu sein und nach Jahren der Arbeit als Bodyguard und unterschätzter Rausschmeißer in einem Frankfurter Puff nun nach Australien zu wollen, aber zunächst noch zu Fuß durch Mitteleuropa; er war vor zwei Wochen aufgetaucht, nachts, neben Matzbach auf einen Barhocker geklettert und hatte sich nach irgendeinem Job erkundigt – Tellerwäscher, Rausschmeißer, Hilfskellner, Putzfrau, Mechaniker? Er hatte sogar einen Bootsführerschein. Matzbach war abgelenkt gewesen, als Zaches zu fragen begann – abgelenkt von einer anderen Frage eines anderen späten Besuchers, Vertreters der rheinischen Subkultur, der eben Mutmaßungen darüber anstellte, wieviel monatliche Schutzgebühr wohl der ungestörte Betrieb der
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den Besitzern wert sein mochte. Matzbach hatte geseufzt und ihm das Spielzeug, ein Schnappmesser, aus der Hand geschlagen, und Zaches hatte den Mann scheinbar mühelos hochgehoben und gesagt: »Also, nen Rausschmeißer brauchste nicht, Chef, aber vielleicht nen Handtuchhalter – falls du dir noch mal die Hände an ihm abwischen willst?« Seitdem hauste Zaches in einer der Kabinen des unteren Decks, half bei allem, was anfiel, verschleppte mindestens jeden zweiten Abend eine andere hungrige Dame in seine Kajüte – »es ist das Große am Kleinen, sonst nix, Chef« – und besoff sich anschließend.
    Schutzgebühr? Matzbach dachte an einen anderen Fall, fünf Tage her. Diesmal war es ein Chinese gewesen, der sich gleich an Yü wandte und sehr freundlich lächelnd etwas sehr Freundliches, sehr Chinesisches sagte; und Felix Yü hatte einen entrückten, nahezu konfuzianisch-meditativen Gesichtsausdruck bekommen, sich plötzlich wie ein Panther um den Tresen herum bewegt (ohne daß einzelne Bewegungen zu sehen gewesen

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