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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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gestorben.«
    Matzbach wanderte durch den Raum, betrachtete Buchrücken, kam dann zurück zum Schreibtisch. »Und was genau paßt Ihnen denn nun nicht? Abgesehen davon, daß ein Hinscheiden schon arg pittoresk sein müßte, um irgendwen zu begeistern?«
    Neumann lehnte sich gegen die Schreibtischkante und verschränkte die Arme vor der Brust. »Langsam und von vorn. Montags ruft mich die Haushälterin an. Ich bin zwar nicht der einzige, aber der engste Verwandte. Außerdem der einzige in Bonn und der einzige, mit dem er keinen Ärger hatte. Ich laß natürlich alles stehen und liegen und komm her. Der Arzt ist da, und alles ziemlich scheußlich. Onkel Carlo sitzt im Rollstuhl, dicht am Schreibtisch, so richtig Bauch an Kante, und um ihn rum – gah. Haben Sie gewußt ...«
    Matzbach hob die Hand. »Geschenkt. Ja ja, weiß ich. Darm und Blase und so was. Weiter.«
    »Von wegen geschenkt; mußte alles saubergemacht werden. Na ja. Ich red mit dem Arzt und der Haushälterin, dann ruf ich nen Bestatter an, der kommt und packt Onkel Carlo in die Kiste. Ende von Teil eins. Die Haushälterin zeigt mir ne Liste, die Onkel Carlo irgendwann mal gemacht hat, von wegen ›Im Fall meines Todes zu benachrichtigen‹. Wir denken uns nen Text für die Anzeige aus – dieser ganze Kram. Vier Tage danach wird er verbuddelt.«
    »Und ich war zum Glück nicht dabei«, sagte Matzbach. »Manche Feten werden ja erst durch die Abwesenheit bestimmter Personen erträglich.«
    Neumann schnitt eine Grimasse. »Abgesehen vom Saubermachen hatten wir bis dahin nix angefaßt hier. Das Testament enthält ein paar kleinere Dinge für andere, ne Abfindung für die Haushälterin, so was. Der Rest – alles für mich. Die Bude, die Bücher, die Knete, die Lebensversicherung.«
    »Na, herzlichen Glühwurm.«
    »Danke, danke. Ich bin also ...«
    Matzbach unterbrach. »Sie sind also der einzige mit Motiv; sind Sie auch einer mit Aschenbecher?«
    Neumann ächzte, stieß sich vom Schreibtisch ab und verschwand, vermutlich in der Küche; Matzbach grinste leicht und zündete ein Rauchopfer für Sumatras Tabakgötter an. »Weiter«, sagte er, als Neumann mit einem schweren Kristallpott zurückkam. »Ah, und danke.«
    »Bittebitte. Also, ich bin noch mal hergekommen, alles durchkucken, von wegen, ob hier noch was rumliegt, was beachtet werden muß oder jemand anders gehört oder so. Dann hab ich noch mal mit der Haushälterin geredet; die hat schon was Neues, ist nicht mehr hier. Und die hat mir ein paar Sachen bestätigt. Kommen Sie mal mit.«
    Neumann winkte Matzbach zu sich und ging Richtung Terrasse. »Also: Sie kommt montags ins Haus, Onkelchen sitzt tot im Rollstuhl, die Terrassentür ist angelehnt. Hier an der Tür, auf dem Teppichboden, ist ein bißchen Dreck – Lehm oder so. Hat sie automatisch weggemacht; ist ihr erst später wieder eingefallen. Wie kommt Lehm aus dem Garten in ein Zimmer, in dem bloß ein Gelähmter im Rollstuhl sitzt?«
    Matzbach ließ die Mundwinkel sacken, um die Miene rechtschaffener Anödung zu produzieren. »Wie kommt Spinat auf Dach? Kuh kann doch nicht fliegen. Schon recht, Junge, ist alles klar, aber doch nicht aufregend. Vielleicht hat ihn wer besucht.«
    »Nh-nh. Wenn die Haushälterin freitags geht, stellt sie die Klingel ab. Onkelchen wollte gar nicht erst in die Versuchung kommen, jemand reinlassen zu müssen.«
    »Na ja – wie wär’s mit Besuch durch den Garten?«
    »Da ist ringsrum ne Mauer. Können wir uns ja noch ankucken. Aber weiter. Sie sagt, als sie mich und den Arzt anrufen will, da muß sie erst mal das Telefon einstöpseln. Das war nämlich aus der Buchse raus.«
    Matzbach wedelte einen Rauchkloß beiseite. »Vielleicht wollte Kerlchen Carlo nach der Klingel auch das Telefon abstellen. Professoren der Philosophie sind manchmal komisch.«
    Neumann seufzte. »Sie wollen mich auf den Boden kriegen, was? Keine Sorge, da bin ich immer noch. Weiter.« Er ging zurück zum Schreibtisch und legte eine Hand auf die Lehne des Rollstuhls. »Das Dings hier wird mit zwei kompakten Batterien betrieben. Oder manuell. Die Batterien kann man mit nem Akku aufladen, aus der Steckdose. Hat die Haushälterin gemacht – zuletzt in der Nacht von Donnerstag auf Freitag. Sie sagt, als sie Carlo gefunden hat, war alles ausgeschaltet – also, die haben nicht etwa das ganze Wochenende über sinnlos Energie abgegeben, nee, anständig ausgeknipst. Aber sie und der Arzt, als sie Carlo bewegen wollen, stellen fest, die Batterien sind

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