Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Aktenkoffer und hinkte leicht. Matzbach wartete, bis der Besucher ratlos am Fuß der Doppeltreppe stand, dann rief er »Huhu, nach rechts bitte und hinauf!«
    Auch die Augen des Mannes waren hager, oder gierig. Er mochte Ende vierzig sein, nannte seinen Namen – Auerberg –, drückte Matzbachs Rechte mit der routinierten Schlaffheit des professionellen Händeschüttlers und folgte ihm brav zum Tresen.
    Nach den üblichen Morgenfloskeln über Wetter, Seegang, Schlagseite des Boots, Freundlichkeit schnellen Empfangs und Erlers gute Beziehungen nahm Auerberg den angebotenen Kaffee an, schmähte jede Form von Nikotin (worauf Matzbach sich die nächste Zigarre anzündete) und kam zur Sache.
    »Es ist ein bißchen, hm, heikel. Ich werde erpreßt.«
    »Was ist daran heikel? Politiker erpressen ist doch nichts Heikles.«
    »Für mich schon. Es kann mich das Mandat kosten.«
    Matzbach nickte. »Also viel Geld; da kommen wir der Sache näher.«
    Auerberg hob die Brauen. »Viel Geld? Na ja; Sie sollten eigentlich wissen, daß man als Abgeordneter ...«
    »Ich weiß, ganz arm, plus Fraktionsstab, plus Ausschuß für dies plus Gutachten für das. Und die ganzen Beziehungen. Meinen beileidigen Glückwunsch. Also?«
    Auerberg legte die Hände neben den Kaffeebecher, als ob er sie dort bis zu späterer Nutzung deponieren wollte. »Alles ziemlich wirr«, sagte er verdrossen. »Ich komme sowieso nur zu Ihnen, weil Erler sagt, Sie haben keine Lizenz, müssen also keine Spielregeln einhalten, und Sie sind Spezialist für schräge Sachen.«
    Matzbach hob die Schultern. »Ein jeder wie er kann. Ich habe mich auf meine Schwächen spezialisiert.«
    Auerberg lächelte flüchtig, ohne Beteiligung der Augen. »Na ja. Also, grob gesagt: Ein alter Kumpel und Genosse, der meinen Job haben will, erpreßt mich mit einer Jugendsünde. Ich habe ihm seit fünf Jahren zweimal jährlich fünfzigtausend gezahlt.« Er klopfte auf den Aktenkoffer. »Da ist die nächste Rate drin. Ich möchte, daß Sie das Geld überbringen und irgendwie dafür sorgen, daß diese auch die letzte Rate ist.«
    Matzbach blies eine lange Rauchgirlande an die Decke. »Mann!« sagte er schließlich. »Bevor ich mir den Kopf zerbreche,
was
man da tun kann, frage ich mich,
ob
ich da überhaupt etwas tun will. Sie wissen ja, ich hab keine Lizenz als Privatdetektiv oder derlei und darf also kein Honorar verlangen. Was wollten Sie mir steuerfrei aufdrängen?«
    Auerberg kaute auf der Unterlippe. »Zehn«, sagte er. »Bei Erfolg nochmal zehn.«
    Matzbach grinste. »Ah bah. Zweimal fünfzehn klänge besser.«
    Auerberg zögerte, hob dann die Schultern und sagte müde: »Na schön, was soll’s? Also zweimal fünfzehn. Schwarz, wenn’s denn sein muß.«
    »Muß sein. Ich muß aber ein bißchen mehr wissen. Zum Beispiel, woher das Geld kommt. Ich will keine blutigen Finger kriegen.«
    »Kein Sorge.« Er grinste schief. »Ich habe reich geheiratet. Sehr altes westfälisches Geld. Und meine Frau schätzt die mondänen Aspekte meiner Stellung so sehr, daß sie es sich notfalls einiges kosten läßt. Auch ohne Quittung.«
    »Westfalen? Wo genau?«
    Auerberg nannte ein Kaff; als Matzbach den Kopf schüttelte, präzisierte er. »Hinter Detmold bis zum Waldrand und dann rechts. Eher Lippe als Westfalen, wenn Sie Wert auf feine Unterschiede legen.«
    »Ach, da hinten, wo das Reservat anfängt? Mit Palisaden drum, damit die Eingeborenen sich nicht verlaufen? Bin ich vor Jahren mal auf dem Weg nach Hameln durchgekommen. Nette Ecke. Und da haben Sie ein Mandat?«
    »Sogar ein Direktmandat.«
    »Als Sozi? Die Gegend ist doch schwarz, oder?«
    Auerberg verzog das Gesicht. »Schon. Aber der Kollege von den Schwarzen ist ein Trottel.«
    »Das spielt doch in der Politik keine Rolle.«
    »Außerdem ist er evangelisch, und ich war früher mal katholisch.«
    »Ist das die Jugendsünde?«
    »Nee. Müssen Sie das alles so genau wissen?«
    Matzbach nickte stumm, und Auerberg berichtete widerwillig. Er war Jahrgang ’46, anno ’64 zur Bundeswehr gegangen, freiwillig, und Anfang ’68 ausgeschieden, »nach Überzeugungswandel«. In den Jahren zwischen Eintritt und Wandel hatte er in einer Ausbildungseinheit ein paar Untergebene »allzu grob angefaßt«; es war unter den Teppich gekehrt worden.
    »Und jetzt hat Ihr Kollege PG, wie heißt er gleich, Dengler? Also, der hat das irgendwie rausgekriegt, ja? Und als bedeutender Pazifist, heftiger Gegner von Blauhelmeinsätzen und so weiter wird Ihnen wohl die

Weitere Kostenlose Bücher