Kein Friede den Toten
ausgestellt, ohne länger darüber nachzudenken. Das hätte keine fünf Minuten gedauert. Kein vernünftiger Richter hätte ihn mir verweigert, es sei denn …«
Randal Horne wartete. Er schien fast zu hoffen, dass sie auf die richtige Lösung kam.
»Es sei denn, jemand von den Bundesbehörden – dem FBI oder der Bundesstaatsanwaltschaft – hätte sie zum Schweigen verdonnert.«
Horne räusperte sich und sah auf die Uhr. »Ich muss jetzt wirklich los«, sagte er.
»Ihre Mandantin hat früher mit uns kooperiert. Das weiß ich von Eldon. Plötzlich hat sie damit aufgehört. Wieso? Warum sollte sie es sich plötzlich anders überlegen, wenn man sie nicht dazu aufgefordert hat?« Sie blickte auf. »Warum interessiert sich das FBI für diesen Fall?«
»Das ist nicht unser Problem«, sagte er. Dann legte Horne die Hand auf den Mund, als sei er über seine eigene Indiskretion bestürzt. Ihre Blicke trafen sich, und sie wusste, dass er ihr einen Gefallen getan hatte. Er würde nicht mehr sagen. Aber er hatte genug gesagt.
Das FBI hatte ihn zum Schweigen gebracht.
Und vielleicht wusste Loren sogar, warum.
Als sie wieder im Wagen saß, ging Loren die Sache noch einmal im Kopf durch.
Wen kannte sie beim FBI?
Sie hatte ein paar Kontakte, aber niemanden, der ihr bei so einer Sache helfen würde. Ein spannungsgeladenes Kribbeln erfasste sie. Das war zweifelsohne eine große Sache. Das FBI interessierte sich für den Fall. Aus irgendeinem Grunde hatten sie die Frau gesucht, die sich als Schwester Mary Rose ausgegeben hatte. Offenbar hatten sie überall Stolperdrähte und Visitenkarten hinterlassen, sogar bei der Firma, die ihre Brustimplantate hergestellt hatte.
Sie nickte. Das waren natürlich nur Spekulationen, aber es passte alles zusammen. Angefangen beim Opfer: Schwester Mary Rose musste entweder flüchtig oder eine Zeugin gewesen sein. Sie war wichtig für das FBI.
Okay. Gut. Weiter.
Vor langer Zeit war Schwester Mary Rose (oder wie sie auch heißen mochte) untergetaucht – vor wie langer Zeit war schwer zu sagen, nach Auskunft von Schwester Katherine hatte sie aber sieben Jahre lang in St. Margaret’s unterrichtet. So lange musste es also auf jeden Fall her sein.
Loren brach ab und überlegte, was das zu bedeuten hatte. Schwester Mary Rose war seit mindestens sieben Jahren auf der Flucht. Hatte das FBI die ganze Zeit nach ihr gefahndet?
Wahrscheinlich schon.
Sie hatte sich ein verdammt gutes Versteck gesucht. Sie muss eine neue Identität angenommen haben. Wahrscheinlich in Oregon, in der konservativen Gemeinde, die Schwester Katherine erwähnt hatte. Wer weiß, wie lange sie dort war?
Spielt keine Rolle. Wichtig ist, dass sie vor sieben Jahren in den Osten gekommen ist – aus welchem Grund auch immer.
Loren rieb sich die Hände. Oh, das war gut.
Schwester Mary Rose ist also nach New Jersey gekommen und hat anfangen, in St. Margaret’s zu unterrichten. Nach allem, was man hört, war sie eine gute Lehrerin und Nonne, fürsorglich und hingebungsvoll und hat ein ruhiges Leben geführt. Sieben Jahre vergehen. Vielleicht glaubt sie, dass sie jetzt in Sicherheit ist. Vielleicht wird sie unvorsichtig und nimmt Kontakt zu jemandem auf, den sie aus ihrem früheren Leben kennt. Wie auch immer.
Auf jeden Fall hat ihre Vergangenheit sie irgendwie eingeholt. Jemand muss erfahren haben, wer sie ist. Und dann bricht dieser Jemand oder ein Handlanger von ihm in ihr kleines Klosterzimmer ein, foltert sie und erstickt sie mit einem Kissen.
Loren wartete einen Moment lang, fast als wolle sie so etwas wie eine Schweigeminute einlegen.
Okay, dachte sie, und jetzt?
Sie musste die Identität vom FBI bekommen.
Aber wie?
Das Einzige, was ihr einfiel, war ›Eine Hand wäscht die andere‹. Aber was hatte sie anzubieten?
Zum Ersten Matt Hunter.
Vermutlich lag das FBI mindestens ein oder zwei Tage zurück. Hatten sie die Anruflisten schon? Wohl kaum. Und selbst wenn sie dem Anruf bei Marsha Hunter nachgegangen waren, wussten sie dann etwas von der Verbindung zu Matt Hunter?
Mit ziemlicher Sicherheit nicht.
Als Loren auf den Highway fuhr, griff sie nach ihrem Handy. Es war aus. Sie verfluchte das verdammte Ding. Die größte Lüge – zusammen mit »Der Scheck ist in der Post« und »Wir freuen uns auf Ihren Anruf« – ist die angegebene Akkulaufzeit eines Handys. Ihres sollte eine Woche empfangsbereit sein.
Wenn sie Glück hatte, hielt das Mistding gerade 36 Stunden durch.
Sie klappte das Handschuhfach
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