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Kein Friede den Toten

Kein Friede den Toten

Titel: Kein Friede den Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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St. Margaret’s?«
    Loren erschrak, aber Hunter hob sofort beschwichtigend die Hand.
    »Kein Grund zur Aufregung«, sagte er. »Ich weiß von der Nonne, weil Lance mich schon über sie ausgefragt hat.«
    Das hätte sie sich denken können. »Erzählst du mir dann kurz, was du weißt?«
    Matt zuckte die Achseln und sagte nichts. Sie schob sich an ihm vorbei, trat in die Diele und sah sich um. Überall lagen Bücherstapel. Einige waren umgefallen und sahen aus wie eingestürzte Türme. Auf dem Tisch standen ein paar gerahmte Fotos. Loren betrachtete sie und nahm eins in die Hand.
    »Ist das deine Frau?«
    »Ja.«

    »Hübsch.«
    »Ja.«
    Sie stellte das Bild wieder hin und drehte sich zu ihm um. Es wäre abgedroschen zu sagen, dass ihm seine Vergangenheit ins Gesicht geschrieben stand, dass das Gefängnis nicht nur sein Inneres, sondern auch sein Äußeren verändert hatte. Loren war keine Freundin solcher Denkweisen. Sie glaubte nicht, dass die Augen Fenster zur Seele waren. Sie hatte Mörder mit schönen, liebevollen Augen gesehen. Sie war brillanten Menschen begegnet, die mit leerem Blick durch die Welt gingen. Sie hatte Geschworene sagen hören: »Ich hab gleich, als er den Gerichtssaal betreten hat, gesehen, dass er unschuldig ist. Das sieht man einfach …«, und wusste, dass das absoluter, entsetzlicher Schwachsinn war.
    Trotzdem störte sie etwas an Matt Hunters Haltung, vielleicht das zu hoch erhobene Kinn, die betont hochgezogenen Mundwinkel? Er strahlte ein Schuldbewusstsein aus, das er mit Trotz überspielen wollte. Sie konnte nicht genau sagen, warum, aber irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Wäre ihr das auch aufgefallen, wenn sie nicht gewusst hätte, dass er nach seiner relativ behüteten Kindheit schwere Zeiten durchgemacht hatte?
    Sie glaubte schon.
    Loren erinnerte sich an früher, als Matt ein netter, etwas alberner Junge war, und plötzlich erfasste sie tiefe Trauer.
    »Was hast du Lance erzählt?«, fragte sie.
    »Ich habe ihn gefragt, ob es irgendeinen Verdacht gegen mich gibt.«
    »Was für einen Verdacht?«
    »Irgendeinen.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »Er hat ausweichend reagiert.«
    »Gegen dich besteht kein Verdacht«, sagte sie. »Zumindest jetzt noch nicht.«

    »Puh.«
    »War das jetzt Sarkasmus?«
    Matt Hunter zuckte die Achseln. »Kannst du die Fragen schnell stellen? Ich muss noch wohin.«
    »Du musst noch wohin? Um diese Zeit?«
    »Ich bin so eine Art Partylöwe«, sagte er und trat wieder vor die Tür.
    »Irgendwie glaub ich dir das nicht ganz.«
    Loren folgte ihm nach draußen. Sie ließ den Blick über die Straße schweifen. Zwei Männer tranken aus braunen Papiertüten und sangen alte Motown-Klassiker.
    »Ist das von den Temptations?«, fragte sie.
    »Von den Four Tops«, sagte er.
    »Die verwechsel ich immer.«
    Sie sah ihn an. Er breitete die Hände aus.
    »Nicht ganz wie in Livingston, was?«, sagte Matt.
    »Ich hab gehört, dass du wieder zurückziehst.«
    »Ein schöner Ort für eine Familie.«
    »Findest du?«
    »Du nicht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich würde nicht zurückgehen.«
    »Ist das eine Drohung?«
    »Nein, ich hab’s genau so gemeint. Ich, Loren Muse, würde da nicht mehr leben wollen.«
    »Tja, jedem das seine.« Er seufzte. »Reicht das jetzt mit dem Smalltalk?«
    »Denke schon.«
    »Gut. Was ist mit dieser Nonne passiert, Loren?«
    »Das wissen wir noch nicht.«
    »Wie bitte?«
    »Hast du sie gekannt?«
    »Ich weiß nicht mal mehr ihren Namen, nach dem Lance mich gefragt hat. Schwester Mary irgendwas.«

    »Schwester Mary Rose.«
    »Was ist mit ihr passiert?«
    »Sie ist gestorben.«
    »Verstehe. Und was hab ich damit zu tun?«
    Loren überlegte, wie sie das angehen sollte. »Was glaubst du?«
    Er seufzte und schob sich an ihr vorbei. »Gute Nacht, Loren.«
    »Warte, okay, das war blöd von mir. Tut mir Leid.«
    Matt drehte sich zu ihr um.
    »Ihre Telefonliste.«
    »Was ist damit?«
    »Schwester Mary Rose hat einen Anruf gemacht, den wir nicht verstehen.«
    In Matts Gesicht rührte sich nichts.
    »Kanntest du sie oder nicht?«
    Matt schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Laut Telefonliste hat sie nämlich im Haus deiner Schwägerin in Livingston angerufen.«
    Er runzelte die Stirn. »Sie hat Marsha angerufen?«
    »Deine Schwägerin streitet ab, irgendwelche Anrufe aus St. Margaret’s erhalten zu haben. Ich hab auch mit dieser Kylie gesprochen, die bei ihr zur Untermiete wohnt.«
    »Kyra.«
    »Was?«
    »Sie heißt Kyra, nicht Kylie.«
    »Ach so, natürlich.

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