Kein Job fuer schwache Nerven
können, aber letztlich gehört das für uns zum Rundum-Service. Soll ich für jemanden das Blut seiner ermordeten Eltern entfernen, um ihm hinterher zu sagen: » Also, wir sind mit unserer Arbeit jetzt fertig. Das, was da so seltsam riecht, ist nur der Kühlschrank Ihrer Eltern, den müssen Sie halt noch selbst sauber machen, aber das packen Sie schon, nicht wahr?« Das trifft die Hinterbliebenen doch genauso wie das Blut an der Wand.
Ich sah mich im Haus um. Ich war richtig stolz auf meine Malkünste. Akkurat, so, wie sich’s gehört. Und plötzlich kam ich ins Grübeln. An diesem Tatort fiel mir zum ersten Mal ein, dass mich genauso gut die beiden hätten engagieren können. Eine halbwegs glaubwürdige Geschichte vom Doppelselbstmord, eine brauchbare Erklärung für die Blutspritzer in Schulterhöhe, und schon hätte ich den beiden womöglich noch die Morde weggeputzt. Ich hatte bisher nie irgendeine Unbedenklichkeitsbescheinigung verlangt. Ich beschloss, das künftig etwas sorgfältiger zu handhaben.
Kurz vor dem Gehen machte ich noch einen kleinen abschließenden Rundgang durchs Haus. Erst da fiel mir der Aufkleber auf.
Er war im Keller, an der Tür zum Hobbyraum, und zeigte einen Mann und eine Frau, als Piktogramm, so wie auf Verkehrszeichen, ein Aufkleber, wie ihn Kinder befestigen für ihre Eltern.
Auf dem Aufkleber stand: » Wir müssen leider draußen bleiben.«
7 . Amtlich
Es lohnt sich, seine Prüfungen alle regelmäßig zu machen. Und ich mach’ das gern. Denn nur dann kann man auch die Aufträge übernehmen, die vom Amt kommen. Wir waren eigentlich schon unterwegs zur Besichtigung eines Leichenfundorts, als der Anruf eines griechischen Gastwirts aus dem Münchner Umland kam: Ob wir noch am selben Abend kommen könnten, das gesamte Lokal müsse dringend desinfiziert werden. Die Leben smittelüb erwachung hatte dort das Norovirus festgestellt.
So was ist eine ernste Sache. Nicht lebensgefährlich, aber unangenehm: Wer sich mit dem Virus infiziert, fährt gut gelaunt vom Lokal nach Hause, bekommt aber in der Nacht einen derartigen Brechdurchfall, dass es schauerlich ist. Ich weiß das, ich habe selbst mal was von einem Lokalbesuch mitgebracht, und man muss nicht wehleidig sein, wenn man da den Notarzt ruft, man fühlt sich schlichtweg sterbenselend. Aber wenn, wie in diesem Fall, die Lebensmittelüberwachung anrückt, dann war die Angelegenheit schon etwas dramatischer.
Das Restaurant war ein beliebtes Ausflugslokal, ideal für größere Reisegruppen und Feiern. 26 Personen waren innerhalb weniger Tage erkrankt, und dann kommt die Lebensmittelüberwachung natürlich ziemlich schnell vorbei. Die gehen da systematisch vor, und sie fanden auch rasch eine Gemeinsamkeit bei allen Personen: Sie hatten den Salat mit Joghurtdressing gehabt und den Nachtisch aus Eis, Joghurt und Obst. Kein Wunder, den Nachtisch gab’s nämlich für jeden Besucher gratis.
Parallel dazu hatten sie dem Lokal einen Besuch abgestattet und mal hinter die Kulissen gesehen. Und mit dem, was sie da gefunden hatten, waren sie nicht einverstanden gewesen. Wer mal so eine Mängelliste durchliest, dem kann ganz anders werden. Und meine Frau sagt heute noch, das sei ein Unterschied wie Tag und Nacht gewesen, was sie in dem Lokal gesehen hat: der Gastraum geschmackvoll, picobello, richtig hui, hinter den Kulissen jedoch das absolute Chaos. Aber man muss die Kirche im Dorf lassen: Denn die Lebensmittelüberwachung hat dem Wirt zwar viele Vorschriften gemacht, sie hat ihm aber den Laden ganz bewusst nicht geschlossen – falls er sich an die Vorschriften halten würde. Dazu gehörte eine rasche Sanierung verschiedener Küchenutensilien, er durfte auch keinen Joghurt mehr servieren, aber ansonsten durfte er vorerst weitergrillen und -kochen, wenn er die Räume sofort gründlich desinfizierte, mit einem Mittel, das sich gegen Noroviren eignet. Und dafür hatte er uns angerufen.
So was wird natürlich nachts gemacht. Denn das Lokal zusperren, kostet Geld. Vor allem über Ostern, wenn die Familien feiertags essen gehen. Wir sind nachts um 22 Uhr angerückt, zu fünft, meine Frau, meine beiden Töchter, Hardy und ich. Bis dahin hatten die Restaurantangestellten bereits zwei Tage lang jeweils nach Feierabend geputzt wie die Teufel. Wir waren diejenigen, die anschließend für Viren- und Keimfreiheit zu sorgen hatten, per Wischdesinfektion. Das ist nicht so ein Stress, als würde man Wände mit Chlorbleichlauge abschrubben, aber es ist
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