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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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konnte von Abkühlung keine Rede sein. Eher konnte er sich mit einem Vulkan kurz vor der Eruption vergleichen. Er bereitete sich innerlich auf einen weiteren Tag voller sexueller Frustration vor.
    Ein gellender Schrei ließ ihn hochschnellen. Mit einem stechenden Schmerz erinnerte sein Körper ihn daran, sich langsam und vorsichtig zu bewegen. Er fluchte wie ein Waldarbeiter und bewegte sich bedächtig aus dem Bett. Adrenalin peitschte durch seine Adern und wenn er bisher noch nicht vollständig wach gewesen war, so war er es jetzt.
    Sandra hatte geschrieen, das konnte nichts Gutes bedeuten. Vielleicht war ihr nur eine Schlange begegnet, vielleicht aber auch die Wilderer, die mit Verstärkung zurückgekehrt waren. John hatte es für töricht gehalten, wieder in die Hütte zurückzukehren, doch sein angeschlagener Körper hatte den Gedanken beiseite geschoben. Gestern hatte er nichts weiter gewollt, als sich irgendwo hinzulegen, wo ihm die Rippen weniger wehtaten als auf dem Waldboden. Was er natürlich niemals zugegeben hätte. Für seinen Geschmack jammerte er bereits genug. Beim Hinausgehen griff er nach einem der Gewehre, prüfte, ob es geladen war, spannte den Hahn und öffnete die Hintertür.
     
    Sandra stand links von der Hütte, in eine Statue verwandelt. Ihr Blut war zu Eis erstarrt, mitten im kanadischen Sommer. Sie sah, wie John seine Aufmerksamkeit auf das Objekt ihres Entsetzens richtete. Ein Braunbär, angelockt von der blutgetränkten Erde des Hinterhofs, schnüffelte sich seinen Weg immer näher an die Hütte heran. John hielt das Gewehr gen Himmel und feuerte einen Schuss ab. Der laute Knall ließ sie und den Bären zusammenzucken. Für einen Moment bewegte sich niemand, dann fuhr der Bär herum und verschwand unter brummenden Protestlauten im Dickicht.
    „ Ich will nach Hause“, sagte sie matt und sank an Ort und Stelle nieder.
    Das war zu viel, nun war es genug. Langsam verebbte das Geräusch des rauschenden Blutes in ihren Ohren. Adrenalin konnte belebend wirken, doch sie hatte genug davon bekommen, um problemlos zwei Nächte ohne Schlaf auszukommen. Wie lange würden ihre Gesichtszüge wohl eingefroren bleiben, blankes Entsetzen spiegelnd?
    Sie sah auf und fand John gelassen im Türrahmen Rast machen. Er wirkte amüsiert. Ihre Augen verwandelten sich in schmale Schlitze und John kam in Bewegung.
    „ Oh oh ...“, sagte er, und zog sich in den Schutz der Hütte zurück.
    Sicher fand er die gesamte Situation ungeheuer amüsant. Stadtfrau trifft auf friedlich schnuppernden Bären und gerät in Panik. Und sie hatte sich auch noch Sorgen um John gemacht, hatte sich im Geiste den gefährlichen Bären konfrontieren sehen, hatte sich selbst und den verletzten hilflosen Mann gerettet. Doch nein, er musste mal wieder schlauer sein, musste sie und den Bären mit dem Böllerschuss zu Tode erschrecken, sodass sie nun wieder als das schwache Weibchen dastand.
    Zornbebend erhob sie sich und folgte ihm. Ihr wäre bestimmt selbst etwas eingefallen, um den Bären zu vertreiben. Sie war nur im ersten Moment total überrascht gewesen. Vielleicht fand John ja zwei Meter große wilde Tiere im Hinterhof so normal wie Gänseblümchen auf dem Rasen, aber sie würde mit Sicherheit nie wieder nach draußen gehen in diesem Land, ohne sich ständig angstvoll umzusehen. Warum musste er sich darüber lustig machen? Es war herablassend und schlichtweg unfair. Zum Teufel mit alten Mustern, nun würde sie ihm so richtig ihre Meinung sagen.
    Im Innern der Hütte bekam ihre Wut einen abrupten Dämpfer. Ohne Hemd unterzog John seine Rippen einer kritischen Betrachtung. Er hob den Kopf, als er hörte, wie sie scharf den Atem einzog.
    „ Sieht schlimmer aus als es ist. Glaube ich.“
    Sandra trat näher. Sie konnte sich nicht entscheiden, worauf sie ihre Aufmerksamkeit zuerst lenken sollte. Johns nackter Oberkörper war eine sinnliche Versuchung. Muskulös, ein flacher, fester Bauch, nur wenig behaart, doch die zarte Linie schwarzer Härchen beschrieb einen verlockenden Pfad nach unten, um im Bund seiner Jeans in einer der Fantasie überlassenen Zone zu verschwinden. Und Sandra verfügte über eine enorme Fantasie. Sie schluckte.
    Es entsprach seiner typisch unfairen Art, sich vor ihr auszuziehen, doch diese Unverschämtheit trat in den Hintergrund, während andere Dinge zu stark in den Vordergrund traten. Das Licht in der Hütte war gedämpft, doch sogar hier sah man deutlich die grünen und braunen, zum Teil auch dunkelroten

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