Kein Kanadier ist auch keine Lösung
Kronkorken ab.
„ So etwas habe ich ja noch nie gesehen. Praktisch, ihr Kanadier.“
„ Du trinkst Bier?“
„ Wenn nichts anderes zu haben ist“, erwiderte sie und rülpste ebenfalls, jedoch im Vergleich zu ihm kaum hörbar.
Sie stellte die Flasche auf den Boden neben das Bett und begann Isomatte und Schlafsack auf den vergilbten, schmutzigen Laken auszubreiten. John beobachtete sie abwartend. Er rechnete damit, dass sie auf dem Boden schlafen oder es von ihm verlangen würde, und sprach es aus.
„ Bin ich verrückt?“, sagte sie lachend. „Hier steht ein Bett und ich soll auf dem Boden liegen? Auf gar keinen Fall.“
„ Dann soll ich also auf dem Boden liegen. Okay.“
Sandra öffnete ein paar Mal den Mund und schloss ihn wieder, bevor sie sprach.
„ Deine Rippen sind gebrochen. Wie könnte ich das von dir verlangen? Außerdem sind wir beide komplett angezogen, also besteht keine moralische Gefahr, oder?“
„ Das ist sehr anständig von dir.“ Keine nordamerikanische Frau, die er je gekannte hatte, hätte in dieser Situation freiwillig das Bett mit ihm geteilt.
„ Aber das ist doch selbstverständlich. Komm jetzt ins Bett.“
Seine Verblüffung ließ ihn ihr widerspruchslos gehorchen. Wie ein Ehemann. Er musste über sich selbst lachen. Er war nun wirklich kein Heiratsmaterial. Wo, zum Teufel, war dieser abwegige Gedanke hergekommen?
Sie krochen unter den ausgebreiteten Schlafsack, wobei John stöhnte und ächzte und sich das Schmerzen verursachende Lachen verbeißen musste, denn er kam sich ziemlich dumm vor so herumzujammern. Doch es war stärker als er. Als er schließlich einigermaßen entspannt auf dem Rücken lag, atmete er etappenweise tief aus, wie es seine lädierten Rippen zuließen. In Ermangelung eines Kopfkissens rutschte Sandra hin und her, um eine angenehme Stellung zu finden.
„ Komm her, Süße, lass mich dein Kissen sein.“
Sie zögerte einen Moment und rutschte dann näher. Er legte den Arm um sie und genoss das Gefühl ihrer Wärme an seiner Seite.
„ Und wenn ich wieder sabbere?“
Er lachte leise und musste wieder husten. Der Schmerz trieb ihm Tränen in die Augen.
„ Ich hab doch nur Spaß gemacht.“
„ Mistkerl“, murmelte Sandra.
Mit einem blöden Grinsen im Gesicht spürte er, wie sie sich entspannte und augenblicklich einschlief.
John erwachte mit dem Gefühl, ein Tonnengewicht auf seiner Brust liegen zu haben. Das Atmen fiel ihm schwer, als hätte er eine Bergtour in dünner Luft hinter sich. Von morgendlicher Erfrischung keine Spur. Er hatte zwar geschlafen, aber nicht sehr lange. Es musste noch sehr früh sein. Nur spärliches Licht drang durch die trüben Fenster der Hütte. Es roch moderig und nach erkaltetem Kaminfeuer. Er lag halb auf der Seite, die ihm weniger wehtat, Sandras Gesicht, vom blonden Haar fast vollständig bedeckt, ruhte neben ihm. Sie lag auf dem Bauch und atmete den gleichmäßigen Rhythmus des Schlafes.
John drehte sich vorsichtig auf den Rücken. Er hatte keine Ahnung, wie er es in diesem Zustand bis zur nächsten menschlichen Besiedlung schaffen sollte. Ein Telefon, sie brauchten dringend ein Telefon.
Verwundert stellte er fest, trotz allem nicht beunruhigt zu sein. Irgendwie würden sie es schon schaffen. Sandra bewegte sich im Schlaf. Er betrachtete sie intensiv. Eine Haarsträhne lag auf ihren Wimpern. Er wollte sie ihr aus dem Gesicht streichen, doch er schaffte es nicht, den linken Arm über sich selbst zu heben, um zu ihr hinzureichen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht gab er auf.
Am meisten verwundert war er darüber, dass Sandra nicht in Hysterie ausgebrochen war. Was für eine Frau. Stark und selbstbewusst, mit dem Gesicht eines unschuldigen Engels. Die seltsame Mischung erregte ihn, verwandelte ihn in ein Häufchen Knetmasse, mit der sie nach Belieben verfahren könnte, wüsste sie davon. Er würde höllisch aufpassen müssen, oder sie würde eine Macht über ihn haben, die Frauen niemals über Männer haben sollten. Ausgeliefert, ihrem Erbarmen ausgeliefert. Noch nie hatte er mehr für eine Frau empfunden als körperliche Anziehung. Aber diesmal war alles anders. Auf neue, erregende und auch beängstigende Weise anders. Es fühlte sich seltsam angenehm an, neben ihr aufzuwachen. Als würde er sie schon immer kennen, aber das war viel zu oberflächlich ausgedrückt. Er suchte nach dem richtigen Wort. Vertraut, kam der Sache nahe.
Aber wie zum Teufel konnte er sich mit jemandem vertraut fühlen, den er weder
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