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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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zurück.
    „ Wir gehen langsam weiter und am besten hören wir auf zu flüstern. Lärm schreckt sie ab.“
    Sandra schnaubte. „Und warum hast du dann das Flüstern angefangen?“
    „ Ich wollte es etwas spannender für dich machen“, sagte er in normaler Lautstärke und grinste.
    Sie hob einen Lehmklumpen auf und bewarf John damit. Er drehte sich seitlich und der Klumpen verfehlte das Ziel. Sie stemmte eine Hand gegen ihre Hüfte und zeigte mit einem Finger der anderen auf John.
    „ Kein Spannend machen mehr, ist das klar? Ich finde die vorhandene Spannung völlig ausreichend!“
    John grinste amüsiert und nickte. „Aye, Ma’am.“
    Sie bekamen den Bären nicht zu sehen und Sandra kochte innerlich vor Wut auf John. Der Geruch wurde schnell schwächer, doch zurück blieb ein Unbehagen, das ihr zu schaffen machte. Bei jedem Geräusch im Gebüsch zuckte sie zusammen und ihre Augen waren schon müde vom akribischen Ausschau halten nach einem großen braunen Fleck, der sie fressen wollte. Sie hatte ganz deutlich Johns Gesicht gesehen, als er angehalten hatte. Er war besorgt gewesen. Wenn auch nicht direkt ängstlich, aber er hatte mit einer Gefahr gerechnet. Und nun machte er sich darüber lustig. Vielleicht um es ihr leichter zu machen? Aber dachte er wirklich, sie kaufte ihm das ab? Ihre Nerven waren gespannt wie Gitarrensaiten. Echte Angst, Angst um ihr Leben, hatte sie bisher nicht gekannt. Trotz der Hitze von mindestens sechsunddreißig Grad, produzierte sie kalten Schweiß und war schreckhaft wie ein Reh auf offener Wiese, das die Nähe von Menschen roch. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie eine Beute, ein potentielles Opfer. Die Hilflosigkeit, die es in ihr auslöste, war das schrecklichste Gefühl, das sie je empfunden hatte. Hier draußen war der Mensch nicht mehr Herr aller Lebewesen. Hier wurde der Jäger zum Gejagten.
    Sie trottete dahin, ab und zu an der letzten Bierflasche nuckelnd. Die Hitze ließ alles an ihr kleben und die Isomatte unter ihrer Armbeuge war klitschnass. Plötzlich piepste etwas direkt vor ihr und etwas Braunes schoss aus dem Boden. Instinkte übernahmen und noch ehe sie wusste, was geschah, schrie sie auf und klammerte sich an John, rempelte dabei mit dem Schlafsack gegen ihn, dessen Schnur sich in den Gewehren verhedderte. John verlor das Gleichgewicht und landete auf dem Boden, mit Sandra auf ihm ausgebreitet.
    Er gab ein Stöhnen von sich. Sandra blinzelte, nackte Angst kroch eiskalt durch ihre Knochen und gefror das Mark. Mit letzter Kraft rappelte sie sich hoch, wobei sie sich auf Johns Brustkorb stützte und ihn erneut zum Stöhnen brachte. Dann lief sie sicherheitshalber ein paar Meter zurück.
    „ Was war das?“
    „ Ein Murmeltier“, murmelte John. „Ein harmloses, niedliches kleines Murmeltier.“
    „ Oh.“ Sie fühlte sich wie ein Häufchen Elend, als das Adrenalin sich auf dem Rückzug befand. „Diese verdammte Wildnis gibt mir den Rest.“
    Sie war den Tränen nah, doch wollte sie es ihm nicht noch schwerer machen. Er lag auf dem Rücken wie ein hilfloser Maikäfer. Sie half ihm auf. Wieder auf den Beinen legte er eine Hand auf ihre Wange und streichelte sie mit dem Daumen.
    „ Ich finde, du hältst dich sehr gut.“
    Sein zärtlicher Blick drohte sie endgültig aus der Fassung zu bringen.
    „ Danke“, würgte sie hervor und versuchte die aufkommenden Tränen aufzuhalten.
    Er zog seine Hand zurück, nahm aber nicht den Blick von ihr. Rückversicherung, Trost und Mut lagen darin.
    „ Wir müssten bald an einen Fluss kommen. Dort werden wir Rast machen und morgen weitergehen.“
    Die Sonne stand bereits tief und würde jeden Moment hinter einen Berg tauchen, und dann würde es sicher auch bald dunkel werden. Sandra hoffte, dann schon irgendwo zu sein, wo sie nicht jeden Moment über ein wildes Tier stolpern würde.
    „ Aber ist es nicht gefährlich, einfach so hier draußen zu nächtigen? Von Bären habe ich jetzt wirklich genug.“
    Sie blickte sich um und fühlte sich wie in einer Steinwüste ausgesetzt. Die Landschaft schien endlos so weiterzugehen. Kein Zeichen von Zivilisation, kein Zeichen von Sicherheit. So mussten sich die ersten Menschen auf dem bedrohlichen leeren Planeten gefühlt haben. Auf dem Mond konnte es nicht einsamer sein.
    Johns Augenbrauen zogen sich zusammen und er erweckte den Eindruck, als würde er Sandra genau studieren, bevor er entschied, was er als Nächstes sagen würde.
    „ Es ist immer gefährlich, in der Wildnis zu

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