Kein Kerl zum Verlieben
Netz. Ja, das würde ihr ganz sicher gefallen und sie freute sich über die Einladung. Anschließend berichtete sie gleich Susi davon, die sich begeistert gab. Sie bedauerte, so weit entfernt zu sein.
Später konnte Ricarda lange nicht einschlafen und dachte darüber nach, ob sie ein Geschenk für die Frau des Chefs besorgen sollte. Sie wollte nicht aufdringlich erscheinen oder sich anbiedern. Schwierige Sache. Ganz Plötzlich kam ihr Vicky in den Sinn. Vicki war eine Arbeitskollegin von Berlin gewesen und mehr als das, eigentlich schon eine Freundin gewesen, mit der sie viel Zeit auf Arbeit verbracht hatte. Sie konnte mit ihr über alles reden, herrlich tratschen und immer gab es etwas zu Lachen. Ihre beiden kleinen Kinder spannten Vicky sehr ein und sie hatte neben der Arbeit kaum Zeit für Aktivitäten gehabt. Immer wieder hatte Ricarda vorgehabt, mit ihr privat etwas zu unternehmen und immer wieder war etwas dazwischen gekommen. Bei den Kollegen hießen sie schmunzelnd das Ricky-Vicky-Paar, aber sie konnten beide darüber lachen. Jetzt hätte sie sehr gern Vicky um Rat gefragt, denn Susi konnte sie nicht fragen. Für Susi wäre klar, ein Geschenk sei ein Muss und das Treffen eine Chance, sich beim Chef beliebt zu machen, was der Karriere nur dienlich sein könnte. Aber Ricarda sah die Einladung eher privat an und wollte daraus keinen beruflichen Nutzen ziehen.
Freitag früh stand auf ihrem Schreibtisch ein Strauß rote Rosen in einer Glasvase. Ricarda stutzte, sie hatte weder Geburtstag noch ein anderes Jubiläum und ausgerechnet rote Rosen ... Sie fand ein Kärtchen und las den Text darauf: ‚Liebe Ricky, ich möchte Sie zum Loy Krathong Fest am Sonntag ganz herzlich einladen und hoffe, Sie sagen nicht nein. Ihr Sith.‘
Verdammt! Langsam wurde der Kerl lästig und ein wenig zu aufdringlich. Ricarda hasste so etwas, aber noch mehr würde sie es hassen, wenn der Herr seine Annäherungsversuche intensivierte. Sie musste dem ein Ende setzen. Natürlich ganz diplomatisch. Nur, wie machte man das?
Sith ließ nicht lange auf sich warten und kam breit lächelnd auf sie zu. „Wir müssen reden“, sagte Ricarda ernst.
„Wann und wo wir uns treffen?“, fragte er freudig und strich sich über das schwarzglänzende Haar. Er trug es heute gegelt und schmierte sich gerade die Hand mit dem Gel voll. Er sollte sie bloß nicht berühren!
„Nein. Darüber, wieso Sie mir Blumen schenken, noch dazu rote Rosen. Die schenken in Deutschland Liebhaber ihren Frauen oder Männer ihren Ehefrauen. Wir sind aber kein Paar und werden es auch nicht. Ich werde nicht mit Ihnen zum Lichterfest gehen, in Ordnung?“
Das war ihr jetzt härter herausgerutscht, als sie beabsichtigt hatte. Der Kerl reizte sie aber auch! Schnell ergänzte sie: „Ich hoffe, Sie sind mir jetzt nicht böse, Sith, aber ich möchte nicht mit Ihnen da hingehen, das verstehen Sie doch, oder?“
„Ich ... Ich glaube nicht. Oder ... Ach Sie haben schon jemanden, mit dem Sie das Fest besuchen?“
„Nein! Oder doch, ja. Ich gehe mit Herrn Wattanaprusek hin, aber es ist kein Date, ich meine, es ist kein Treffen, so wie Sie es mit mir vorhatten.“
Ricarda spürte, wie sie rot wurde. Der Kerl brachte sie noch zum Stottern und machte sie wütend! Musste sie sich vor ihm rechtfertigen? „Hören Sie zu, Sith, ich gehe mit dem Chef und mit seiner Frau zum Lichterfest, wir schauen uns die Lichter an und das war‘s, okay?“
Er sah sie einige Sekunden mit unbewegter Mine an. Seine Augen sogen als schwarze Löcher das Licht auf und verströmten Eiseskälte. Dann drehte er sich um und verschwand.
‚Okay, dann sei eben sauer!‘, dachte sie.
Samstag hatte Sith frei und Ricarda konnte normal ihre Arbeit erledigen. Sie kam schon gut mit dem Computer zurecht, hatte bereits mehrere Geschäftsbriefe geschrieben und neue Dateien angelegt. Mit dem System der Kundenverwaltung kam sie klar, hatte sogar erste Verbesserungen im Kopf, sprach sie aber nicht aus. Als die Neue wollte sie nicht gleich altklug Verbesserungsvorschläge machen. Sie ordnete die Akten, ging die vielen Zettel und Memos auf dem Schreibtisch durch und mistete sie aus. Dann heftete sie ihre Notizen ab. Wobei sie ständig mit den Gedanken beim Lichterfest war. Sie brauchte noch etwas zum Anziehen, sie konnte weder in Bürokleidung zum Fest gehen, noch in T-Shirt und Shorts. Sie brauchte etwas Festliches, aber nicht zu festlich ..., hm. Das würde sie morgen vor dem Treffen erledigen.
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