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Kein Kerl zum Verlieben

Kein Kerl zum Verlieben

Titel: Kein Kerl zum Verlieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nan Dee
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allein aus. Und für Sie wäre es auch besser, mit einem Mann, der Ihre Sprache spricht, das Loy Krathong Fest zu feiern. Gehen Sie, für uns ist das in Ordnung. Sie freut sich sehr, Sie kennengelernt zu haben.“
    Frau Wattanaprusek lächelte zu den Worten Ricarda so herzlich an, dass sie sich nicht abgeschoben vorkam. Und hatte sie ihr nicht eben gerade zugezwinkert? Schwer zu sagen, in der Dunkelheit.
    „Ich habe mich auch sehr gefreut. Vielen Dank für die Einladung“, sagte Ricky und umarmte Dao lange. Sie schaute noch einmal zu dem Mann hinüber. Ja, traurig, so wirkte er. Traurig und einsam, inmitten all der vielen Menschen. An einem Tag wie diesem sollte niemand traurig und allein sein. Beschwingt ging sie zu ihm.
    „Hallo, Herr Nachbar, so allein?“
    Der Mann drehte den Kopf und schenkte ihr einen so traurigen Blick, dass Ricarda gar nicht anders konnte, als sich wortlos neben ihn zu setzen. Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Ricarda hätte schwören können, eine feuchte Spur auf der Wange gesehen zu haben.
    „Was wollen Sie?“
    „Mit Ihnen reden? Ihnen Gesellschaft leisten? Warum sitzen Sie hier so allein?“ Ricarda sprach mit weicher Stimme, in der Anteilnahme lag.
    „Wie heiße du?“, fragte der Mann, jetzt zum Du übergehend.
    „Ich bin Ricarda, Ricky. Und du?“
    „Oliver.“ Er schwieg eine Weile und starrte auf die Hochhäuser gegenüber. Ricarda schwieg auch und schaute sich die Lichter an. Eine schwermütige Stimmung machte sich in ihr breit. Sie setzte sich neben den Mann auf den Boden. Ob ihre Hose schmutzig wurde, war ihr im Augenblick völlig egal.
    „Du willst es wirklich wissen, was?“, fragte er.
    „Natürlich!“ Jetzt schaute sie ihn von der Seite an.
    Oliver drehte den Kopf und erwiderte ihren Blick lange und forschend.
    Ricarda fühlte, wie der Blick Olivers auf ihrem Gesicht brannte und sie spürte ein Prickeln, das sich durch ihre Brust zog und nach unten zum Bauch wanderte. Sie sollte den Kerl links liegen lassen, doch er faszinierte sie. Eine geheimnisvolle Aura umgab ihn. Hinzu kam, dass er soo gut aussah. Sie musste ihn anschauen, so, wie man ein schönes Gemälde ansehen musste, jedes Detail aufspüren und sich daran erfreuen wollte. Sein Haar schimmerte golden und fiel in weichen Wellen an den Seiten herab. Schlagartig fiel ihr ein, an wen sie Oliver erinnerte. Vor Jahren hatte die seltsame Show Big Brother, die die Leute entweder liebten oder hassten, ein junger Mann gewonnen und eine Million Euro erhalten. Der junge Mann hieß Sascha und sah ganz ähnlich aus wie Oliver.
    „Ist alles in Ordnung mir dir?“, fragte sie und wusste doch, es konnte nicht in Ordnung sein, wenn er hier allein saß und Trübsal blies – und eventuell weint ... Dann musste schon etwas ganz und gar nicht in Ordnung sein!
    „Ja! Nein! Ach verdammt.“ Er verstummte.
    Ricarda gab ihm Zeit und nach zwei Minuten sprach Oliver langsam weiter. „Ich sitze hier und trauere. Das Leben ist so verdammt hart und ungerecht.“ Er verstummte wieder.
    „Was ist passiert?“
    „Heute ist ein ganz bestimmter Tag für mich. Es ist heute auf den Tag genau drei Monate her, als etwas Furchtbares passierte. Es war der Geburtstag meines kleinen Bruders.“ Er machte eine Pause und schloss einen Augenblick die Augen. Ricarda saß still neben ihm und wartete darauf, dass er weitersprach.
    „Er ist ...“, Oliver stockte und brach ab. Er seufzte tief und fuhr fort. „Er war erst vierzehn, kam als später Nachzügler zur Welt, als meine Eltern schon dachten, ich bliebe ihr einziges Kind.“ Er blickte auf die Wasserfläche, doch was seine Augen wirklich sahen, konnte sich Ricarda nicht vorstellen.
    „Ist er ... tot?“
    Er reagierte nicht auf die Frage. „Zu seinem Geburtstag waren unsere Eltern mit ihm Essen. Es war zwar ein Dienstag und mitten in der Woche, aber er hatte es sich so gewünscht. Spätestens um acht wollten sie wieder zurück sein, da sie am nächsten Tag arbeiten mussten und Jan wieder Schule hatte. Warum erzähle ich dir das eigentlich? Bin ich verrückt?“
    „Ich glaube nicht, dass du verrückt bist, ich glaube, du bist nur einsam und brauchst mal jemanden zum Reden. Ich höre dir zu, Oliver.“
    Ein seltsames Gefühl ergriff Ricarda, als sie seinen Namen aussprach. Sie hoffte, er würde weitersprechen. Nicht, weil sie neugierig auf die Geschichte war, sondern, weil seine Worte sie verbanden. Wenn er sie aussprach, würde sich ein Band um sie ziehen und sie einander nahe

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