Kein Kinderspiel

erreicht. Er hob den linken Fuß und wollte auf die unterste Stufe treten, doch mußte er etwas gesehen haben, das ihm nicht gefiel, denn er hob das Bein über die unterste Stufe und trat auf die zweite. Dann stieg er zur Veranda hoch.
    Der Verandaboden gab in der Mitte leicht nach, und Poole schwankte ein wenig nach links. Der Regen lief in die Mulde zwischen seinen Füßen.
    Er blickte zum Fenster links von der Tür, sah angestrengt hinein, wandte den Kopf dann dem rechten Fenster zu, das er ebenfalls eine Weile anstarrte.
    Ich holte meine .45 aus dem Handschuhfach.
    Angie beugte sich ebenfalls vor und nahm ihre .38 hervor, ließ die Trommel mit einer Handbewegung herausrutschen, überprüfte sie und schob sie wieder zurück.
    Poole stand nun vor der Tür, hob die Hand mit der Glock und klopfte mit den Fingerknöcheln an die Tür. Er trat einen Schritt zurück und wartete. Er sah nach links, nach rechts, dann wieder zur Tür. Er beugte sich vor und klopfte noch einmal gegen das Holz.
    Es regnete fast lautlos. Die kleinen Tropfen fielen in einem schrägen Winkel. Außer dem hohen Pfeifen des Windes war nichts zu hören.
    Poole beugte sich vor und drehte den Türknauf nach rechts und links. Die Tür blieb verschlossen. Er klopfte ein drittes Mal.
    Ein Auto fuhr an uns vorbei, ein beiger Volvo-Kombi, auf dessen Dachgepäckträger Fahrräder befestigt waren. Hinter dem Lenkrad saß verkrampft eine Frau mit einem aprikotfarbenen Stirnband und verkniffenem Gesicht. Wir sahen zu, wie ihre Bremslichter vor dem Stoppschild hundert Meter weiter rot aufleuchteten. Dann bog das Auto nach links ab.
    Die Detonation eines Gewehres auf der Hinterseite des Hauses platzte durch den heulenden Wind. Glas zersplitterte. Durch den leise fallenden Regen ertönte ein Kreischen, als würden Bremsen versagen.
    Poole sah sich kurz zu uns um. Dann holte er aus, um die Tür einzutreten. Im selben Augenblick ging er in einer Detonation von Splittern, Feuer und Lichtblitzen unter, begleitet vom Geknatter einer automatischen Waffe.
    Die Explosion riß ihn von den Füßen, und er stürzte mit solcher Wucht gegen das Geländer der Veranda, daß es zerbrach und wie ein an der Schulter ausgekugelter Arm nach außen baumelte. Die Pistole fiel ihm aus der Hand und landete im Blumenbeet unter der Veranda. Sein Gewehr rutschte die Stufen herunter.
    Das Schießen hörte genauso plötzlich auf, wie es begonnen hatte.
    Einen Moment lang saßen wir wie angewachsen im Auto und lauschten dem blechernden Geräusch, das nach einem Schuß die Luft erfüllt. Pooles Gewehr rutschte von der untersten Stufe, und der Kolben verschwand im Gras, während der Lauf schwarz und naß auf dem Gehweg glänzte. Eine starke Böe peitschte den Regen mit neuerwachter Kraft gegen das Haus. Es heulte und krachte, als der Wind gegen sein Dach drückte und an den Fenstern rüttelte.
    Ich öffnete die Wagentür, stieg aus und rannte gebückt auf das Haus zu. Im leise fallenden Regen hörte ich meine Gummisohlen auf den feuchten Teer und den Kies klatschen.
    Angie war bei mir. Sie hielt das Handy am rechten Ohr und sprach aus dem Mundwinkel hinein: »Polizeibeamter verletzt in Germantown, Admiral Farragut Road 322. Ich wiederhole: Polizeibeamter verletzt in Germantown, Admiral Farragut Road 322.«
    Wir liefen über den Weg zur Treppe. Ich untersuchte schnell die beiden Fenster und die Tür. Die Tür sah aus, als sei sie von großen Tieren mit spitzen Klauen attackiert worden. Löcher prangten im Holz wie große Tränen; an mehreren Stellen konnte ich durch die Löcher ins Haus sehen und einen Blick auf gedämpfte Farben oder Licht erhaschen.
    Als wir die Stufen erreichten, wurden die Löcher plötzlich dunkel. Ich stieß Angie auf die Wiese, sie fiel hin, und ich sprang nach links.
    Es war, als würde die Welt explodieren. Man ist nie auf das Geräusch einer Waffe vorbereitet, die sieben Schüsse pro Sekunde abfeuert. Durch die Holztür gemildert, klang der Kugelhagel fast menschlich, eine Kakophonie tollwütiger, tödlicher Raserei.
    Poole ließ sich auf die Seite fallen, die Kugeln prallten von der Veranda ab. Ich griff nach seinem Gewehr im Gras. Meine .45 schob ich zurück ins Holster. Dann stützte ich mich auf ein Knie. Durch den Regen zielte ich auf die Tür und drückte ab. Das Holz qualmte. Als sich der Rauch verzogen hatte, konnte ich durch ein Loch von der Größe meiner Faust sehen. Ich wollte aufstehen, rutschte jedoch auf dem nassen Gras aus. Links von mir hörte ich das