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Kein Kinderspiel

Kein Kinderspiel

Titel: Kein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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der Helene befragte. Die Männer winkten in die Kamera.
    »Guck mal, wie die winken«, grinste Helene. »Die Weicheier. «
    »Angeber!« höhnte Dottie.
    Helene führte eine Dose Miller mit der Hand zum Mund, in der sie auch die Zigarette hielt. Die lange Asche berührte fast ihr Kinn, als sie trank.
    »Helene«, sagte Lionel.
    »Moment, wart mal kurz.« Helene winkte ihm mit der Bierdose zu, den Blick auf den Fernseher geheftet. »Jetzt kommt’s!«
    Beatrice sah uns an und verdrehte die Augen.
    Im Fernsehen fragte ein Journalist Helene, wer ihrer Meinung nach für die Entführung ihrer Tochter verantwortlich sei.
    »Was soll man denn auf so eine Frage antworten?« erwiderte die Helene im Fernsehen. »Ich meine, wer soll schon mein kleines Mädchen stehlen? Was soll das? Sie hat nie einem was getan. Sie war einfach ein liebes Mädchen, das immer süß gelächelt hat. Das hat sie die ganze Zeit gemacht, immer das süße Lächeln.«
    »Sie hatte wirklich ein süßes Lächeln«, fiel Dottie ein.
    »Hat ein süßes Lächeln«, berichtigte Beatrice.
    Die Frauen auf der Couch hatten sie offensichtlich nicht gehört.
    »Ja, echt«, schwärmte Helene. »Es war super. Einfach perfekt. Macht mich fertig.« Helenes Stimme brach, und sie stellte das Bier gerade so lange ab, um sich ein Kleenex aus der Box auf dem Tisch zu nehmen.
    Dottie tätschelte ihr das Knie und versuchte sie zu beruhigen.
    »Helene«, sagte Lionel erneut.
    Jetzt war nicht mehr Helene im Fernsehen zu sehen, sondern O. J. Simpson, der irgendwo in Florida Golf spielte.
    »Es ist einfach nicht zu glauben, daß er davongekommen ist«, sagte Helene.
    Dottie drehte sich zu ihr um. »Finde ich auch«, sagte sie, als würde sie ein großes Geheimnis kundtun.
    »Wenn er nicht schwarz wäre«, meinte Helene, »säße er jetzt im Knast.«
    »Wenn er nicht schwarz wäre«, meinte Dottie, »wäre er auf den Stuhl gekommen.«
    »Wenn er nicht schwarz wäre«, meinte Angie, »wäre es euch scheißegal.«
    Beide drehten sich um und schauten uns an. Sie schienen sich etwas über die Personen zu wundern, die plötzlich wie die Weisen aus dem Morgenland hinter ihnen aufgetaucht waren.
    »Was?« fragte Dottie und sah mit ihren braunen Augen von einem zum anderen.
    »Helene«, wiederholte Lionel.
    Helene sah ihn an. Die Maskara um ihre geschwollenen Augen war verschmiert. »Ja?«
    »Das sind Patrick und Angie, die zwei Detektive, von denen wir erzählt haben.«
    Helene winkte uns mit ihrem nassen Taschentuch schwach zu. »Hallo!«
    »Hi« grüßte Angie.
    »Hallo«, sagte ich.
    »Ich kenn’ dich von früher«, meinte Dottie zu Angie. »Du mich auch?«
    Angie lächelte freundlich und schüttelte den Kopf.
    »Von der High-School«, erklärte Dottie. »Du warst ein paar Klassen über mir.«
    Angie dachte kurz darüber nach und schüttelte dann wieder den Kopf.
    »Ja, richtig«, fuhr Dottie fort, »ich weiß noch genau. Madame Tausendschön. So haben wir dich immer genannt.« Sie nahm einen kräftigen Schluck Bier. »Bist du immer noch so?«
    »Wie?« fragte Angie.
    »Glaubst du immer noch, daß du was Besseres bist als die andern?« Sie beäugte Angie mit zugekniffenen Augen, so daß nicht zu erkennen war, ob sie rot waren. »Du warst so dermaßen eingebildet. Madame Tausendschön. Die Nase…«
    »Helene.« Angie wandte sich Helene McCready zu. »Wir müssen mit dir über Amanda sprechen.«
    Doch Helene betrachtete mich, die Zigarette schwebte einen Zentimeter vor ihren Lippen. »Du hast Ähnlichkeit mit einem. Stimmt doch, Dottie, oder?«
    »Was?« fragte Dottie.
    »Er hat Ähnlichkeit mit einem.« Schnell zog Helene zweimal an der Zigarette.
    »Mit wem?« Jetzt starrte auch Dottie mich an.
    »Weißt du doch«, gab Helene zurück. »Dieser Typ. Dieser Typ im Fernsehen, du weißt schon, welche Sendung ich meine.«
    »Nein«, widersprach Dottie und grinste mich vorsichtig an. »Welche Sendung?«
    »Diese eine«, sagte Helene. »Du mußt doch wissen, welche ich meine.«
    »Nein, weiß ich nicht.«
    »Doch, bestimmt.«
    »Welche Sendung denn?« Dottie wandte sich zu Helene. »Welche denn?«
    Helene blinzelte und runzelte die Stirn. Dann sah sie mich wieder an. »Du siehst genauso aus wie der«, versicherte sie mir.
    »Schön«, gab ich zurück.
    Beatrice lehnte sich gegen den Türrahmen und schloß die Augen.
    »Helene«, sagte Lionel zum wiederholten Mal, »Patrick und Angie wollen mit dir über Amanda sprechen. Allein.«
    »Wie?« rief Dottie. »Bin ich hier der

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