Kein Kinderspiel
erfährt«, erklärte Poole.
»Und?«
»Vielleicht haben Sie den Teil verpaßt, als wir sagten, daß wir keinen Staub aufwirbeln wollen«, sagte Broussard. »Wir wollen das Mädchen zurück, dann sind wir zufrieden.«
»Also, wenn euer theoretischer Mann so einen Deal mitmacht, dann ist er ein Wichser. Ein theoretischer Dummficker, das könnt ihr mir verdammt noch mal glauben.«
»Wir wollen einfach nur Amanda McCready zurück«, sagte Broussard. Er faßte sich mit der Hand in den Nacken und knetete die Haut. »Lebendig.«
Cheese lehnte sich zurück, wandte das Gesicht der Sonne zu und sog die Luft durch die Nase ein, als wolle er einen Teppich staubsaugen.
Poole trat einen Schritt zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete.
»Hatte mal ‘ne Alte in meinem Stall, die hieß McCready«, sagte Cheese schließlich. »Hat hin und wieder was gemacht, nicht regelmäßig. Sah nicht besonders aus, aber wenn man ihr das richtige Spielzeug gab, konnte man sie losschicken. Ihr wißt Bescheid?«
»Stall?« Broussard trat an den Tisch. »Soll daß heißen, Sie haben Helene McCready zum Zweck der Prostitution beschäftigt, Mr. Supercheese?«
Cheese beugte sich vor und lachte. »Zum Z-z-z-zweck der P-p-p-prostitution! Wow, hört sich das cool an, was? Ich gründe ‘ne Band und nenn’ sie Zum Zweck der Prostitution, dann sind die Konzerte mit Sicherheit immer rappelvoll!«
Mit einer schnellen Drehung des Handgelenks schlug Broussard Cheese Olamon auf die Nase. Nicht gerade ein zarter Klaps. Cheese hielt sich die Hände vors Gesicht, und sofort sickerte ihm Blut durch die Finger. Broussard schob sich zwischen die geöffneten Beine des riesigen Mannes und packte ihn am rechten Ohr. Er drehte es, bis ich die Knorpel knirschen hörte.
»Hör mir mal gut zu, du Stück Scheiße. Hörst du zu?« Cheese gab ein Geräusch von sich, daß wie eine Bestätigung klang.
»Helene McCready ist mir scheißegal. Meinetwegen kannst du sie am Ostersonntag an eine ganze Rotte Priester verscherbeln. Deine abgefuckten Drogendeals und welche Straßen du von hier aus kontrollierst, scheren mich einen Scheißdreck. Mir geht’s um Amanda McCready.« Er beugte sich vor und verdrehte das Ohr noch ein bißchen mehr. »Hast du den Namen verstanden? Amanda McCready. Und wenn du mir nicht sagst, wo sie ist, du Möchtegern-Stück-Negerscheiße, dann besorg’ ich mir die Namen von den vier fettesten schwarzen Arschlöchern hier im Bau, die so richtig gut auf dich zu sprechen sind, und sorg’ dafür, daß sie eine Nacht mit dir in Einzelhaft verbringen: nur sie mit ihren Schwänzen und einem Zippo. Hast du das verstanden, oder muß ich dich noch einmal schlagen?«
Er ließ das Ohr los und trat zurück.
Durch den Schweiß war das Haar von Cheese dunkler geworden. Hinter den vorgehaltenen Händen machte er ein schweres, rasselndes Geräusch. Es hörte sich an wie damals, wenn er als Kind einen Hustenanfall hatte und sich kurz darauf übergeben mußte.
Broussard machte eine schwungvolle Geste in Cheese’ Richtung und sah zu mir herüber. »Menschenkenntnis!« sagte er verächtlich und wischte sich die Hand an der Hose ab.
Cheese ließ die Hände sinken und lehnte sich auf der Bank zurück. Das Blut tröpfelte ihm über die Oberlippe in den Mund. Er atmete mehrmals tief durch, ließ Broussard dabei jedoch nicht aus den Augen.
Die Wachen auf dem Turm blickten in den Himmel. Die beiden Wachmänner an den Toren musterten ihre Schuhe, als hätten sie sie am selben Morgen geschenkt bekommen.
Ich hörte das ferne Geräusch von aneinanderschlagendem Stahl. Wahrscheinlich schleppte sich jemand mit Gewichten an den Füßen hinter den Gefängnismauern vorbei. Ein kleiner Vogel stürzte sich in den Besucherhof hinunter. Er war so winzig und flog so schnell, daß ich nicht einmal seine Farbe erkennen konnte, da stieg er schon wieder an der Wand auf und entschwand über dem Stacheldraht meinem Blickfeld.
Broussard trat von der Bank zurück, stellte sich breitbeinig hin und starrte Cheese mit einem derart leeren und gefühllosen Blick an, als betrachte er eine Baumrinde. So hatte ich Broussard noch nicht gesehen.
Als Kollegen hatte er Angie und mich mit beruflichem Respekt und sogar einer gewissen Freundlichkeit behandelt. So kannten ihn bestimmt die meisten Menschen: der gutaussehende, weltgewandte Beamte mit dem tadellosen Äußeren und dem Lächeln eines Filmstars. Aber im Gefängnis von Concord offenbarte sich mir der Straßenbulle, der
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