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Kein Kinderspiel

Kein Kinderspiel

Titel: Kein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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wenn ihr mit irgend jemandem über diese Angelegenheit sprecht - mal sehen, ob ich das noch hinkriege -, daß er euch für den Mord an Marion Socia den Arsch bis zum Blinddarm aufreißt.«
    Ich sah zur Tür der Mühle hinüber, wo Doyle verschwunden war. »Einen Scheiß tut der.«
    Broussard schüttelte den Kopf. »Der blufft nie. Wenn er sagt, er kriegt euch deswegen ran, dann kann er das auch.«
    Ich dachte darüber nach. Vor vier Jahren hatten Angie und ich einen Zuhälter und Crackdealer namens Marion Socia kaltblütig unter dem Southeast Expressway getötet. Wir hatten nicht registrierte Waffen benutzt und die Fingerabdrücke abgewischt.
    Doch hatten wir einen Zeugen gehabt, einen zukünftigen Bandenkönig namens Eugene. Seinen Nachnamen hatte ich nie erfahren, und damals war ich überzeugt gewesen, daß Eugene Socia umgebracht hätte, wenn ich ihn nicht vorher erledigt hätte. Nicht auf der Stelle, aber irgendwann. Ich nahm an, daß Eugene im Laufe der Jahre ein paarmal in der Patsche gesessen hatte - eine Karriere beim Bankhaus Shearson Lehman schien bei ihm nicht sehr wahrscheinlich - und dann in der Hoffnung auf einen Straferlaß unsere Namen genannt hatte. Aufgrund des absoluten Mangels an Beweisen, die uns mit dem Tod von Socia in Verbindung bringen konnten, hatte der Staatsanwalt sicherlich entschieden, die Sache nicht weiterzuverfolgen. Doch irgend jemand hatte diese Information erhalten und sie an Doyle weitergegeben.
    »Er hat uns am Schlawittchen, das wollen Sie sagen.«
    Broussard sah kurz mich, dann Angie an und grinste. »Euphemistisch gesagt natürlich. Aber: ja. Er hat euch in der Hand.«
    »Wie tröstlich!« seufzte Angie.
    »Diese Woche war von vorne bis hinten tröstlich.« Broussard warf seine Zigarette fort. »Ich suche jetzt mal ein Telefon, ruf meine Frau an und erzähl ihr die guten Neuigkeiten.«
    Er ging in Richtung der Polizisten und Einsatzwagen, die um Gutierrez’ Lexus herumstanden. Er hatte die Schultern hochgezogen und die Hände in den Taschen vergraben. Seine Schritte waren ein klein wenig unsicher, so als fühle sich der Untergrund für ihn nun anders an als eine halbe Stunde zuvor.
    Angie schüttelte sich vor Kälte, und ich tat es ihr nach. Als der Morgen mit Farben von tiefschwarzem Violett bis Dunkelrosa über den Hügeln anbrach, gingen die Taucher wieder ins Wasser. Die Polizisten hatten sich auf den morgendlichen Verkehr eingerichtet, indem sie die Pritchett und die Quarry Street mit gelbem Band und Holzböcken abgesperrt hatten. Eine Einheit von Troopern bildete eine Menschenkette vor den Hügeln. Um fünf Uhr morgens wurden weitere Beamte an den Zufahrten zu allen größeren Straßen postiert, doch durften die Autos die Kontrollpunkte passieren, auch die Auf-und Abfahrten der Autobahnen wurden wieder geöffnet. Schon bald campierten Übertragungswagen des Fernsehens und Zeitungsreporter auf der Schnellstraße und blockierten den Standstreifen, als hätten sie hinter der nächsten Ecke gewartet. Sie leuchteten auf uns herunter und in die Hügel. Mehrmals riefen Journalisten Angie zu, warum sie keine Schuhe trage. Mehrmals antwortete Angie, indem sie den Kopf gesenkt hielt und den Mittelfinger ausstreckte.
    Anfangs waren die Presseleute gekommen, weil durchgesickert war, daß in den Steinbrüchen von Quincy mehrere hundert Schuß aus einer automatischen Waffe abgefeuert und zwei Leichen auf der Pritchett Street gefunden worden seien, deren Zustand auf eine professionelle Exekution schließen ließ. Dann wehte der Name Amanda McCready irgendwie mit der morgendlichen Brise von den Hügeln herunter, und der Zirkus begann.
    Einer der Journalisten auf der Schnellstraße erkannte Broussard, die anderen schließlich auch, und schon bald fühlten wir uns wie Galeerensklaven.
    »Detective, wo ist Amanda McCready?«
    »Ist sie tot?«
    »Ist sie im Steinbruch?«
    »Wo ist Ihr Kollege?«
    »Stimmt es, daß die Entführer von Amanda McCready letzte Nacht erschossen wurden?«
    »Ist an dem Gerücht, daß das Lösegeld verloren ist, irgend etwas dran?«
    »Wurde Amandas Leiche aus dem See geborgen? Tragen Sie deshalb keine Schuhe, Ma’am?«
    Wie auf ein Stichwort hin überquerte ein Trooper mit einer Papiertasche die Pritchett Street und reichte sie Angie. »Ihre Sachen, Ma’am. Haben sie uns zusammen mit ein paar Blindgängern runtergeschickt.«
    Angie dankte ihm mit gesenktem Kopf. Dann holte sie ihre Doc Martens aus der Tüte und zog sie an.
    »Mit dem Sweatshirt wird das aber

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