Kein Kinderspiel
gewesen.«
»Verfluchte Scheiße, das kann ich nicht glauben«, rief Angie. Sie hatte aufgehört, mit den Zähnen zu klappern. »Er hat sein Leben riskiert für…«
»Miss Gennaro«, unterbrach Broussard sie und legte ihr eine Hand aufs Knie. »Major Dempsey sagt nichts anderes, als was Lieutenant Doyle sagen wird.«
»Hören Sie auf Detective Broussard, Miss Gennaro«, bekräftigte Dempsey.
“Irgend jemand muß die Schuld für diese Scheiße auf sich nehmen«, erklärte Broussard, »und dazu haben sie mich auserkoren.« Dempsey schmunzelte: »Sie waren der einzige, der sich um das Amt beworben hat.« Er ließ uns stehen und ging zu einer Gruppe Staties, sprach in sein Walkie-talkie und blickte zu den Hügeln des Steinbruchs hinauf.
»Das ist nicht fair«, sagte Angie.
»Doch«, gab Broussard zurück, »Ist es.« Er warf die Zigarette fort, die bis auf den Filter abgeraucht war. »Ich hab’s verbockt.«
» Wir haben’s verbockt«, korrigierte Angie.
Er schüttelte den Kopf. »Wenn wir das Geld noch hätten, könnten wir damit leben, daß Amanda noch vermißt ist oder sogar tot. Aber ohne das Geld stehen wir da wie eine Lachnummer. Und das ist meine Schuld.« Er spuckte auf die Straße, schüttelte den Kopf und trat mit der Hacke gegen den Autoreifen.
Angie sah zu, wie ein Techniker von der Spurensicherung Amandas Puppe in eine Plastiktüte schob, sie versiegelte und mit einem Edding beschriftete.
»Sie ist da oben irgendwo, stimmt’s?« Angie blickte auf die dunklen Hügel.
»Ja, sie ist da oben«, bestätigte Broussard.
20
Als der Morgen graute, waren wir noch immer dort. Ein Abschleppwagen zog den Lexus die Pritchett Street herunter und bog in den Kreisverkehr ein, der auf die Schnellstraße führte.
Beamte von der State Police gingen in die Hügel und kehrten mit Säcken voller Patronenhülsen und Patronensplitter zurück, die sie aus Gestein oder Baumstämmen geborgen hatten. Angeblich hatte auch einer von ihnen Angies Sweatshirt und Schuhe gerettet, doch schien niemand zu wissen, wo sie waren und was er damit getan hatte. Im Laufe unserer Nachtwache hatte ein Polizist aus Quincy Angie eine Decke über die Schultern gelegt, doch hörte sie nicht auf zu zittern. Ihre Lippen sahen im Schein der Straßenlaternen, der Autoscheinwerfer und Lampen am Tatort richtig blau aus.
Gegen ein Uhr nachts kam Lieutenant Doyle aus den Hügeln und winkte Broussard mit gekrümmtem Finger zu sich. Sie gingen zusammen bis zum gelben Absperrband, das um die alte Mühle gespannt war. Sobald sie stehengeblieben waren und sich gegenüberstanden, donnerte Doyle los. Man konnte die einzelnen Worte nicht verstehen, doch war sein Geschrei deutlich zu vernehmen, und wir erkannten genau, wie er Broussard den Zeigefinger vor die Nase hielt und ihn überzeugte, daß ein »Mensch, wir haben es schließlich versucht« seine Laune nicht gerade verbesserte. Broussard hielt den Kopf die meiste Zeit gesenkt, doch es dauerte eine ganze Weile, mindestens zwanzig Minuten, wobei sich Doyle immer heftiger aufregte. Als er fertig war, blickte Broussard auf, und Doyle schüttelte den Kopf auf eine Art, daß wir selbst aus einer Entfernung von fünfzig Metern verstanden, wie endgültig dieses Urteil war. Er ließ Broussard stehen und ging in die alte Mühle.
»Schlechte Nachrichten, nehme ich an«, begrüßte ihn Angie, und Broussard schnorrte noch eine Zigarette aus ihrer Packung, die auf der Motorhaube des Autos lag.
»Ich werde irgendwann morgen suspendiert, eine Anhörung der Staatsanwaltschaft ist anhängig.« Broussard zündete die Zigarette an und zuckte mit den Schultern. »Meine letzte Dienstaufgabe wird es sein, Helene McCready zu informieren, daß wir ihre Tochter nicht bekommen haben.«
»Und Ihr Lieutenant?« fragte ich. »Der diesen Einsatz genehmigt hat? Trägt der auch Verantwortung dafür?«
»Nein.« Broussard lehnte sich gegen die Stoßstange, zog an der Zigarette und atmete blaue Luft aus.
»Nein?« wiederholte Angie.
»Nein.« Broussard aschte auf die Straße. »Ich nehme die Schuld und die Verantwortung auf mich und gebe zu, sachdienliche Hinweise unterschlagen zu haben, um den Ruhm und die Abzeichen allein zu kassieren. So kann ich wenigstens bei der Polizei bleiben.« Er zuckte wieder mit den Schultern. »Kleine Einführung in die Politik der Polizei.«
»Aber…«, begann Angie erneut.
»Ach ja«, unterbrach Broussard und sah sie an, »der Lieutenant hat mich ausdrücklich darauf hingewiesen, daß er euch,
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