Kein König von Geburt
von irgendeiner unheimlichen mentalen Unterströmung gespürt. Aber unerfahren, wie er in den Nuancen der Fernwahrnehmung war, konnte er nicht einmal sicher sagen, ob sie tatsächlich existierte, geschweige denn sie identifizieren oder ihre Quelle aufspüren. Er hatte sich an Culluket gewandt, und der Inquisitor hatte nichts entdeckt. Was die Emanation auch sein mochte, sie schien sich eng an den einzigartigen menschlichen Modus zu halten.
Als Mercy eingeschlafen war und er unbefriedigt wachlag, brachte er schließlich den Mut auf, dem gemeinsten Verdacht nachzugehen: daß sie selbst die Quelle der metapsychischen Störungen war. Vorsichtig erzeugte er eine weiche Gehirnsonde, die angeblich nicht zu entdecken war, mit seiner großen koerziblen Fähigkeit verbunden und dazu benutzt werden konnte, Geheimnisse auszukundschaften. Der Inquisitor hatte ihn mehrere Monate lang in ihrem Gebrauch unterrichtet, und er hatte sie mit Erfolg bei anderen Menschen angewendet - vor allem dem potentiellen Verräter Sullivan. Aber bisher hatte Aiken nicht gewagt, im Gehirn seiner Frau zu schnüffeln. Das Redigieren war das schwächste seiner Talente, und wenn sie ihn ertappte ...
Mercy lächelte im Schlaf. Wut erfaßte ihn. Es mußte sein! Eine andere Erklärung gab es nicht. Auf keine andere Weise konnte er feststellen, warum sie keine Angst mehr vor ihm hatte - und deshalb sexuell nicht mehr auf ihn reagierte.
Die Sonde drang unbemerkt ein.
Bist du glücklich Mercy mein Schatz?
So glücklich.
Und warum bist du glücklich?
Ich habe mein Kind, und ich habe meinen geliebten Mann.
Und wer ist er?
Wer anders als mein wahrer Geliebter?
(Aber kein Bild, verdammt soll sie sein!) Sieh deinen Geliebten an liebe Mercy und sage mir was du siehst.
Ich sehe die Morgensonne hinter dem Binnenmeer aufgehen.
(Sonne!) Hörst du seine Stimme?
Jetzt höre ich sie.
»Aber sie könnte von Mir sprechen!) Wie ist sein Name Mercy mein Schatz?
Sein Name ist Freude. Helligkeit. Kulmination.
Wo ist er Frau wo ist er WER ist er?
Oh ... oh ... halbwegs zwischen Var-Mesk und der Hölle ach geh nicht Liebster hüte dich vor dem Ungeheuer warte auf mich daß ich dir helfe warte ...
Jesus!
Er verlagerte seine koerzible Bemühung von ihrem Kortex auf den Hirnstamm, bis sie ihre nervösen Bewegungen einstellte, ihr Atem wieder langsam und regelmäßig ging und keine Gefahr mehr bestand, daß sie aufwachte. Aber irgend etwas auf ihrer tiefsten mentalen Ebene war jetzt auf der Hut. Es hatte ihn nicht als den Eindringling erkannt, wußte jedoch, daß etwas Bedrohliches da war. Aiken wartete. Der Kristall der Erkenntnis fuhr fort zu glühen. Endlich zog er sich mit äußerster Vorsicht zurück. Er verhielt sich noch eine Weile ruhig, dann stieg er aus dem Bett, warf einen Mantel über und kehrte auf den Balkon zurück, um nachzudenken.
Jede einzelne dieser Antworten, die Mercy gegeben hatte, konnte sich ebenso gut auf ihn wie auf den anderen beziehen. Nur die flüchtige Anspielung auf Var-Mesk war rätselhaft. (Es sei denn, man klassifizierte das ganze verdammte Frage- und Antwortspiel als sinnlos.) Gehirnschnüffelei! Wie schlecht, wie feige, so etwas zu tun - im Gehirn der Frau herumzustochern, die er liebte, nach einem Vorwand zu suchen, um sie hereinzulegen.
Ja, um sie hereinzulegen.
Ja, die Frau, die er liebte.
»Niemals wieder«, schwor er. »Ganz gleich, welchen Verdacht ich gegen sie hege. Wenn es nun doch stimmt und er zurückkommt, werde ich es früh genug herausfinden. Aber nicht, indem ich Mercys Gehirn sondiere.«
Er stand auf dem Balkon, sah den Eulen zu und horchte auf die Brandung der Straße von Redon. Wie wahr: König zu sein, konnte die Hölle bedeuten.
Mit einem Schlag stellte er sein Grübeln ein, ließ seine rasenden Gedanken innerhalb des selbst gewebten und des künstlichen Schirms - er trug das psychoelektronische Gerät jetzt ständig - erschlaffen. Mutlos, von einer Spur Angst berührt, trieb er dahin ...
Und da hörte er es.
Eine ferngesprochene Stimme, schwach, aber deutlich, trotz der doppelten Barrikade, und sie benutzte seinen intimen Modus:
Aiken Drum. Endlich können wir dich begrüßen. Du warst eine harte Nuß zu knacken, weißt du. Hab keine Angst! Wir versuchen jetzt seit fast einer Woche, dich anzusprechen - und unglücklicherweise hat es am europäischen Ende eine Menge unsauberer Streuung gegeben. Es muß für die Leute deiner Umgebung sehr unangenehm gewesen sein.
»Wer, zum Henker, ist das?«
Weitere Kostenlose Bücher