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Kein König von Geburt

Kein König von Geburt

Titel: Kein König von Geburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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distinguierten Gast geliefert hatte. »Silber! Silber sollst du haben, geschaffen von der Lady Kreatorin persönlich. Meine Liebesgabe für dich, Schlachtenmeister.«
    Sie winkte, und Teller und Schüssel und Becher und Krug schimmerten, schmolzen, verloren die Form und wirbelten dann in einer funkelnden metallischen Wolke um das Ende seines ausgestreckten Arms. »Silber!« rief sie noch einmal. »Nodonn von der silbernen Hand!«
    Es war geschafft. Die von Isak Henning geschnitzte primitive Prothese war verschwunden. Ihre Stelle nahm eine perfekte Nachbildung des fehlenden Gliedes ein, spiegelblank, so fein gefügt, daß die Scharniere unsichtbar waren. Mercy beugte sich über die Hand, küßte jeden Finger und dann die Innenfläche.
    »Ich will sie tragen, bis ich Aiken Drum vernichtet habe«, schwor er. »Bis ich König des Vielfarbenen Landes bin und du meine Königin bist -
    Er zog die beiden Glashandschuhe an und öffnete Mercy die Tür. Keiner von beiden achtete auf den stinkenden Katarakt, als sie im Licht ihrer leuchtenden Gesichter an die Oberfläche zurückstiegen.

2
    »Testboard klar?« kam Betsys hohle Stimme aus dem Innern des Magnetfluß-Vernetzers.
    »Ja«, antwortete Ookpik, die Kabel entwirrend.
    »Gib den Input auf den tertiären MHD-Regulator«, befahl Betsy. Von ihm war nichts weiter sichtbar als ein Reifrock, der als großer Haufen auf dem Kerametall-Deck lag. Sein Oberkörper schien vom exotischen Mechanismus, an dem er arbeitete, verschluckt worden zu sein.
    »O ja, der MHD-drei sieht wirklich gut aus«, meldete Ookpik.
    Aus der Zugangsluke kam eine Hand mit abgebröckeltem Lack auf den Nägeln und fuhrwerkte in der Luft herum. »Jetzt müssen wir schließen und unterbrechen. Gib mir die Thermonadel Nummer zehn, diesen rosa Chip mit den vielen Drähten und die Komponente mit dem Symbol, das wie ein Pik-As aussieht!«
    »Da hast du sie.« Ookpik drückte Betsy die Gegenstände in die Hand. Ein eigenartiges Zischen war zu hören. Ein paar Rauchfäden strömten um die enggeschnürte Taille des Ingenieurs. Dann kam ein Schrei im Falsett. Betsy krabbelte hastig aus den Eingeweiden des Vernetzers heraus, zerrte an seiner Kehle und gab bildhafte elisabethanische Redensarten von sich. »Habe mir meine verdammte Halskrause angesengt«, erklärte er, nachdem er den geschwärzten Spitzenrest abgerissen hatte. Er rückte die perlengeschmückte Perücke zurecht, schob sich die Vergrößerungsgläser wieder über die Augen und tauchte in die Maschine zurück. Zu weiteren Zischgeräuschen gesellte sich ein Geläut von Elfenglocken.
    »Geschafft!« Betsy kam von neuem zum Vorschein. »Jetzt testen wir das gesamte Außennetz.«
    Der Inuit-Techniker drückte die entsprechenden Tasten und studierte die Anzeigen mit wachsender Aufregung. »Donnerwetter, Bets, es funktioniert!«
    Betsy schrie: »Flugdeck klar?«
    »Flugdeck aye«, antwortete die wohlklingende Stimme der Baronin.
    »Einschalten!«
    Betsy drückte die Luke zu und befestigte sie. Das tiefe, nachklingende Summen aller sechzehn Generatoren füllte den Bauch der fremden Flugmaschine. Er und Ookpik reichten sich die kleinen Finger und grinsten. Dann rief er: »Saft in das Außennetz, Charly!«
    »Außennetz aye«, sagte die Baronin. »Wollt ihr nur einen Bodentest machen, oder fliegen wir endlich einmal?«
    Betsy klopfte sich den Staub ab. Der aprikosenfarbene Brokat seines prachtvollen Kleides war fleckig und zerrissen, und die Rüschen um die Handgelenke waren zum größten Teil abgesengt worden. Aber die Perlenschnur schimmerte immer noch herrlich in seinem Dekollete, und der hochstehende Kragen aus Goldspitze war fast gar nicht beschädigt. Er nahm die Vergrößerungsgläser ab, verstaute sie in seinem Ridikül und ging nach vorn.
    »Die Idiotenlampen für die Maschinen leuchten alle zyan«, berichtete Baronin Charlotte-Amalie von Weißenberg-Rothenstein. Sie wies auf die Bullaugen links und rechts. »Wie du siehst, ist das Außennetz tadellos. Ich stimme für einen Flugtest. Wir haben noch genug Zeit vor dem Abendessen.«
    Betsy sah zu den anomalen zurückgeklappten Flügeln hin, über die das purpurne Feuer des Rho-Feldes kroch. »Na gut! Starte!«
    Die Hände der Baronin flogen über die fremdartigen Kontrollen, bereiteten den gravomagnetischen Flieger zum Abheben vor. Betsy ließ sich dankbar in den rechten Sitz sinken, während Ookpik sich an den Navigationstank lehnte, gedankenverloren auf einem Ende seines Schnurrbarts kaute und die

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