Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
sage ich erstaunt. Dieser Ring ist Tausende wert. Den würde Wanda doch sicher nicht durch die Gegend werfen.
»Nein, den geflochtenen Goldring. Den da!« Er deutet auf meine Hand. »Als sie ihn für Magnus aus ihrer Frisierkommode holte. Sie hat ihm den Ring an den Kopf geworfen und ihn dabei an der Stirn verletzt.« Er lacht. »War aber nicht so schlimm.«
Regungslos starre ich ihn an. Was hat er da gerade gesagt? Wanda hat den geflochtenen Goldring aus ihrer Kommode genommen?
»Ich dachte …« Ich versuche, entspannt zu klingen. »Ich dachte, Magnus hätte ihn in Brügge gekauft.«
Felix macht ein verdutztes Gesicht. »O nein. Es ist Mums. Oder besser: war Mums.«
»Ach so.« Ich lecke über meine trockenen Lippen. »Und, Felix, was ist da genau passiert? Wieso hat sie ihm den Ring gegeben? Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen!« Ich gebe mir alle Mühe, unbeschwert zu klingen. »Erzähl mir die ganze Geschichte.«
»Na ja …« Felix verdreht die Augen, als versuchte er, sich zu erinnern. »Mum meinte zu Magnus, er könnte sich den Versuch sparen, dir den Smaragdring noch mal zu geben. Und dann hat sie den Goldring genommen und gesagt, sie könnte es kaum erwarten, dich zur Schwiegertochter zu bekommen. Dann meinte Dad: ›Die Mühe kannst du dir sparen. Es ist doch offensichtlich, dass Magnus kein Durchhaltevermögen besitzt‹, und da wurde Magnus wütend und meinte, das hätte er sehr wohl, und Dad sagte: ›Denk nur an seinen Job in Birmingham‹, und dann gab es wie immer einen Riesenstreit, und dann … haben wir uns was zu essen bestellt.« Er blinzelt. »Das war es mehr oder weniger.«
Hinter mir beugt sich Annalise vor, um zu lauschen. »Deshalb hast du also die Ringe getauscht. Ich wusste doch, dass du nicht allergisch gegen Smaragde bist.«
Das ist Wandas Ring. Magnus hat ihn gar nicht speziell für mich gekauft. Ich starre meine Hand an, und mir wird ein bisschen übel. Da fällt mir noch was ein.
»Welcher Job in Birmingham?«
»Du weißt schon. Den er hingeschmissen hat. Dad liegt ihm dauernd in den Ohren, dass er ein Drückeberger ist. Tut mir leid, ich dachte, du wüsstest Bescheid.« Felix mustert mich neugierig, als dröhnende Orgelakkorde uns alle zusammenzucken lassen. »Oha, es geht los. Ich mach mich auf die Socken. Wir sehen uns drinnen.«
»Ja, okay.« Irgendwie bringe ich ein Nicken zustande. Aber ich fühle mich, als wäre ich auf einem anderen Planeten. Ich muss das alles erst verdauen.
»Fertig?« Reverend Fox steht an der Tür und winkt uns. Als wir im hinteren Teil der Kirche ankommen, stöhne ich unwillkürlich auf. Alles ist voller Blumenarrangements und überall sitzen Leute mit Hüten, und die Luft knistert vor gespannter Erwartung. Ganz vorn erkenne ich Magnus’ Hinterkopf.
Magnus . Bei dem bloßen Gedanken will sich mir fast der Magen umdrehen. Ich kann nicht … Ich brauche Zeit, um nachzudenken …
Aber ich habe keine Zeit. Die Orgel nimmt Fahrt auf. Plötzlich stimmt der Chor mit ein. Reverend Fox ist schon durch den Mittelgang enteilt. Die Achterbahn fährt los, und ich sitze ganz vorn.
»Alles klar?« Toby grinst Tim an. »Bring sie nicht zum Stolpern, Bigfoot.«
Und wir sind unterwegs. Wir schreiten den Mittelgang entlang. Die Leute lächeln mich an, und ich bemühe mich um einen gelassenen, entrückten Blick, doch meine Gedanken sind ungefähr so gelassen wie die Partikel, die im CERN herumflitzen.
Es macht nichts … es ist nur ein Ring … ich übertreibe … aber er hat mich belogen …
Oh, wow, guck dir Wandas Hut an …
Meine Gott, diese Musik ist wirklich schön, Lucinda hatte recht mit dem Chor …
Was für ein Job in Birmingham? Wieso hat er mir nie davon erzählt?
Gleite ich auch? Scheiße. Okay, so ist’s besser …
Komm schon, Poppy. Perspektivenwechsel. Du führst eine großartige Beziehung mit Magnus. Ob er diesen Ring selbst gekauft hat oder nicht, ist völlig unerheblich. Irgendein früherer Job in Birmingham ist unerheblich. Und was Sam angeht …
Nein. Vergiss Sam. Das hier ist die Realität. Das hier ist meine Hochzeit. Es ist meine Hochzeit, und ich kann mich nicht mal richtig darauf konzentrieren. Was ist los mit mir?
Ich werde es tun. Ich kann es schaffen. Ja. Ja, los jetzt …
Wieso zum Teufel sieht Magnus so verschwitzt aus?
Als ich vor dem Altar ankomme, werden alle anderen Gedanken zeitweilig von diesem letzten überlagert. Ich kann gar nicht anders, als Magnus erschüttert zu betrachten. Er sieht schrecklich aus.
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