Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
Lebensläufe beigefügt. Da sind sogar ein paar Videos. Offenbar waren die Leute übers Wochenende fleißig. Ich zucke zusammen, als ich eine Mail mit dem Titel »1001 Ideen für WGC – Teil 1« sehe und mich abwende.
Gehofft hatte ich, dass sich übers Wochenende alles wieder beruhigen würde und die Leute es vergessen hätten. Gegen acht Uhr heute früh jedoch brach eine E-Mail-Lawine über mein Handy herein, und nach wie vor fliegen sie hin und her. Nach wie vor gibt es Gerüchte, dass es sich dabei um eine hintertriebene Stellenausschreibung handelt. Es herrscht ein bitterer Disput darüber, welche Abteilung die Idee mit der Expansion nach Amerika zuerst hatte. Malcolm schickt noch immer genervte Mails, in denen er fragt, wer diese Initiative genehmigt hat. Im Grunde herrscht das reine Chaos. Haben diese Menschen denn nichts anderes zu tun?
Immer wenn ich daran denke, fange ich an zu hyperventilieren. Also habe ich mir eine neue Technik angewöhnt: Ich denke nicht. Es kann bis morgen warten.
Genauso wie Willows neueste Mail an Sam. Mittlerweile bin ich zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht nur wie ein Supermodel aussehen, sondern außerdem eine Granate im Bett und Milliardärin sein muss, um ihre Zickigkeit aufzuwiegen.
Heute hat sie mal wieder einen ätzenden Sermon losgelassen und schreibt, dass Sam ihr ein bestimmtes Peeling aus Deutschland besorgen solle, wenn er schon mal da sei, aber wahrscheinlich sei ihm das ja sowieso egal. Das sehe ihm nämlich ähnlich. Obwohl sie die ganze Gänseleberpastete aus Frankreich für ihn angeschleppt habe und es ihr dabei fast hochgekommen wäre. Aber so sei sie nun mal. Davon könne er sich eine Scheibe abschneiden. Andererseits: Hat er auch nur EINMAL eine Scheibe für sie abschneiden wollen? HAT ER ???
Ehrlich. Die macht mich fertig.
Ich scrolle mich durch die endlose Liste von E-Mails, als mir eine auffällt. Sie ist von Adrian Foster vom Marketing.
Lieber Sam,
danke, dass Sie zugesagt haben, Lindsay ihren Geburtstagsstrauß zu überreichen – endlich ist er eingetroffen! Da Sie heute nicht da waren, habe ich die Blumen in Ihr Büro gelegt. Sie stehen im Wasser, also müssten sie okay sein.
Gruß,
Adrian
In Wahrheit hat keineswegs Sam eingewilligt, ihr die Blumen zu überreichen. Das war ich, in Sams Namen.
Inzwischen bin ich mir nicht mehr ganz so sicher, ob es eine gute Idee war. Was ist, wenn er morgen schrecklich viel zu tun hat? Was ist, wenn er sauer wird, weil er sich die Zeit nehmen muss, Blumen zu überreichen? Wie könnte ich es ihm erleichtern?
Ich zögere einen Moment, dann schreibe ich eilig eine Mail an Lindsay.
Hi, Lindsay,
ich möchte Ihnen etwas geben, in meinem Büro. Etwas, das Ihnen gefallen wird. ☺ Schauen Sie morgen mal rein. Jederzeit.
Sam xxxxx
Ich drücke Senden, ohne sie mir noch einmal durchzulesen, und nehme einen Schluck Cosmo. Etwa zwanzig Sekunden lang bin ich entspannt, genieße meinen Drink, frage mich, wann es wohl Schnittchen gibt. Dann schrecke ich plötzlich auf, als wäre ein Wecker losgegangen.
Moment. Ich habe Küsschen unter Sams Namen gesetzt. Das hätte ich nicht tun sollen. Unter geschäftliche Mails setzt man keine Küsschen.
Scheiße. Ich rufe die Mail auf, lese sie noch einmal und zucke zusammen. Ich bin dermaßen an Küsschen gewöhnt, dass sie ganz automatisch rauskommen. Aber Sam setzt nie Küsschen unter irgendwas. Nie im Leben.
Sollte ich irgendwie versuchen, die Küsschen zu ent -senden?
Liebe Lindsay. Nur um das klarzustellen: Ich wollte gerade eben keine Küsschen unter die Mail setzen …
Nein. Schrecklich. Ich werde es lassen müssen, wie es ist. Wahrscheinlich mache ich aus einer Mücke einen Elefanten. Vermutlich merkt sie es gar nicht …
O Gott. Da ist schon eine Antwort von Lindsay gekommen. Das ging schnell. Ich klicke darauf und starre die Mail an.
Bis dann, Sam.
Lindsay xx ☺
Zwei Küsschen und ein Smiley. Ist das normal?
Ich glotze die Mail eine Weile an und versuche, mir einzureden, dass es das ist.
Ja. Ja, ich glaube, das ist normal. Es könnte definitiv normal sein. Nur freundliche Bürokorrespondenz.
Ich stecke mein Telefon weg, leere meinen Drink und sehe mich nach dem nächsten um. Ein paar Meter entfernt steht eine Kellnerin, und ich schiebe mich durch die Menge.
»… Vorgehensweise Sam Roxtons Idee?« Die Stimme eines Mannes erregt meine Aufmerksamkeit. »Das ist doch lachhaft .«
»Du kennst doch Sam …«
Abrupt bleibe ich stehen, gebe vor, an meinem Handy
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