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Kein Land für alte Männer

Kein Land für alte Männer

Titel: Kein Land für alte Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cormac McCarthy
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das gibt’s heute gar nicht mehr. Das spürt man ganz deutlich. Nigger Hoskins drüben in Bastrop County hat von jedem im ganzen County die Telefonnummer auswendig gewusst.
Schon komisch, wenn man sich’s überlegt. Gelegenheiten zum Missbrauch gibt’s so gut wie überall. Die Verfassung von Texas stellt keine Anforderungen an Leute, die Sheriff sein wollen. Keine einzige. Und so was wie ein County-Recht gibt’s nicht. Stellen Sie sich einen Job vor, bei dem Sie so ziemlich die gleiche Macht haben wie der liebe Gott, keine Anforderungen an Sie gestellt werden und Sie dafür verantwortlich sind, für die Einhaltung nicht existierender Gesetze zu sorgen, und dann sagen Sie mir, ob das merkwürdig ist oder nicht. Ich find’s nämlich schon merkwürdig. Ob es funktioniert? Ja. Zu neunzig Prozent.
Anständige Menschen bei der Stange zu halten, dazu gehört sehr wenig. Sehr wenig. Und schlechte Menschen lassen sich überhaupt nicht bei der Stange halten. Wenn, hab ich jedenfalls noch nie davon gehört.

Der Bus hielt um Viertel vor neun in Fort Stockton, und Moss stand auf, lüpfte seine Tasche von der Gepäckablage, nahm den Aktenkoffer vom Sitz und blickte auf Carla Jean herab.
Steig mit dem Ding in kein Flugzeug, sagte sie. Sonst machen sie dich fertig.
Meine Mama hat keine dämlichen Kinder großgezogen.
Wann rufst du mich an?
In ein paar Tagen.
Na gut.
Pass auf dich auf.
Ich hab ein blödes Gefühl, Llewelyn.
Und ich hab ein gutes. Das müsste sich ja dann ausgleichen.
Hoffentlich.
Ich kann dich nur von einem Münztelefon aus anrufen.
Ich weiß. Ruf mich an.
Mach ich. Hör auf, dir wegen allem Sorgen zu machen.
Llewelyn?
Was?
Nichts.
Was denn?
Nichts. Ich wollt’s bloß sagen.
Pass auf dich auf.
Llewelyn?
Was?
Tu niemandem was. Hast du verstanden?
Die Tasche über die Schulter gehängt, stand er da. Versprechen tu ich gar nichts, sagte er. Dann kriegt man nämlich garantiert was ab.

Bell hatte gerade den ersten Bissen seines Abendessens zum Mund geführt, als das Telefon klingelte. Er ließ die Gabel wieder sinken. Sie schob bereits ihren Stuhl zurück, doch er wischte sich den Mund mit seiner Serviette und stand auf. Ich geh dran, sagte er.
Na gut.
Woher zum Teufel wissen die, wann man isst? Wir essen nie so spät.
Du sollst nicht fluchen.
Er nahm den Hörer ab. Sheriff Bell, sagte er.
Er hörte eine Zeitlang zu. Dann sagte er: Ich esse noch fertig. Wir treffen uns dort in ungefähr vierzig Minuten. Lass einfach die Lichter an deinem Wagen an.
Er legte auf, kehrte an den Tisch zurück, setzte sich, legte die Serviette auf seinen Schoß und griff zur Gabel. Jemand hat ein brennendes Auto gemeldet, sagte er. Auf dieser Seite vom Lozier Canyon.
Was hältst du davon?
Er schüttelte den Kopf.
Er aß. Er trank den letzten Schluck Kaffee. Komm doch mit, sagte er.
Ich hole eben meine Jacke.
Am Gatter bogen sie von der Straße ab, fuhren über die Viehsperre und hielten hinter Wendells Wagen.
Wendell kam zu ihnen, und Bell kurbelte das Fenster herunter.
Es ist ungefähr einen Kilometer weiter, sagte Wendell. Fahren Sie mir einfach nach.
Ich kann’s sehen.
Ja, Sir. Vor ungefähr einer Stunde hat’s richtig gut gebrannt. Die Leute, die es gemeldet haben, haben es von der Straße aus gesehen.
Sie hielten ein kurzes Stück davon entfernt, stiegen aus und sahen sich die Sache an. Man konnte die Hitze im Gesicht spüren. Bell ging um seinen Wagen herum, öffnete die Tür und reichte seiner Frau die Hand. Sie stieg aus und verschränkte die Arme vor der Brust. Ein Stück weiter parkte ein Pick-up, bei dem zwei Männer im stumpfroten Schimmer standen. Sie nickten jeweils mit dem Kopf und sagten Sheriff.
Wir hätten Würstchen mitbringen können, sagte sie.
Ja. Marshmallows.
Würd man nicht glauben, dass ein Auto so brennt.
Nein. Habt ihr irgendwas gesehen?
Nein, Sir. Bloß das Feuer.
Und es ist nichts und niemand vorbeigekommen?
Nein, Sir.
Sieht das für dich nach einem 77er Ford aus, Wendell?
Könnte sein.
Ich würde sagen, es ist einer.
War’s das, was der alte Junge gefahren hat?
Ja. Mit Nummernschildern von Dallas.
Es war nicht sein Tag, was, Sheriff?
Nein, ganz bestimmt nicht.
Was glauben Sie, warum haben die ihn angezündet?
Ich weiß nicht.
Wendell drehte sich weg und spuckte aus. War wohl nicht das, woran er gedacht hat, als er von Dallas weggefahren ist, oder?
Bell schüttelte den Kopf. Nein, sagte er. Ich würd sagen, nichts hat ihm ferner gelegen.
Als er am Morgen ins Büro kam, klingelte das Telefon. Torbert

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