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Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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seine kleine Tochter in Gefahr bringen könnte? Das wäre durchaus möglich.
    Nein, irgendetwas fehlte mir da.
    Ich wollte gerade nachhaken und versuchen, weitere Einzelheiten herauszubekommen, als mein Handy zirpte. Wahrscheinlich Squares. Ich warf einen Blick auf die angezeigte Nummer. Nein, nicht Squares. Aber ich erkannte die Nummer sofort. Katy Miller. Ich hob das Telefon ans Ohr.
    »Katy?«
    »Ooooh, nein, schade, das ist leider nicht richtig. Einen Versuch hast du noch.«
    Die Angst packte mich erneut. Großer Gott. Der Ghost. Ich schloss die Augen.
    »Wenn du ihr was antust, ich schwöre …«

    »Also bitte, Will«, unterbrach mich der Ghost. »Haltlose Drohungen sind doch unter deinem Niveau.«
    »Was willst du?«
    »Wir müssen uns mal unterhalten, alter Freund.«
    »Wo ist sie?«
    »Wer? Ach so, Katy? Die ist hier bei mir.«
    »Ich will sie sprechen.«
    »Du glaubst mir nicht, Will? Das verletzt mich.«
    »Ich will sie sprechen«, wiederholte ich.
    »Du willst einen Beweis, dass sie lebt?«
    »So was in der Art.«
    »Wie wär’s damit«, schlug der Ghost in seinem seidigsten Raunen vor. »Ich kann sie für dich schreien lassen. Wie wäre das?«
    Wieder schloss ich die Augen.
    »Ich kann dich nicht hören, Will.«
    »Nein.«
    »Bestimmt nicht? Das würde überhaupt keine Umstände machen. Ein schriller, nervenzerfetzender Schrei. Was meinst du?«
    »Tu ihr bitte nichts«, sagte ich. »Sie hat nichts damit zu tun.«
    »Wo bist du?«
    »An der Park Avenue South.«
    »Genauer, bitte.«
    Ich nannte ihm eine Adresse zwei Straßen weiter.
    »Ich schick dir einen Wagen, der ist in fünf Minuten da. Du steigst da ein. Verstanden?«
    »Ja.«
    »Und noch was, Will.«
    »Was?«
    »Ruf niemanden an. Sag keinem etwas davon. Katy Miller hat von einer früheren Begegnung her einen verletzten Hals. Ich kann dir gar nicht sagen, wie verlockend es wäre, damit
rumzuspielen.« Er hielt inne und flüsterte: »Kannst du mir noch folgen, Nachbar?«
    »Ja.«
    »Dann halt die Ohren steif. Bald ist alles vorbei.«

53
    Claudia Fisher platzte in Joseph Pistillos Büro.
    Pistillo hob den Kopf. »Was ist?«
    »Raymond Cromwell hat sich nicht zurückgemeldet.«
    Cromwell war der Undercover-Agent, den sie Ken Kleins Anwalt Joshua Ford zur Seite gestellt hatten. »Ich dachte, der ist verkabelt?«
    »Sie hatten einen Termin bei McGuane. Da konnte er keinen Sender tragen.«
    »Und seitdem hat ihn niemand mehr gesehen?«
    Fisher nickte. »Genauso wenig wie Ford. Beide sind verschwunden.«
    »Herrgott.«
    »Also, was wollen Sie unternehmen?«
    Pistillo war schon aufgesprungen. »Ich brauche alle verfügbaren Agenten. Wir durchsuchen McGuanes Büro, und zwar sofort.«

    Nora so allein zurückzulassen – ich hatte mich schon an den Namen gewöhnt – war mehr als herzzerreißend, doch was sollte ich tun? Die Vorstellung, dass Katy mit diesem sadistischen Psychopathen allein war, ging mir bis ins Mark. Ich erinnerte mich, wie es war, hilflos ans Bett gefesselt zu sein, während er über sie herfiel. Ich schloss die Augen und verdrängte das Bild.

    Nora versuchte, mich aufzuhalten, aber sie verstand mich. Ich konnte nicht anders. Unser Abschiedskuss war fast zu zärtlich. Ich riss mich los. Wieder standen ihr Tränen in den Augen.
    »Komm zu mir zurück«, sagte sie.
    Ich versprach es ihr und hastete nach draußen.
    Das Auto war ein schwarzer Ford Taurus mit getönten Scheiben. Nur der Fahrer saß darin. Ich erkannte ihn nicht. Er reichte mir eine Schlafbrille, wie sie in Flugzeugen ausgegeben werden, und wies mich an, sie aufzusetzen und mich auf den Rücksitz zu legen. Ich gehorchte. Er ließ den Wagen an und fuhr los. Ich nutzte die Zeit zum Nachdenken. Ich wusste jetzt eine ganze Menge. Nicht alles. Nicht genug. Aber doch einiges. Und ich war mir ziemlich sicher, dass der Ghost Recht hatte: Bald würde alles vorbei sein.
    Ich ließ mir das Ganze durch den Kopf gehen und reimte mir Folgendes zusammen: Ken war vor elf Jahren zusammen mit seinen alten Freunden McGuane und dem Ghost in illegale Aktivitäten verwickelt gewesen. Das ließ sich inzwischen nicht mehr leugnen. Ken war auf Abwege geraten. Für mich mochte er ein Held gewesen sein, aber meine Schwester Melissa hatte mir klar gemacht, dass Gewalt ihn schon immer angezogen hatte. Ich konnte das etwas harmloser ausdrücken und sagen, dass er sich nach Action sehnte, nach Nervenkitzel. Doch das war nur Wortklauberei.
    Und irgendwann war Ken erwischt worden und hatte eingewilligt,

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